Deutsche Redaktion

Genf ohne Polen

26.11.2025 12:30
Die Abwesenheit Polens am Verhandlungstisch in Genf, wo über die Zukunft der Ukraine beraten wurde, sorgt in Polen für Irritationen. Hauptsächlich außerhalb Regierungskreisen. Experten und Diplomaten sehen dies als eine Niederlage der Regierung an. Polen, trotz intensiver Unterstützung Kiews seit Beginn des Krieges, sei in diesem Gesprächsformat übergangen worden. Mehr dazu in der Presseschau.
Delegationen der USA und der Ukraine zu Beginn ihrer Gesprche in der US-Mission in Genf, Schweiz, am 23. November 2025. Vertreter beider Lnder sollen dort am 23. November zusammentreffen, um ber den Friedensplan des US-Prsidenten zur Beendigung des Krieges mit Russland zu beraten.
Delegationen der USA und der Ukraine zu Beginn ihrer Gespräche in der US-Mission in Genf, Schweiz, am 23. November 2025. Vertreter beider Länder sollen dort am 23. November zusammentreffen, um über den Friedensplan des US-Präsidenten zur Beendigung des Krieges mit Russland zu beraten.Foto: EPA/MARTIAL TREZZINI

Onet: Polen bei entscheidendem Gipfel ausgeschlossen
Die Verhandlungen über den 28-Punkte-Friedensplan der Amerikaner für die Ukraine fanden in den vergangenen Tagen in Genf statt und haben die wichtigsten Vertreter der USA, der Ukraine sowie europäischer Staaten versammelt. Polen, trotz intensiver Unterstützung Kiews seit Beginn des Krieges, wurde in diesem Gesprächsformat übergangen, berichtet das Online-Portal Onet. Viele Anzeichen würden darauf hindeuten, dass Washington Polens Teilnahme nicht vorgesehen habe, lesen wir.

Die Opposition kritisiere die Regierung für die Abwesenheit in Genf. Donald Tusk zufolge würden diese Angriffe die Arbeit seiner Regierung verderben. Die Erklärungen der EU-Kommissionspräsidentin, Kanzler Merz und Premier Meloni über die Notwendigkeit der Teilnahme Polens an den Gesprächen würden seinen Erwartungen entsprechen. Es sei jedoch unklar, ob die genannten Erklärungen des Regierungschefs das Ergebnis direkter polnischer Bemühungen um die Aufnahme in das Genfer Format seien. Tusks Umfeld, so Onet, sei überzeugt, die europäischen Spitzenpolitiker hätten selbst erkannt, dass die Anwesenheit Polens in diesen Verhandlungen notwendig sei.

Onet-Quellen aus diplomatischen Kreisen nach, sei trotz Korrekturen des US-Plans der Druck auf eine schnelle Einigung enorm. Ein optimistisches Szenario gehe davon aus, dass Genf nur eine technische Etappe darstelle. Dort solle der US-Plan und ein europäischer Gegenvorschlag nur präzisiert werden. Die wirkliche Friedenskonferenz würde dann mit mehreren Ländern, darunter Polen, stattfinden.
Einem realistischen und weniger vorteilhaften Verlauf soll das Genfer Format zum Modell für die Zukunft werden. Bei weiteren Gesprächen über Sicherheitsgarantien oder die Verteidigungsarchitektur Europas würde Polen dann nur noch als konsultierter Verbündeter eingebunden sein, lesen wir.

Laut Onet könnte Washington gegen die Teilnahme Polens an den Genfer Gesprächen gewesen sein, lesen wir am Schluss. Ein weiteres Problem sei die Diskrepanz zwischen der Regierung und dem Präsidenten Polens in der Ukraine-Politik. Signale aus Warschau könnten für Kiew verwirrend gewesen sein, was zum Fehlen eines polnischen Vertreters in Genf beigetragen habe.

