Deutsche Redaktion

Vor Alaska-Gipfel: "Europa muss Stärke zeigen"

13.08.2025 11:51
Die politischen Signale aus den USA vor der bevorstehenden Begegnung zwischen Donald Trump und Wladimir Putin auf Alaska sind besorgniserregend, schreibt Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza. Und auch von der Front kommen diese Woche beunruhigende Signale. Außerdem: Wirtschaftsjournalist Adam Kowalczyk wirft dem nationalkonservativen Lager in der KPO-Debatte Scheinheiligkeit vor und befürchtet negative Konsequenzen für künftige Förderprogramme. Mehr dazu in der Presseschau.
Traditionelle russische Matrjoschka-Puppen aus Holz, die den russischen Prsidenten Wladimir Putin (L) und den US-Prsidenten Donald Trump (R) darstellen, werden auf einem Souvenirmarkt in Moskau, Russland, zum Verkauf angeboten, 11. August 2025. EPAMAXIM SHIPENKOV Dostawca: PAPEPA.
Traditionelle russische Matrjoschka-Puppen aus Holz, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin (L) und den US-Präsidenten Donald Trump (R) darstellen, werden auf einem Souvenirmarkt in Moskau, Russland, zum Verkauf angeboten, 11. August 2025. EPA/MAXIM SHIPENKOV Dostawca: PAP/EPA.Foto: EPA/MAXIM SHIPENKOV

GAZETA WYBORCZA: "Europa muss Stärke zeigen"

Vor dem Alaska-Gipfel zur Ukraine ist es wahrlich schwer, ein Optimist zu sein, schreibt in seinem Leitkommentar für die linksliberale Gazeta Wyborcza der Publizist Bartosz T. Wieliński. Und zwar nicht nur und nicht vor allem, da der US-Präsident zuletzt in Bezug auf die Reise nach Alaska irrtümlich von einer „Fahrt nach Russland" gesprochen habe. Wie der Autor betont, würde nur eine Handvoll Menschen in Washington wissen, was der amerikanische Präsident plane, der sich erfolgreich von den Ratschlägen der Diplomaten, Militärs und Geheimdienstanalysten abgeschottet habe. Sein Russland-Gesandter Steve Witkoff reise sogar ohne Dolmetscher zu Gesprächen in den Kreml. Werde es Putin gelingen, Trump um den kleinen Finger zu wickeln? 

Allein die Tatsache, dass das Format des Gipfels an die Konferenz von Jalta erinnere, so der Autor, sei ein taktischer Erfolg Putins. Seit über einem Jahrzehnt habe dieser darauf gedrängt, die Welt wie im Februar 1945 in Einflusssphären aufzuteilen. Putin werde Trump dazu drängen, die Ukraine zu teilen und Saporischschja, das Gebiet Cherson sowie den gesamten Donbass Russland zuzusprechen. Sollte Trump darauf eingehen, wäre dies kein zweites Jalta, sondern eine Wiederholung der Münchner Konferenz, auf der die Tschechoslowakei zerstückelt worden sei. Und da Trump von einem Gebietsaustausch spreche, könne man ein solches Szenario nicht ausschließen. Zudem würden in Alaska weder Ukraines Präsident Selenskyj noch Vertreter der EU am Verhandlungstisch anwesend sein. Und Trump habe in letzter Sekunde die Mission seines Ukraine-Gesandten General Keith Kellogg, der Kiew und Warschau besuchen sollte, abgeblasen. Man könne diese Signale schwerlich anders lesen, als einen Versuch, den Europäern zu zeigen, wo unser Platz ist.

Das, so Wieliński, könne man so nicht hinnehmen. Sollte aus den Gesprächen zwischen Trump und Putin eine für die Ukraine inakzeptable Vereinbarung hervorgehen, dürfe Europa diese nicht anerkennen. “Wir haben Geld zur Unterstützung der Ukraine, auf den Konten liegen schließlich 200 Milliarden Dollar eingefrorener russischer Vermögenswerte”. Zudem verfügten zwei europäische Atommächte über genügend Sprengköpfe, um Russland zu zerstören. "Trump und Putin soll die Tatsache verbinden, dass sie nur die Starken respektieren. In Europa haben wir uns seit Jahren einreden lassen, dass wir schwach und gespalten sind. Vielleicht ist es an der Zeit, dieser Sichtweise ein Ende zu setzen", so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Durchbruch im Donbass verschlechtert Kiews Position

Das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna berichtet indes in der aktuellen Ausgabe über eine Verschlechterung der militärischen Lage im Donbass, die Russlands Verhandlungsposition unmittelbar vor dem Alaska-Gipfel stärke. Wie Michał Potocki schreibt, hätten russische Truppen die ukrainische Frontlinie im Gebiet Donezk bei Dobropil durchbrochen und seien mehrere Kilometer tief in ukrainisch kontrolliertes Gebiet vorgedrungen.

Zwar, so der Autor, versichere Kiew, dass man noch nicht von einem Gebietsverlust sprechen könne und nur Aufklärungsgruppen die Kontaktlinie überschritten hätten. Gleichzeitig räumten die Behörden ein, dass die Lage bei Dobropil schwierig ist. Aus den vom Deep State Map-Team veröffentlichten Karten, die auf der Analyse offener Quellen basierten, gehe hervor, dass die Aggressortruppen die Befestigungen nordöstlich von Pokrowsk durchbrochen hätten und in die Dörfer Kutschieriw Jar und Solotyj Kolodjaz eingedrungen seien.

