RZECZPOSPOLITA: Phobien und Ängste eines älteren Herren
Der Chef der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) reist durch das Land und hält mehrere Reden täglich, schreibt in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Michał Szułdrzyński. Vor der Wählerschaft male Parteichef Kaczyński das Bild einer dramatischen Schlacht, die das Land in den kommenden Monaten erwarte. Noch gäbe es in Polen keine vollständige Freiheit, noch gäbe es keine perfekte Demokratie – dieser Zustand werde erst dann erreicht, wenn seine Partei die Wahlen im nächsten Jahr gewinnen werde. Ein vollkommener Sieg werde erst dann möglich, wenn es der PiS gelingen werde, die Opposition zum dritten Mal in Folge zu besiegen. Denn die Opposition schade dem Land, sie vertrete deutsche Interessen und hasse die polnische Tradition und die polnische Kultur.
Man sehe oft, dass die Auftritte des Politikers inkohärent seien. Kaczyński stelle seine Pläne für die Zukunft so vor, als ob er vergessen hätte, dass seine Gruppierung bereits seit sieben Jahren an der Macht sei. Wenn in letzter Zeit in Polen irgendwas schiefgelaufen war, seien oppositionelle Gruppierungen daran schuld. Zudem unterstreiche der Politiker immer wieder, wie stark und einflussreich die polnische Opposition sei.
Sobald er aber über positive Entwicklungen spreche, falle im sofort ein, dass doch seine Partei mit ihren Koalitionspartnern die Macht in Polen seit über sieben Jahren ausübe. In solchen Momenten nenne er sehr gerne konkrete Zahlen: Kaczyński spreche mit großer Freude über die Milliarden im polnischen Haushalt, die seiner Partei zu verdanken seien oder von den vielen Arzneimitteln, die kostenlos an Senioren in Polen verteilt werden.
Er habe immer öfter das Gefühl, dass in Polen nicht die Partei Recht und Gerechtigkeit regiere, sondern die Fixierungen eines älteren Herren. Diesen Mann habe das Schicksal an die Spitze des Regierungslagers gestellt und nun könne er seine Phobien und Ängste ausleben. Nur dass sie zugleich die gesamte polnische Politik beeinflussen würden. Sowohl die Innen- als auch die Außenpolitik, die Beziehungen zwischen den Regierenden und der Opposition sowie die Kontakte der einzelnen Gruppierungen im Rahmen des Regierungslagers. Kein gutes Zeichen für die Zukunft, meint Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita.
SUPER EXPRESS: Polnische Kohle konkurrenzunfähig
Die Informationen der Redaktion hätten sich bestätigt, triumphiert die Tageszeitung Super Express. Auch wenn es eigentlich keinen Grund zu Freude gäbe, denn es handle sich um den bevorstehenden Kohlemangel. Schon Ende April alarmierte die Zeitung, dass das Verbot des Kohleimports aus Russland zu schwerwiegenden Folgen führen werde. Nun habe sich herausgestellt, dass die Regierung diesen Schritt nicht sehr gründlich analysiert habe, stellt das Blatt fest. Diese Meinung teilt Łukasz Horbacz, Vorsitzender der Kammer der Polnischen Kohlehändler. Im Gegenzug habe Russland den Kauf von Kohle aus Aserbaidschan blockiert. Somit sei der gesamte Import aus dem Osten für Polen nicht zugänglich. Ein Problem sei außerdem die Kapazität der polnischen Häfen. Sie sei zu klein, um entsprechend große Mengen auf dem Meeresweg zu holen, und sie dann mit den Güterzügen in alle Regionen des Landes zu transportieren.
Janusz Steinhoff, ehemaliger Wirtschaftsminister, fügt hinzu, dass die polnischen Gruben konkurrenzunfähig seien. Der Abbau von Kohle in Polen sei teurer als der Import. Zwar habe man derzeit mit einer anormalen Situation auf dem Markt zu tun, doch die sehr hohen Preise könnten wohl in 2 bis 3 Jahren wieder sinken. Anders als in Polen dominiere in vielen Länder der Tagebau von Steinkohle. Deshalb seien die Produktionskosten viel niedriger als in Polen, wo die Gruben sehr tief und teils auch gefährlich seien. Insgesamt müssten die Polen auf schwierige Zeiten gefasst sein, lesen wir in Super Express.
PLUS MINUS: Eine wirkliche Krise gab es 1989
Im Gespräch mit der Wochenzeitschrift Plus Minus nimmt Wirtschaftsexperte, Professor Hubert Orłowski Stellung zu der aktuellen ökonomischen Lage des Landes. Die Probleme, mit denen man momentan zu kämpfen habe, seien enorm. Doch in den vergangenen Jahren habe Polen schon größere Herausforderungen bewältigt. Die jetzige Situation könne man keineswegs mit der wirtschaftlichen Katastrophe der Wendejahre vergleichen. Damals habe es in Polen eine Hyperinflation gegeben und die Politik habe keine entsprechenden Instrumente in der Hand gehabt, um das Problem zu lösen. Das Land befand sich mitten in einer sterbenden kommunistischen Wirtschaft. Es habe keine für die Finanzpolitik verantwortlichen Institutionen und keinen normal funktionierenden Markt gegeben.
Also im Vergleich mit dem Desaster der frühen 90-er Jahre seien die aktuellen Probleme einfacher zu lösen und man könne es mit Hilfe der bereits funktionierenden Instrumente meistern.
Wenn er also heute von einem schwarzen Szenario spreche, dann meine er einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2 bis 3 Prozent und nicht um 14 Prozent wie vor 30 Jahren. Wenn er von einer hohen Inflation spreche, dann meine er 15 Prozent und nicht 1000 Prozent, wie man es in Polen im Jahr 1989 erlebt habe, sagt Professor Hubert Orłowski in der Wochenzeitschrift Plus Minus.
Jakub Kukla