Fakt: Abwesenheit in Genf Niederlage der Regierung
Die Abwesenheit Polens am Verhandlungstisch in Genf, wo über die Zukunft der Ukraine beraten wurde, sorgt in Polen für Irritationen. Hauptsächlich außerhalb Regierungskreisen. Der frühere polnische Botschafter in der Ukraine, Jan Piekło, übt scharfe Kritik an der Regierung. Im Gespräch mit dem Boulevardblatt „Fakt“ bezeichnet er dies als deutliche Niederlage der polnischen Außenpolitik.

„Zweifellos ist dies eine persönliche Niederlage für Ministerpräsident Donald Tusk. Für Präsident Nawrocki weniger, denn der Regierungschef und sein Lager betonen bei jeder Gelegenheit, dass sie für das Regieren zuständig sind. Daher ist die Frage berechtigt, wo sie in diesem Fall waren und warum wir sie nicht in Genf gesehen haben. Unser Auftritt wirkt blass. Selbst wenn es interne Absprachen gegeben haben sollte, haben wir keinerlei Erklärung für unsere Abwesenheit erhalten“, sagte der ehemalige Botschafter.

Wie der ehemalige Botschafter erinnert, hätten Ministerpräsident Donald Tusk und Vizepremier und Außenminister Radosław Sikorski in der Vergangenheit öffentlich angedeutet, Donald Trump habe Verbindungen zum russischen Geheimdienst. „Das führt dazu, dass die Lage für die Amerikaner ebenso wie für die europäischen Partner – Deutschland, Frankreich und Brüssel – äußerst unangenehm ist“, so Piekło. Ihm zufolge würde damit Tusks und Sikorskis Präsenz kaum zur Lösung des Konflikts in der Ukraine beitragen.

Piekło weist zudem auf den breiteren außenpolitischen Kontext im Umfeld Tusks hin. Es gebe viele Fragen, warum Polen nicht dabei war. Vielleicht verfüge Ministerpräsident Tusk doch nicht über so gute Kontakte zu Deutschland oder Frankreich. Der Diplomat erinnert an eine Zugfahrt nach Kiew, als die europäischen Spitzenpolitiker in einem Waggon saßen und Tusk in einem anderen. Trotz der Erklärungen über Sicherheitsgründe, habe dies das einen gewissen Schatten auf das Bild des Regierungschefs geworfen, lesen wir.

Nach Ansicht des Diplomaten sollte Warschau den Kommunikationskanal nutzen, über den der polnische Präsident verfüge. „Die Regierung greift den Präsidenten an und drängt ihn in die Rolle eines Ausführenden ihrer Beschlüsse. Das ist derzeit ein großes Problem für unsere internationale Position und auch für uns Bürger in diesem Land“, erklärt Botschafter Piekło.

Seiner Einschätzung nach beruhe das fehlende Einladungsschreiben nicht nur auf einer Entscheidung Washingtons, sondern ebenso Berlins, Paris’ und Londons. Die europäischen Partner würden sehen, dass eine Beteiligung Warschaus eher kontraproduktiv wäre. „Unsere Abwesenheit ist Tatsache. Für die polnische Außenpolitik, für Ministerpräsident Donald Tusk und für Außenminister Radosław Sikorski ist dies ohne Zweifel eine Niederlage“, fasst Jan Piekło im Gespräch mit Fakt zusammen.

Wirtualna Polska: Tusk in Afrika statt in Genf
Gnadenlos und sinnlos – so bezeichnet der Publizist Radosław Pyffel, China-Experte und Gründer der Denkfabrik Zentrum für Polen-Asien-Studien, die mögliche Entscheidung der westlichen Anführer, Donald Tusk und die polnische Regierung von den Gesprächen in Genf über Trumps Friedensplan für die Ukraine auszuschließen. Im Gespräch mit WP betont Pyffel, dass eine solche Situation die Position von Ministerpräsident Tusk auch im Inland schwäche.

„Die Abwesenheit von Regierungsvertretern schwächt seine Position in Polen deutlich, wo in der Gesellschaft zuletzt zunehmend ukrainkritische Stimmungen sowie prorussische Deutungen und Narrative an Einfluss gewinnen. Diese behaupten, das Engagement Polens sei sinnlos gewesen und auf allgemeine Undankbarkeit gestoßen – sowohl seitens der Ukraine als auch seitens Europas, das Polen, wenn es darauf ankommt, von wichtigen Entscheidungen fernhält“, sagt Pyffel. Und das obwohl der in den Medien kursierende 28-Punkte-Friedensplan der Amerikaner im neunten Punkt eine Stationierung europäischer Kampfjets in Polen vorsehe, lesen wir.

