Gazeta Wyborcza: Szumowski auf dem Prüfstand
Der Politiker der Bürgerkoalition Michał Szczerba, erinnert in ihrem heutigen Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza, habe während der Diskussion auf einen weiteren Aspekt des umstrittenen Einkaufs von Schutzvisieren durch das Gesundheitsressort vom ehemaligen Ski-Trainer der Familie des Gesundheitsministers (dem selben, der dem Ministerium nutzlose Schutzmasken für 5 Millionen Złoty verkauft habe) und von einer Firma, die auf den Verkauf von Oscypki-Käse spezialisiert sei. "Das Ski-Oscypki Konsortium", zitiert das Blatt Szczerba, "hat die Visiere für 130 Tausend Złoty erworben und für über 300 Tausend Złoty an das Ministerium weiterverkauft." Auf die Frage, wieso die Schutzausrüstung nicht direkt beim Produzenten eingekauft worden sei, habe Szczerba, wie Gazeta Wyborcza betont, keine Antwort erhalten.
Dafür hätten Premierminister Mateusz Morawiecki und Innenminister Mariusz Kamiński dem Gesundheitsminister, kurz vor der Abstimmung über den Misstrauensantrag mit einer Pressekonferenz Rückendeckung gegeben, bei der keine Fragen gestellt werden durften. Das Treffen habe dazu gedient, darüber zu informieren, dass "Polen die Pandemie besiegt" und dies eben Minister Szumowski zu verdanken habe. Der Regierungschef habe auch die Polen gelobt, aber nicht alle: "Es gab auch solche", zitiert das Blatt Morawiecki, "die nicht zusammenarbeiten wollten. Darunter ein Teil der prominenten Politiker der Opposition und die von ihnen eingespannten Medien". Morawiecki habe dazu aufgerufen, "diesen summenden Fliegen kein Gehör zu schenken", lesen wir in der Gazeta Wyborcza.
Gazeta Polska Codziennie: Minister Szumowski auf dem Fadenkreuz der Opposition
Auch die regierungsnahe Gazeta Polska Codziennie berichtet in ihrer heutigen Ausgabe über die Debatte zum Misstrauensvotum gegen Szumowski und die dazugehörige Pressekonferenz von Regierungschef Morawiecki. In einigen anderen Staaten Westeuropas, zitiert das Blatt in dem Artikel den Ministerpräsidenten, sei die Zahl der Todesopfer auf eine Million Einwohner sogar "15 Mal höher gewesen", als in Polen. Gehe es indes nach Gesundheitsminister Szumowski, habe Polen "eine der besten epidemiologischen Situationen weltweit. Trotzdem, lesen wir weiter, gefalle die Arbeit des Gesundheitsministers nicht allen. Bei der Debatte über den Misstrauensantrag (dessen Begründung in dem Artikel nicht thematisiert wird), habe Oppositionsvertreterin Barbara Nowacka Szumowski sogar "Zynismus" und "Skrupellosigkeit" vorgeworfen. Die Kommission hätten die überspitzten Thesen der Politiker der Bürgerkoalition nicht überzeugt und der Antrag sei folglich mit einem Verhältnis von 18 zu 17 Stimmen abgelehnt worden, so Gazeta Polska Codziennie.
Rzeczpospolita: Dehumanisierte Politik
Mit dem Vergleich der Opposition und der "von ihr eingespannten Medien" zu Fliegen, habe der Regierungschef - absichtlich oder nicht - das Verhältnis der Regierungspartei zu ihren politischen Gegnern treffend illustriert, schreibt in seinem Autorenkommentar zur Debatte um das Misstrauensvotum der Publizist der konservativen Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński. Die Vereinigte Rechte, so der Autor, sei der Meinung, dass sie alles am besten wisse, das Monopol auf Wahrheit für sich gepachtet habe und alleine hart für das Wohl der Heimat arbeite, während die Opposition und die von der Regierung unabhängigen Medien nur - wie es Morawiecki formuliert habe - "Sand ins Getriebe" streuen würden. Wie aufdringliche Fliegen.
Eine solche Dehumanisierung politischer Opponenten, egal ob sie von Seiten der Regierung oder der Opposition komme, müsse angeprangert werden, so Szułdrzyński. Denn es sei die Dehumanisierung von politischen Gegnern, die zur Totalisierung der Politik führe - die Opposition entwickle sich in Reaktion auf die Totalität der Macht zur einer totalen Opposition. Und umgekehrt.
Nicht weniger wichtig, so der Autor weiter, sei jedoch auch das politische Konzept, das hinter dieser These stehe, frei nach dem Motto: Die Opposition und die Medien sind nur dann gut, wenn sie bejahen, wenn sie jedoch anderer Meinung seien, kritisieren oder Fragen stellen, seien sie Unruhestifter, die zum Schaden des Staates und der Gesellschaft handeln, sicherlich aus unpatriotischen Beweggründen. Die Debatte im Parlament habe dieses Narrativ leider widergespiegelt und fast alle Korrekturvorschläge der Opposition seien abgelehnt worden. Gut, dass sich die wichtigsten politischen Kräfte wenigstens auf ein Datum geeinigt hätten. Interessant sei jetzt nur, wie sich die summenden Fliegen an den Wahlurnen werden verhalten, so Michał Szułdrzyński in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.
Autor: Adam de Nisau