Deutsche Redaktion

Streit um die Vision der Entwicklung Polens

04.06.2020 12:23
Der oppositionelle Kandidat Rafał Trzaskowski (KO) sei erst vor zwei Wochen in das Rennen um die Präsidentschaft eingetreten und schon sei er der Hauptkonkurrent des derzeitigen Präsidenten Andrzej Duda. Wie die Tageszeitung Rzeczpospolita bemerkt, bedeute dies nicht nur ein Zusammenprall zweier Persönlichkeiten, sondern auch einen Streit um den Entwicklungsweg, dem Polen folgen sollte.
Presseschau
PresseschauShutterstock.com

Rzeczpospolita: Streit um die Vision der Entwicklung Polens 

Die politischen Rollen in Polen haben sich geändert, schreibt die Rzeczpospolita in ihrer Donnerstagsausgabe. Es sei die Regierungspartei PiS, die sich heute auf große öffentliche Investitionen konzentriere. Die oppositionelle Bürgerplattform (PO) indes, rufe heute zu einer sozialen Rebellion gegen Spaltungen, Propaganda und Arroganz der Behörden auf. Vor fünf Jahren, so das Blatt, sah die Sache ganz anders aus.

Der oppositionelle Kandidat Rafał Trzaskowski sei erst vor zwei Wochen in das Rennen um die Präsidentschaft eingetreten und schon sei er der Hauptkonkurrent des derzeitigen Präsidenten Andrzej Duda. Wie die Tageszeitung bemerkt, bedeute dies nicht nur ein Zusammenprall zweier Persönlichkeiten, sondern auch einen Streit um den Entwicklungsweg, dem Polen folgen sollte.

Der derzeitige Stadtpräsident von Warschau, Trzaskowski, schlage die Vision einer "neuen Solidarität" vor. Trzaskowski konzentriere sich auf die soziale Rebellion gegen Spaltungen, Propaganda, Arroganz der Macht usw. Das Paradoxe dabei sei, dass die Partei hinter Trzaskowski noch vor fünf Jahren als Symbol eines genau solchen Macht-Establishments galt.

Dieser Rollentausch sei jedoch auf die heutige Position der PiS zurückzuführen. Diese Partei, die 2015 die öffentliche Rebellion und Ungeduld wegen dem achtjährigen Bau von Autobahnen und Flughäfen durch die damals regierende PO kanalisiert habe, versprach großzügige soziale Projekte. Heute sei sie selbst zum Establishment geworden. Sie könne nicht länger zur Rebellion aufrufen, überzeugt die Zeitung. Und dies werde die Wahl sein, vor der die Polen in dreieinhalb Wochen stehen werden. Die Wahl zwischen Investitionen in bessere Infrastrukturprojekte und dem Aufbau einer weniger gespaltenen Gesellschaft.

Forsal: Repolonisierung der Banken hat Wirksamkeit der Krisenbekämpfung erhöht 

Ohne eine frühere Repolonisierung einiger Banken in Polen wäre der Kampf gegen die Wirtschaftskrise wegen der Corona-Pandemie nicht so effektiv, schreibt indes das Online-Wirtschaftsblatt Forsal. Wie Prof. Mariusz Andrzejewski von der Wirtschaftsuniversität in Krakau erkläre, sei dies durch die Akzeptanz der Entscheidung der polnischen Nationalbank über weitere Zinssenkungen durch die größten Banken in Polen erreicht worden. Und das obwohl sie Verluste in Milliardenhöhe für den Bankensektor bedeuten. Die Banken sollen in diesem Fall nicht nur ihre eigenen Finanzergebnisse berücksichtigt haben, was typisch für die sogenannte "alte Wirtschaft" gewesen sei. Stattdessen sollen sie die Auswirkungen der Zinssenkungen auf die gesamte Wirtschaft berücksichtigt haben. Der Experte füge hinzu, dass Banken somit die Grundsätze der sozialen Verantwortung von Unternehmen eingehalten haben.

Der Professor betone, dass die rasche Einführung von Lösungen zur Unterstützung von Unternehmern und Mitarbeitern zugleich "revolutionär und bahnbrechend" sei. Er füge hinzu, dass es in klassischen Wirtschafts- oder Finanztheorien keine derartigen Mechanismen gäbe. Seiner Meinung nach sei der Schlüssel zu diesem Erfolg somit, dass die staatlichen Beihilfen nicht nur in den Bankensektor gepumpt worden seien, sondern auch an gewöhnliche Bürger überwiesen wurden.    


Piotr Siemiński