Deutsche Redaktion

Krankenhäuser ohne Reserven

29.03.2021 11:17
Am Sonntagmorgen seien im zentralpolnischen Mazowsze nur noch zwei Beatmungsgeräte verfügbar gewesen, berichtet die konservativ-liberale Tageszeitung Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch um Pläne, Arbeitgeber in die Impfaktion mit einzubeziehen. Und um die Frage: Was bedeutet ein Wahlsieg der Grünen in Deutschland eigentlich für Europa?
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Zdjęcie ilustracyjnePAP/Tytus Żmijewski

Rzeczpospolita: Krankenhäuser ohne Reserven

Die epidemiologische Lage in Polen spitzt sich weiter zu, lesen wir in der heutigen Ausgabe der konservativ-liberalen Tageszeitung Rzeczpospolita. Am Sonntagmorgen, berichtet das Blatt, seien im zentralpolnischen Mazowsze nur noch zwei Beatmungsgeräte verfügbar gewesen, 494 von 496 seien belegt gewesen. Landesweit seien knapp 2,9 Tausend von 3,7 Tausend Geräten besetzt, Ärzte würden freie Plätze in den benachbarten Woiwodschaften suchen. “Wir sind jetzt schon im Vorraum der Hölle. Und das schlimmste steht uns noch bevor, da die am schwersten Kranken von den über 30 Tausend Fällen täglich innerhalb der kommenden zwei Wochen in die Krankenhäuser treffen werden”, sagt der Pulmonologe dr Marcin Pakulski aus Częstochowa, der während seines letzten Dienstes erfolglos ein Beatmungsgerät für einen seiner Patienten suchte. Der Patient, so Pakulski, habe letztendlich überlebt, da jemand anders gestorben sei und ein Platz auf der Intensivstation frei wurde. Er denke mit Sorge an seinen Dienst am Montag und an die Warteschlangen von Krankenwagen vor den Krankenhäusern, in denen es keine Plätze gebe. 

Wie aus Informationen der Rzeczpospolita hervorgehe, habe die Regierung in Bezug auf die Pandemie drei Prioritäten für die nächste Zukunft. Die erste sei die Ausweitung der Zahl der verfügbaren Betten in Krankenhäusern, darunter auch von denen mit Beatmungsgeräten. Es sei auch die Errichtung weiterer provisorischer Krankenhäuser geplant. Zweitens wolle die Regierung eine Luftbrücke nach Schlesien etablieren, über die Patienten via Militärtransport in weniger belegte Krankenhäuser gebracht werden können. Drittens stehe eine Bilanz des ersten Quartals und des Impfprogramms auf der Agenda. Bei Bedarf seien auch weitere Einschränkungen nicht ausgeschlossen, so Rzeczpospolita. 

 

Dziennik/Gazeta Prawna: Impfungen vom Arbeitgeber

Um die Impfaktion zu beschleunigen, könnten demnächst auch Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, ihre Angestellten zu immunisieren, berichtet auf ihrer Titelseite das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Zu einem vorher festgelegten Termin könnte der Impfstoff und die Richtlinien geliefert werden, die ganze Organisation würde dann der Arbeitgeber übernehmen. “Der Betrieb könnte melden, dass er z.B. 5000 Personen impfen will und wir würden ihm eine Liste von Institutionen geben, die zum Impfen berechtigt sind”, erklärt einer der Gesprächspartner des Blatts aus Regierungskreisen. 

Die Idee sei Teil einer breiteren Aktion, deren Ziel die Vergrößerung der Zahl von Orten sei, die Impfungen durchführen. So sollen Impfungen unter anderem auch in Apotheken ermöglicht werden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf könnte noch diese Woche ins Parlament treffen. Zudem seien auch Arbeiten daran im Gange, andere Berufe als Ärzte zum Impfen zuzulassen. 5,5 Tausend Apotheker hätten sich inzwischen für Impfkurse angemeldet, etwa 1.000 hätten solche Kurse schon absolviert, der Rest werde sie wahrscheinlich innerhalb von zwei Wochen beenden.  

Schließlich sollen auch Kommunen selbstständig große Impfzentren, etwa in Schulen etablieren können. Alles, um das Tempo der Impfaktion anzukurbeln. Denn heute gebe es etwa 6 Tausend Orte, an denen geimpft werde. Apotheken gebe es doppelt so viele. Und diese würden etwa 27 Tausend Pharmazeuten anstellen. Die größte Herausforderung werde wohl nicht die Lieferung der Impfstoffe darstellen, sondern die Integration der Punkte in das Reservierungssystem, so Dziennik/Gazeta Prawna. 


Rzeczpospolita: Grünes Deutschland, schwächeres Europa

Was bedeutet eine eventuelle Machtübernahme durch die Grünen in Deutschland für Europa? Dieser Frage geht in seiner Stellungnahme für die Rzeczpospolita der Politologe Marek Cichocki nach. Aufgrund ihres starken politischen Idealismus, etwa in Bezug auf Menschenrechte, seien die Grünen nie besonders nachsichtig gegenüber der Politik von Putin gewesen. Sie würden auch offen Kritik an dem Lieblingsprojekt von Angela Merkel, Nord Stream 2 üben. Die Ansichten auf die Sicherheitspolitik, die NATO und die transatlantische Gemeinschaft dagegen, können schon ein Grund zur Sorge sein - besonders für Polen und die baltischen Staaten. Der Grund sei der prinzipielle Widerwille der Grünen in Bezug auf die amerikanische Militärpräsenz in Europa. Auch die NATO würden sie als unnötige Belastung wahrnehmen und für ein nicht näher definiertes “weiches” europäisches Sicherheitssystem optieren. Für den von seiner Idee eines souveränen Europas getriebenen französischen Präsidenten Emmanuel Macron sei ein solcher Partner in Berlin eine gute Nachricht. Sie werde weitere Konzessionen in der Klimapolitik für die Unterstützung der weiteren Schwächung der sowieso schon geschwächten Strukturen des transatlantischen Bündnisses erleichtern. In diesem Fall könne also ein grünes Deutschland ein viel schwächeres Europa bedeuten, so Marek Cichocki in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 

Autor: Adam de Nisau