Deutsche Redaktion

"Der Countdown läuft"

21.03.2023 11:38
Welche Strategien verfolgen die politischen Parteien in Polen sieben Monate vor den Parlamentswahlen? Wird Ex-Premierministerin Beata Szydło in die Regierung zurückkehren? Und: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann lobt Polens Engagement für die Ukraine. Die Einzelheiten in der Presseschau.
W ocenie Waldemara Budy, Zjednoczona Prawica stoi przed historycznąszansą na trzecie wygrane wybory parlamentarne z rzędu
W ocenie Waldemara Budy, Zjednoczona Prawica stoi przed historyczną szansą na trzecie wygrane wybory parlamentarne z rzęduDziurek/ Shutterstock

RZECZPOSPOLITA: Der Countdown läuft

Die Strategien der politischen Parteien, sieben Monate vor den Parlamentswahlen, beschreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita. Der Chef der regierenden Recht und Gerechtigkeit soll nach seiner Operation Anfang des Jahres seine Reise durch das Land wieder aufgenommen haben. Stattdessen bleibe Jarosław Kaczyński seit vielen Wochen unsichtbar, andere Politiker der Regierungslagers würden dafür die Initiative übernehmen. In den Medien tauche etwa immer wieder Sejm-Marschallin Elżbieta Witek auf, gefolgt von Vizepremier Jacek Sasin. Sehr aktiv sei auch die ehemalige Regierungschefin und aktuelle Europaabgeordnete Beata Szydło geworden. Übrigens würde ein großer Teil des Regierungslagers Szydło erneut an der Spitze der Regierung sehen. Der steife Morawiecki komme bei den Treffen mit den Wählern nicht sehr gut an. Er konzentriere sich hauptsächlich auf der Kritik der Vorgängerregierungen, stelle aber kaum eigene Ideen vor, stellt das Blatt fest.  Werde also Beata Szydło noch vor den Wahlen in die Regierung zurückkehren? Eine solchen Plan gebe es offiziell zwar nicht, aber einen populäreren Politiker habe die Partei Recht und Gerechtigkeit in ihren Reihen derzeit nicht. Es scheine, als ob die mediale Abwesenheit des Parteichefs der Gruppierung gar nicht schaden würde, stellt das Blatt fest.

Die Opposition überlege indes fieberhaft, ob es eine gemeinsame Liste von oppositionellen Gruppierungen geben, oder jede Partei allein zu den Wahlen gehen sollte. Für ein mentales Durcheinander unter den oppositionellen Politikern würden die letzten Meinungsumfragen sorgen, die eine wachsende Zustimmung für die Regierenden zeigen würden. Die Bürgerplattform forciere als größte oppositionelle Gruppierung eine gemeinsame Liste. Die kleineren Gruppierungen seien nicht überzeugt, weil sie Angst hätten, die PO würde sie früher oder später verschlingen. Was die Regierungsseite momentan von den Oppositionspolitikern in erster Linie unterscheide? - fragt das Blatt. Es sei die Tatsache, dass sich in der Regierungskoalition alle bereits an die Arbeit gemacht hätten und gemeinsam das gleiche Ziel anstreben würden. Die oppositionellen Parteien würden sich dagegen nur auf sich selbst und die eigenen Parteiziele konzentrieren. Es sei daher nicht auszuschließen, dass sie es auch in den kommenden vier Jahren weiterhin werden machen müssen. In den Oppositionsreihen, urteilt die Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

SUPER EXPRESS:  Fleiß, Demut, Maß

Die Aktivität der ehemaligen Premierministerin Beata Szydło bemerkt auch die Tageszeitung Super Express. Sie sei mit vollem Einsatz in die polnische Politik zurückgekehrt, stellt das Blatt fest. Szydło setze sich für harte Arbeit ein. Nur gemeinsam und schwer arbeitend könnten die Parteien des konservativen Flügels die Wahlen zum dritten Mal hintereinander gewinnen, meint sie. Dafür müssten aber alte, satte Katzen aufwachen. Und diejenigen, die inzwischen vergessen hätten, wozu sie eigentlich in der Politik seien, sollten sich möglichst schnell daran erinnern. Fleiß, Demut, Maß – laute das politische Motto der ehemaligen Regierungschefin vor den kommenden Wahlen.

Die Ex-Premierministerin gehe auch davon aus, dass der bevorstehende Wahlkampf sehr schmutzig sein werde. Die Verantwortung dafür trage nach Ansicht von Szydło die jetzige Opposition. Nach den verlorenen Wahlen im Jahr 2005 habe Donald Tusk, damals wie heute der Chef der Partei Bürgerplattform, die Chance auf einen weitgehenden Umbau der staatlichen Strukturen verhindert. Statt, wie geplant, eine Koalition mit der siegreichen PiS-Partei zu schließen, habe er sich für eine Annäherung an die Postkommunisten entschieden.

Nun habe das konservative Lager eine Chance auf einen weiteren Wahlsieg. Die Politiker müssten aber alles von sich geben und vor allem zusammenhalten. Nur vereint wäre die Regierungskoalition imstande, noch einmal zu siegen. Es gebe keine größere Gefahr als innere Spannungen und Machtkämpfe, urteilt die Politikerin in der Tageszeitung Super Express.  

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Polen setzt Maßstäbe

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe Polen für seinen Einsatz für die angegriffene Ukraine gedankt, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Kein Land habe so viele Flüchtlinge aufgenommen, sagte der Politiker in Heidelberg in einem Grußwort an den polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki, der danach zur Zukunft Europas sprach. Die Polen würden ihr Zuhause teilen, ihre Wohnungen zur Verfügung stellen, bei allem helfen, was die Not lindern könnte, sagte der Politiker der Grünen. Diese Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft würden ihn zutiefst beeindrucken.

Polen unterstütze die Ukraine uneingeschränkt finanziell, politisch, humanitär und militärisch - Polen setze hier Maßstäbe, sagte der Politiker weiter. Warschau habe mehr als acht Milliarden Euro für die Unterbringung der Flüchtlinge ausgegeben, mehr als jeder andere Staat. Wenn man nach den europäischen Werten angesichts des russischen Angriffskrieges frage, dann müsse die Antwort sein: unverbrüchliche Solidarität, zitiert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna den Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Winfried Kretschmann.

Autor: Jakub Kukla