Die Einnahme des Donbass, erinnert der Autor, werde von Moskau als wichtigstes kurzfristiges Ziel der Aggression gegen die Ukraine genannt. Und laut Bloomberg habe Putin vor dem Besuch bei Trump auf Alaska als Bedingung für einen Waffenstillstand eben die Aufgabe des Gebiets Donezk gefordert. Russland würde damit sein Minimalziel erreichen. Die Ukraine hingegen würde die wichtigste „Festungskette" verlieren, die seit Beginn der russischen Aggression 2014 zwischen Slowjansk und Konstantyniwka errichtet worden sei.

Die ukrainischen Streitkräfte würden offiziell betonen, es sei zu früh, von einem Frontdurchbruch und Gebietsverlust zu sprechen. Der Pressesprecher der Gruppierung „Dnipro", Oberstleutnant Wiktor Trehubov, habe sogar hinzugefügt, es handle sich um etwa zehn Personen, die sich in einem der Keller versteckt hätten und von dort gerade vertrieben würden. Die Fehlinterpretation solcher Vorstöße als einer Gebietseinnahme habe, wie das Pressebüro der Gruppierung betont, schon zuvor wiederholt zu Missverständnissen in der Debatte geführt. Zur Verteidigung dieser Gebiete sei eine zusätzliche Brigade der Nationalgarde entsandt worden. Das russische Verteidigungsressort spreche in seiner Stellungnahme nur davon, dass die Einheiten in der Region ihre Position verbessert haben, so Michał Potocki in Dziennik Gazeta Prawna. 

RZECZPOSPOLITA: KPO-Debatte gefährdet künftige EU-Förderungen

Die mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von EU-Mitteln aus dem Nationalen Wiederaufbauprogramm (KPO) bleiben vor allem in der nationalkonservativen Presse ein wichtiges Thema, die täglich von neuen "schockierenden Entdeckungen" berichtet. Doch die Aufregung um einige wenige kritisierte Förderfälle im HoReCa-Bereich – Hotels und Gastronomie – drohe das gesamte Programm zu diskreditieren und künftige Fördermöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen zu erschweren, warnt in seinem Kommentar der Wirtschaftsjournalist der Rzeczpospolita Krzysztof Adam Kowalczyk. 

Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken im eigenen Auge bemerkst du nicht? – diese Worte aus dem Matthäusevangelium, so Kowalczyk, würden perfekt zum Sturm passen, der um das Förderprogramm für die HoReCa-Branche aus dem KPO entbrannt sei.

Am lautesten, beobachtet der Autor, schreie jenes politische Lager, das sich bis heute nicht für eigene Missbräuche wie „Villa plus" oder die Affäre um den Justizfonds verantworten musste. Eben dieses Lager habe durch seinen Streit mit der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit dazu geführt, dass die KPO-Gelder zwei lange Jahre blockiert gewesen seien. Als Brüssel im Februar 2024 endlich grünes Licht gegeben habe, sei im kollektiven Gedächtnis bereits verblasst, dass Hotels und Restaurants jene Branche gewesen sei, die am stärksten unter der Pandemie und den Lockdowns gelitten habe – und genau deshalb sollte die Finanzspritze aus dem KPO ihr helfen, sich gegen künftige Schocks zu wappnen.

“Es ist heute leicht, geförderte Ausgaben zu kritisieren, wenn man weder die Situation der einzelnen Firmen noch die Ziele ihrer Investitionen kennt”, so Kowalczyk. Das Ablesen einer einzelnen Zeile aus einer Excel-Tabelle berechtige nicht zu solchen Urteilen. Den Anklägern gehe es dabei nicht um Wahrheitsfindung, sondern darum, den Eindruck zu erwecken, die gesamte KPO-Umsetzung sei eine einzige große Affäre. Dabei verschwiegen sie geflissentlich, dass sie selbst die Ziele und Kriterien dieses Programms festgelegt hätten.

Allen, fährt Kowalczyk fort, entgingen dabei die Proportionen: Die kritisierten Ausgaben seien nur ein winziger Teil der 1,2 Milliarden Złoty umfassenden Tranche für HoReCa, und diese Tranche mache lediglich 0,5 Prozent des gesamten KPO aus. Er, so der Autor, behaupte nicht, dass man bei der Gestaltung staatlicher Hilfen nicht auf angemessene Kriterien achten müsse. Auch sei er der Meinung, dass bei Verstößen gegen die Bedingungen die Rückforderung der Förderung verlangt werden müsse.

Er befürchte jedoch, die Folge des Sturms um das KPO werde künftig übertriebene Vorsicht der Entscheidungsträger sein. Die Kriterien für jegliche Unterstützung könnten so verschärft werden, dass besonders für kleine Unternehmen der Aufwand für Anträge zu arbeitsintensiv werde. Echte Firmen, die sich auf ihr eigenes Geschäft konzentrierten, hätten dafür keine Zeit – im Gegensatz zu Schlitzohren, die hauptsächlich auf Gelegenheitsjagd aus seien.

Abschließend warnt Kowalczyk vor einer weiteren schädlichen Konsequenz: Politiker und Beamte könnten aus dem KPO-Sturm den Schluss ziehen, dass sich Transparenz nicht auszahle. Die kritisierten Charteryachten oder Kaffeemaschinen hätten die Kritiker auf den Begünstigtenlisten gefunden, die auf der offiziellen Internetseite veröffentlicht worden seien. Die Vorgängerregierung habe solche „Fehler" nicht begangen und in der Regel nicht einmal auf Presseanfragen zur Veröffentlichung öffentlicher Informationen reagiert. “Denn in völliger Dunkelheit sieht man den Balken im Auge nicht”, schließt Krzysztof Adam Kowalczyk seinen Kommentar für die Rzeczpospolita.

Autor: Adam de Nisau


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