Deutsche Redaktion

Polnisches Denkmal, deutsche Bedenken

12.06.2020 10:40
Kein Polendenkmal, sondern mehr ein zentraler Gedenkort für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs? Ein Kommentar. 
Presseblick
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In seinem Feuilleton bezieht sich der Publizist Jerzy Haszczyński (Zeitung Rzeczpospolita) auf einen Konsens über das Polendenkmal in Berlin. Haszczyński beruft sich auf einen Text, den die FAZ diese Woche veröffentlichte. Dort war zu lesen, dass man in Deutschland lange über das zukünftige Gedenken gestritten habe. Die einen wollten mit einem Polendenkmal an den Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands im September 1939 erinnern, die anderen in einem Begegnungszentrum gleich an alle Opfer des Vernichtungskrieges im Osten Europas.

Das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hätten sich diese Woche auf ein Konzept geeinigt, das beide Vorhaben vereinige. Demnach solle ein Gedenk-Ensemble an einem "Platz des 1. September 1939" an einem zentralen Ort in der Mitte Berlins geschaffen werden. Dort solle das Polen-Denkmal entstehen, das auch der zentrale Gedenkort für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sein soll. Daneben werde an dem Platz ein Dokumentationszentrum über die deutsche Besatzungsherrschaft in Europa von 1939 bis 1945 errichtet.

Als einen Durchbruch würde der Publizist die neusten Nachrichten nicht bezeichnen. Er hätte sich eigentlich ein anderes Denkmal in der deutschen Hauptstadt gewünscht. Mit Hoffnung habe er daher im vergangenen Jahr die Initiative einiger Bundestagsabgeordneter begrüßt, darunter Manuel Sarrazin von den Grünen und Paul Ziemiak von der CDU, die sich eindeutig für ein richtiges Polendenkmal eingesetzt haben. Den Bau eines solchen Monuments hatten sie mit dem nicht ausreichenden Bewusstsein der deutschen über den außerordentlich brutalen Charakter der deutschen Besatzung in Polen erklärt. Bislang sei es ihnen aber nicht gelungen, die Parlamentsmehrheit zu überzeugen.

Das mangelnde Bewusstsein, so Haszczyński weiter, sei ein Effekt der deutschen Geschichtspolitik in der es nie einen guten Moment für die Polen gegeben habe. Als sich Polen hinter dem Eisernen Vorhang befand, habe man die Polen im Westen nicht gehört. Nach der Wiedervereinigung wiederum hätten sich die deutschen weitgehend mit dem eigenen Leid beschäftigt, auf eine Art und Weise wie es Politiker wie Erika Steinbach haben wollte.

Es stelle sich nun die Frage, schreibt der Publizist abschließen, ob die Deutschen weiterhin auf ihrer Meinung bestehen werden, dass man keine Opfer hervorheben dürfe, oder würden die letzten Polen, die sich an die Grausamkeit des Krieges erinnern können, doch noch das Ende der langwierigen deutschen Diskussionen erleben können. Die Zeit renne davon. Bald werde es den 81. Jahrestag der Kriegsausbruchs geben. Schon vor einem Jahr habe man gedacht, dass in der deutschen Hauptstadt endlich das entstehen werde, was es dort schon lange geben sollte. Und zwar ein Denkmal, das an die Millionen von ermordeten Polen erinnert und sie würdigt. Im vergangenen Jahr sei es nicht gelungen. Wie werde es in diesem sein? - fragt Jerzy Kaszczyński.  

Jakub Kukla