Rzeczpospolita: Trump hat einen Staatsstreich vorbereitet. Jetzt urteilt er über die polnische Demokratie
Donald Trump, der selbst eine gewaltsame Umsturzbewegung angeführt habe, stelle nun Polens Demokratie infrage, schreibt im Anschluss an den kritischen Brief des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des US-Kongresses über Polens Wahlkampagne Jędrzej Bielecki in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita.
Wie Bielecki erinnert, äußere der an Ursula von der Leyen addressierte und unter anderem vom Trump-Vertrauten und Ausschussvorsitzenden Brian Mast unterzeichnete Brief „Besorgnis über Entwicklungen in Polen, die die Integrität demokratischer Prozesse gefährden könnten“, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Stichwahl für das Präsidentenamt. Das Dokument erinnere an das biblische Gleichnis vom Splitter im Auge des Bruders und dem Balken im eigenen, so Bielecki.
In früheren Zeiten, fährt der Autor fort, hätte eine solche Intervention der USA möglicherweise wahlentscheidend sein können, heute jedoch werde sie kaum noch ernst genommen – ein Beleg für den Niedergang Amerikas als moralische Instanz in Sachen Demokratie. Besonders problematisch sei, dass das Schreiben mit dem Weißen Haus koordiniert sei: Präsident Trump habe die Republikanische Partei zu einem Werkzeug seiner Macht gemacht und damit jede Autorität verloren, andere Demokratien zu bewerten.
In dem Brief werde unter anderem behauptet, die Kampagne von Rafał Trzaskowski sei illegal aus dem Ausland – durch Barack Obama, George Soros und die „globale Linke“ – finanziert worden. Gleichzeitig werde kritisiert, dass die EU trotz nicht erfüllter Reformauflagen Gelder aus dem Wiederaufbaufonds (KPO) an Polen freigebe – ein vermeintlicher Beweis für Brüssels parteiische Unterstützung.
Trump sei aber auch als Verteidiger demokratischer Integrität wenig glaubwürdig. So habe er Karol Nawrocki, den Kandidaten der PiS, erst kürzlich in seinem Büro empfangen und ein gemeinsames Foto veröffentlicht – ein deutliches Zeichen seiner Wahlempfehlung. Beim CPAC-Treffen in Rzeszów habe zudem Kristi Noem, Ministerin für innere Sicherheit, gewarnt, Trzaskowski werde „mit Angst regieren“.
Bizarr sei zudem die Tatsache, dass der Brief an von der Leyen addressiert ist: Trump bekämpfe die EU seit Jahren als geopolitischen Rivalen und habe kein Interesse an ihrem Zusammenhalt. Die Entscheidung über die Freigabe der Mittel aus der Wiederaufbaufonds sei zudem noch mit der PiS-Regierung ausgehandelt worden, letztlich aber durch Präsident Duda selbst torpediert worden, als dieser entsprechende Gesetze an das blockierte Verfassungsgericht überwies.
Im Demokratie-Index des Economist werde Amerika mit 7,85 von 10 Punkten als „defekte Demokratie“ eingestuft – nur wenig besser als Polen mit 7,40 Punkten. Doch während Warschaus Wert steige, sinke der der USA. „Es ist nicht auszuschließen, dass bald Warschau glaubwürdiger über amerikanische Freiheit urteilen kann als Washington über die polnische“, so Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Meloni will im Dialog zwischen Washington und Brüssel vermitteln
Italien will zwischen Brüssel und Trump vermitteln: Giorgia Meloni schlägt transatlantischen EU-USA-Gipfel vor, berichtet das Wirtschaftsblatt Dziennik Gazeta Prawna.
Wie das Blatt berichtet, habe die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die als Bindeglied zwischen der EU und dem Weißen Haus agiere, vorgeschlagen, im kommenden Monat einen Gipfel mit führenden EU-Volkswirtschaften, Vertretern der EU-Kommission und US-Präsident Donald Trump zu organisieren. Ziel sei es, die zuletzt eskalierten Spannungen in den transatlantischen Beziehungen zu entschärfen.