Nach Einschätzung Pyffels erhöhe diese Situation das Risiko, dass in Polen der Ukraine und der EU ablehnend gegenüberstehende Kräfte an Bedeutung gewinnen. „Einem wichtigen Land an der Ostflanke, das den Kriegsaufwand der Ukrainer mitträgt“, heißt es.

Der Experte fragt anschließend, warum die Europäer Ministerpräsident Tusk zusammen mit allen anderen nach Afrika schicken – zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Angolas und zum Gipfel der Europäischen und Afrikanischen Union - statt die polnische Delegation in die Gespräche in Genf einzubinden? Den Regierungschef des größten Staates an der Ostflanke, der bei seinem Amtsantritt für die zweite Amtszeit als Präsident des Europäischen Rates erklärt hatte, er habe „sein Leben dem vereinten Europa gewidmet“, lautet Radosław Pyffels Fazit im Gespräch mit dem Portal.

Autor: Piotr Siemiński

Nawrocki mit Rekordwert an der Spitze der Vertrauensumfrage

25.11.2025 12:18
Karol Nawrocki führt die November-Vertrauensumfrage des Instituts IBRiS für das Portal Onet mit einem Rekordwert an. Der Staatspräsident erreicht 51,8 Prozent Zustimmung – 4,9 Punkte mehr als im Vormonat. Damit nähert er sich dem historischen Höchstwert von 54,4 Prozent, den der frühere Sejmmarschall Szymon Hołownia Anfang 2024 erzielt hatte.

Abgeordnete zu Friedensgesprächen: „Polen sollte in Genf sein“

25.11.2025 16:50
„Ich bin weit davon entfernt, heute politisch zu beschuldigen oder bei unseren Verbündeten nach Gegnern zu suchen. Polen ist für die Sicherheit der Ukraine von zentraler Bedeutung. Wir hätten in Genf vertreten sein sollen, doch dazu ist es nicht gekommen“, sagte die PSL-Abgeordnete Urszula Pasławska. Ihr zufolge würden die Abgeordneten in der nächsten Parlamentssitzung Informationen der Regierung zu diesem Thema erwarten.

Trump meldet „enorme Fortschritte“ bei Friedensplan

26.11.2025 06:15
US-Präsident Donald Trump sieht nach eigenen Angaben deutliche Fortschritte bei den Gesprächen zur Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Sein Team habe in der vergangenen Woche „enorme Fortschritte“ erzielt, erklärte Trump auf der Plattform Truth Social. Grundlage sei ein überarbeiteter 28-Punkte-Plan, an dem Vertreter beider Seiten mitgewirkt hätten. Nun sollen US-Delegationen nach Moskau und Kiew reisen.

Trumps Sondergesandter gab Kreml-Berater Hinweise für Ukraine-Deal

26.11.2025 10:51
Der US-Sondergesandte Steve Witkoff soll einem außenpolitischen Kreml-Berater konkrete Hinweise gegeben haben, wie dieser Donald Trump für einen möglichen Friedensplan gewinnen könnte. Das berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf ein Telefonat vom 14. Oktober.

Botschafter Cichocki: Russland strebt „taktische Pause“, keinen Frieden

26.11.2025 11:32
Der ehemalige polnische Botschafter in der Ukraine, Bartosz Cichocki, bezweifelt, dass Russland an einem tatsächlichen Frieden interessiert ist. Moskau wolle „taktisch einen möglichen Waffenstillstand“, strategisch aber die Zerstörung der ukrainischen Staatlichkeit fortsetzen, sagte Cichocki im Gespräch mit dem Portal money.pl. Ziel sei ein politisch kontrolliertes, vom Westen abgekoppeltes Land „wie Belarus oder Georgien“.