Deutsche Redaktion

"Streitpunkt Entschädigungen"

03.12.2025 12:10
Die Ankündigung des Premierministers, Polen werde im Zweifel selbst Entschädigungen an NS-Opfer zahlen, schlägt hohe Wellen. Polen verzeichnet neue Migrationswelle aus der Ukraine. Und: Das Chopin-Museum schließt 2026 seine Pforten für Besucher. Mehr dazu in der Presseschau.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (rechts) und der polnische Ministerprsident Donald Tusk geben sich nach einer Pressekonferenz whrend der deutsch-polnischen Regierungskonsultation im Kanzleramt in Berlin, Deutschland, am 1. Dezember 2025 die Hand. EPAFILIP SINGER Dostawca: PAPEPA.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (rechts) und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk geben sich nach einer Pressekonferenz während der deutsch-polnischen Regierungskonsultation im Kanzleramt in Berlin, Deutschland, am 1. Dezember 2025 die Hand. EPA/FILIP SINGER Dostawca: PAP/EPA.Foto: EPA/FILIP SINGER

ONET.PL: Streitpunkt Entschädigungen

Während der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen am Montag wurden nicht nur Prioritäten der künftigen Zusammenarbeit festgelegt und die Rückgabe von NS-Raubgut durch Deutschland angekündigt. Es ging auch um mögliche Entschädigungen für noch lebende Opfer nationalsozialistischer Verbrechen. Nach Informationen des Portals Onet liegt ein Vorschlag der Regierung von Kanzler Friedrich Merz bereits auf dem Tisch.

Beim Thema Restitution wurde bestätigt, dass Deutschland die Archive des Deutschen Ordens sowie wertvolle Artefakte zurückgeben wird – darunter eine Skulptur aus dem 14. Jahrhundert, den Kopf des heiligen Jakobus des Älteren, die aus der Marienburg gestohlen wurde. Dieser Schritt soll ein „wichtiger Durchbruch“ in den bilateralen Beziehungen sein und einen symbolischen Abschluss historischer Streitfragen markieren, lesen wir.

Der polnische Regierungschef betonte zugleich, dass Warschau weiter auf Entschädigungen für Überlebende nationalsozialistischer Verbrechen drängt – eine Gruppe, deren Zahl mittlerweile auf rund 50.000 Personen geschätzt wird und jährlich schrumpft. Tusk erklärte unmissverständlich, dass Polen Entschädigungen notfalls selbst finanzieren werde, falls Berlin nicht bald konkrete Entscheidungen treffe.



Nach Recherchen von Onet hat die deutsche Seite bereits vor einem Jahr eine Zahlung von einmalig 10.000 Euro pro Person vorgeschlagen. Die polnische Regierung hingegen forderte eine jährlich wiederkehrende Zahlung. Auf diesen Vorschlag habe die Bundesregierung nicht reagiert.


Tusks Ankündigung, Polen werde im Zweifel selbst zahlen, stieß bei der oppositionellen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf scharfe Kritik. Parteichef Jarosław Kaczyński schrieb kurz darauf in einem emotionalen Beitrag in sozialen Medien:„Man glaubt es kaum! Der polnische Premier spricht in Berlin davon, Opfer des deutschen Nazismus aus dem polnischen Haushalt zu unterstützen? Tusk will mit dem Geld polnischer Bürger deutsche Verbrechen abbezahlen?“


Ähnlich äußerte sich der EU-Abgeordnete Patryk Jaki, der spöttelte: „Nach zwei Jahren Tusks Regierung haben wir endlich einen Erfolg. Wir zahlen uns die Reparationen jetzt einfach selbst aus“, berichtet Onet.pl

RZECZPOSPOLITA: Polen verzeichnet neue Migrationswelle aus der Ukraine

In den vergangenen Wochen haben nahezu 50.000 ukrainische Staatsbürger in Polen einen Antrag auf Schutzstatus gestellt. Das berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita unter Verweis auf aktuelle Daten. Es ist der stärkste Anstieg seit Monaten, lesen wir. Ausgelöst wurde die Entwicklung durch die Entscheidung Kiews, die seit Ende August Männern zwischen 18 und 22 Jahren die legale Ausreise ermöglicht. Diese Gesetzesänderung machte sich unmittelbar an der polnisch-ukrainischen Grenze bemerkbar.