Innerhalb der EU habe unterdessen eine Debatte über die Strategie gegenüber den Vereinigten Staaten begonnen. Bisher sei Brüssel mit einer eher bedächtigen und detaillierten Herangehensweise in die Gespräche gegangen. Doch die Entscheidung Trumps, die Zölle auf Importe aus Europa auf bis zu 50 Prozent anzuheben – auch wenn diese einige Tage später wieder zurückgenommen wurde –, habe bei mehreren Mitgliedstaaten ein Umdenken ausgelöst. Nun signalisiere ein Teil der EU-Länder, die Strategie ändern zu wollen, um möglichst rasch zu einem neuen Verhandlungsansatz und einem Abkommen mit Washington zu kommen, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Gazeta Wyborcza: Desinformation in der Wahkampagne - das schwierige Verhältnis mit den Plattformen
Radosław Nielek, Direktor des staatlichen Forschungsinstituts NASK, beklagt in einem Interview mit der Gazeta Wyborcza massive Kooperationsprobleme mit sozialen Plattformen wie Meta bei der Bekämpfung von Wahlmanipulation und Desinformation. Einige Hinweise auf gefährliche Inhalte, die bereits im Dezember 2024 gemeldet wurden, warteten bis heute auf eine Reaktion, so Nielek. „Im Grunde hat das Melden keinen Sinn mehr.“
Kurz vor der ersten Wahlrunde habe NASK eine mutmaßliche Beeinflussung der Präsidentschaftswahlen festgestellt. Laut Medienberichten sei es dabei um Unterstützung für Rafał Trzaskowski und negative Kampagnen gegen Karol Nawrocki und Sławomir Mentzen gegangen. Nielek weise jedoch Vorwürfe zurück, NASK habe politisch motiviert zu spät reagiert: Man habe unmittelbar nach Identifizierung der Bedrohung gehandelt und Informationen sowohl an das Digitalministerium als auch an den Inlandsgeheimdienst weitergegeben.
Seit Anfang Mai seien über 19.000 Hinweise an Plattformen wie Facebook übermittelt worden, viele davon jedoch ohne jede Folge. Das Problem sei nicht nur die schleppende Reaktion, sondern auch die Plattformlogik: Nielek kritisiert, dass Meta auf Hinweise zu Desinformation oder Verstößen gegen das Wahlrecht oft erst Tage später reagiere – eine Verzögerung, die im dynamischen Umfeld des Wahlkampfs wirkungslos sei. Im Gegensatz dazu würden Urheberrechtsverletzungen deutlich schneller entfernt, was aus seiner Sicht eine klare Priorisierung wirtschaftlicher Interessen offenbare.
Besonders kritisch äußert sich Nielek über Deepfakes: manipulierte Inhalte, etwa mit den Stimmen oder Bildern von Andrzej Duda, Sławomir Mentzen oder Rafał Trzaskowski, seien während der Kampagne vielfach aufgetaucht – teils so gut gemacht, dass sie schwer zu entlarven waren. Obwohl Meta über technische Möglichkeiten verfüge, um prominente Personen vor Deepfakes zu schützen, müssten sich diese selbst aktiv registrieren – ein automatischer oder umfassender Schutz werde nicht angeboten.
Ein zentrales Problem sieht Nielek in der Weigerung von Meta, Warnlisten wie die des polnischen CERT in ihr Werbesystem zu integrieren, obwohl diese Listen gezielt vor betrügerischen Inhalten warnen. Ebenso habe Meta Verbesserungsvorschläge zur Transparenz von Werbeanzeigen – etwa die Optimierung der Anzeigenbibliothek oder Mechanismen zur Identifizierung und Sperrung von Wiederholungstätern – ignoriert. Der Konzern rechtfertige dies laut Nielek mit dem Verweis auf einheitliche globale Standards sowie die Sorge vor potenziell politisch motivierten Eingriffen in anderen Ländern.
„Der fehlende Wille großer Plattformen, irreführende und illegale Inhalte schnell zu entfernen, stört den Wahlprozess in Polen“, warnt Nielek zum Abschluss. „Ohne ernsthafte Zusammenarbeit gleicht das einem Kampf gegen Windmühlen.“
Autor: Adam de Nisau