Rzeczpospolita: Vielleicht war Olaf Scholz doch kein schlechter Kanzler?
Gestern hat Olaf Scholz zum letzten Mal als Bundeskanzler Warschau zu einem halboffiziellen Treffen mit Premierminister Donald Tusk besucht. Ohne Medienpräsenz. In der heutigen „Rzeczpospolita“ zieht Jerzy Haszczyński eine Bilanz seiner Kanzlerschaft.
Wie wir lesen, sei Scholz kein Medienstar gewesen. Er galt als spröde, steif und ohne Charisma. Innenpolitisch sei seine Ampel-Koalition vorzeitig an internen Konflikten gescheitert. Unter Scholz hat die SPD das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte erzielt. In seiner Außenpolitik war Scholz in der Ukraine-Hilfe sehr zögerlich gewesen, so der Autor. Bis zum Ende habe er zum Beispiel gezögert, Marschflugkörper vom Typ Taurus an die gegen die russische Invasion kämpfenden Ukrainer zu liefern.
Seine Vorgänger – Kohl, Schröder, Merkel, heißt es weiter, hätten zwar länger regiert und Geschichte geschrieben: Kohl als Kanzler der Einheit, Schröder als Sozialreformer, Merkel als Europas führende Politikerin. Doch alle drei habe der sogenannte Kanzlerfluch eingeholt: Kohl wurde zum Symbol eines Spendenskandals, Schröder arbeitet seit seines Amtsendes für Putins Gaskonzern, Merkel werde weiterhin für ihre Fehler in der Energie-, Sicherheits- und Migrationspolitik kritisiert.
Merkel sei zwar lange als eine Garantin für Stabilität gefeiert worden, doch heute frage selbst die britische Zeitung „The Economist“, wer das Chaos nach ihr beseitigen könne. Ihr Erbe werde zunehmend als Belastung empfunden – nach 16 Jahren ohne Reformen, die Deutschland und Europa nun teuer zu stehen kommen, heißt es im Blatt.
Scholz hingegen sei kaum gelobt worden – weder von den Medien noch von seinen Landsmännern. Was seine Beliebtheit angeht, sei er in Umfragen immer ganz hinten geblieben. Doch vielleicht bleibe ihm genau deshalb der Kanzlerfluch erspart, so Haszczyński abschließend. Mit Scholz habe es keinen Personenkult, keine überhöhten Erwartungen gegeben, und damit auch keine große Enttäuschung.
Vielleicht sei Scholz einfach mittelmäßig gewesen. Und genau dies sei, im Vergleich zu seinen Vorgängern, womöglich gar nicht so schlecht, lautet das Fazit in der Rzeczpospolita.
„Le Monde“: Das Gespenst von Nord Stream 2 kehrt zurück
Die französische Zeitung „Le Monde“ warnt vor einer möglichen Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland in Bezug auf die Gasleitung Nord Stream. Anlass seien informelle Gespräche zwischen Donald Trumps Gesandten Steve Witkoff mit dem Diktator Wladimir Putin. Demnach soll es Handelsangebote geben, die angeblich „Stabilität in der Region“ schaffen sollen, heißt es.
Besonders alarmierend sei nicht das offene Gerede über ukrainische Rohstoffe, sondern das Schweigen zum Thema Gas. Laut „Le Monde“ könnte russisches Gas der eigentliche Kern dieser Annäherung sein. Die Zeitung nennt es eine „alte Geschichte, die schlecht geendet hat“. Die Wiederbelebung dieses einst deutsch-russischen „verfluchten Symbols“ und „einer Lektion in europäischer Naivität“, wäre gefährlich für die europäische Einheit.
Witkoff aber habe im US-Sender Fox News von „überzeugenden Handelsmöglichkeiten“ mit Russland gesprochen. Der Tageszeitung nach seien dies Andeutungen auf eine Reaktivierung der Nord Stream, die in Europa immer Symbol politischer Abhängigkeit war. Der US-Unternehmer Stephen Lynch soll Anfang dieses Jahres als erstes Interesse an diesem Projekt gezeigt haben. Sollte die Pipeline in amerikanischen Besitz übergehen, urteilt die französische Zeitung, so würde die Schande von Gazprom mit der Zeit in Vergessenheit geraten. Das würde jedoch trotzdem nichts daran ändern, dass Gas ein politisches Druckmittel des Kremls bleiben würde, warnt das Blatt .
In Deutschland indes spalte die Diskussion um russisches Gas weiterhin die Politik, heißt es weiter. Zwar wären viele deutsche Politiker gegen eine Wiederaufnahme der Importe aus Russland, doch alte Sehnsüchte nach deutsch-russischer Partnerschaft würden weiter bestehen. „Die Sirenen der früheren Beziehungen klingen noch laut“, schreibt „Le Monde“.
Die Zeitung warnt am Schluss: Eine Wiederaufnahme des Nord-Stream-Projekts wäre eine Rückkehr zur „europäischen Naivität“, die Putins Energiepolitik einst ermöglicht hat. Die Folgen wären gravierend – besonders für Länder wie Polen, die Ukraine oder die baltischen Staaten. Sie würden dies als Verrat empfinden.
Wprost: Vom Gaskonzern zum Kühlschrank-König
Gazprom, einst das Flaggschiff der russischen Energiepolitik, suche nun sein Glück mit Haushaltsgeräten. Wie wir im Wochenblatt Wprost lesen, habe der Konzern die russische Niederlassung des in St. Petersburg Waschmaschinen und Kühlschränke herstellenden deutschen Unternehmens Bosch übernommen. Die neu gegründete Tochterfirma Gazprom Haushaltsgerätesysteme AG besitze seit kurzem 100 Prozent der Anteile im Rahmen einer temporären Verwaltung.
Die Übernahme basiere auf einem Dekret Putins, heißt es. Damit können russische Unternehmen Vermögen westlicher Firmen beschlagnahmen, wenn diese sich nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine aus Russland zurückgezogen oder ihre Aktivitäten stark eingeschränkt haben. Bosch sei eine der wenigen westlichen Firmen gewesen, die trotz der Invasion zumindest teilweise im Land geblieben sind.
Für Gazprom sei dies ein Rettungsversuch. Im letzten Jahr habe der Energieriese fast 13 Milliarden Dollar durch Sanktionen, Krieg und den Wegfall des europäischen Gasmarkts verloren. Einst war Gazprom eine geopolitische Waffe des Kremls. Doch auch alternative Absatzmärkte wie China würden heute die Verluste nicht auffangen können. Neue Infrastrukturprojekte würden nur schleppend vorangehen. Die Umstellung auf Waschmaschinen sei daher eine symbolische, aber auch verzweifelte Maßnahme zur Schadensbegrenzung, so das Wochenblatt.
„Lieber Waschmaschinen als Insolvenz“, scheine Moskau zu sagen. Auch die Nachfrage nach Haushaltsgeräten bleibe in Russland hoch, während der westliche Import stocke. Gazprom könnte diese Lücke füllen – und zugleich sein Image aufpolieren: vom Gas-Monopolisten zum „Kühlschrank-Hersteller“. Aus Kreml-Sicht sei dieser Schritt auch eine politische Botschaft, heißt es abschließend. Der Westen bestimme nicht länger die Spielregeln, Russland könne mit dem, was bleibt, noch etwas anfangen. Doch in Wirklichkeit sei das eine kurzfristige Notlösung. Sie könne nichts an den tiefgreifenden strukturellen Problemen von Gazprom oder der russischen Wirtschaft ändern, schreibt Wprost.
Autor: Piotr Siemiński