Während in den ersten beiden Monaten des Jahres 2025 lediglich 16.000 Menschen einen Antrag stellten, waren es zuletzt fast 50.000. Der sogenannte UKR-Status berechtigt zum legalen Aufenthalt, zur Arbeitsaufnahme, zum Zugang zu Bildung und zu Sozialleistungen in Polen. Er verfällt nach einer Ausreise von mehr als 30 Tagen, kann jedoch erneut beantragt werden.


Die ukrainische Regierung begründet die Änderung damit, jungen Männern Ausbildung und Arbeit im Ausland zu ermöglichen. Zudem unterliegen Männer im Alter von 18 bis 22 Jahren noch nicht der Mobilisierung, die ab 25 Jahren greift. Laut Daten des Polnischen Wirtschaftsinstituts (PIE) nehmen allerdings nur 39 Prozent der jungen Männer eine Arbeit auf – vorwiegend im Baugewerbe, in der Logistik oder der Industrie. Oftmals arbeiten sie in abgeschotteten Umfeldern, was laut dem Institut ihre sprachliche und gesellschaftliche Integration erschwert.

Die polnische Polizei meldet, dass im ersten Halbjahr 2025 insgesamt fast 9 Tausend ausländische Staatsbürger Straftaten begangen haben, davon rund 60 Prozent Ukrainer. Am häufigsten handelte es sich um Trunkenheitsfahrten oder Betrugsdelikte, darunter Cyberkriminalität. Zugleich betonen die Sicherheitsbehörden, dass ein Teil der Ukrainer von russischen Nachrichtendiensten für Sabotageaktivitäten angeworben werde, wie Rzeczpospolita berichtet.

SUPER EXPRESS: Warschaus Chopin-Museum schließt für ein Jahr

Das Fryderyk-Chopin-Museum in Warschau, einer der wichtigsten kulturhistorischen Orte der Hauptstadt, wird im kommenden Jahr komplett geschlossen, berichtet die Zeitung Super Express. Die Einrichtung, die dem Leben und Werk des großen Komponisten gewidmet ist, soll in dieser Zeit umfassend modernisiert werden.

Das 2010 eröffnete Museum zählt jährlich rund 100.000 Besucher, die meisten davon aus dem Ausland. Nach 15 Jahren intensiver Nutzung bestehe dringender Renovierungsbedarf. Andrzej Kosowski, stellvertretender Direktor des Instituts für Museum und Bildung, bezeichnet das Chopin-Museum als zentrales Element des materiellen Erbes des Komponisten. Es sei zweifellos das größte, wenn nicht das einzige Museum dieser Art weltweit. Zu den Sammlungen gehören unter anderem Originalmanuskripte und Briefe Chopins, sein letzter Flügel sowie Erinnerungsstücke aus seinem Umfeld. Doch wie Kosowski betont, entsprechen viele der multimedialen Installationen nicht mehr heutigen Standards: Was 2010 innovativ wirkte, sei im Zeitalter des Smartphones überholt, zudem seien zahlreiche Geräte verschlissen. Das Jahr 2026 sei strategisch gewählt worden – nach dem 19. Internationalen Chopin-Wettbewerb und vor dem 100. Jubiläumsjahr 2027, erklärt Super Express.

Autor: Jakub Kukla


Ukrainer im polnischen Brandfall in Litauen verurteilt

25.11.2025 08:00
Der in Polen wegen des Brandes im Einkaufszentrum Marywilska 44 verdächtigte Daniil B. wurde in Litauen verurteilt. Der Ukrainer hat eine Strafe von drei Jahren und vier Monaten Haft wegen der Brandstiftung in einem IKEA-Markt in Vilnius erhalten.

Ukrainer nach „Trunkenheitsfahrten“ aus Polen ausgewiesen

27.11.2025 06:00
Zwei 40-jährige Ukrainer wurden aus Polen ausgewiesen. Beide Männer wurden von der Polizei festgenommen, als sie betrunken am Steuer saßen, sagte die Sprecherin des Grenzschutzamts in Ermland-Masuren dem Polnischen Rundfunk. Die Grenzschützer haben die Ukrainer zum Grenzübergang in Dorohusk eskortiert.

Wenn Stille in der Beziehung laut wird

02.12.2025 12:30
Die deutsch-polnischen Beziehungen sind derzeit angespannt und eine von beiden Seiten erhoffte Verbesserung ist ausgeblieben. Die Beziehungen sind schwierig und die diplomatische Zusammenarbeit, die zuletzt durch Regierungskonsultationen in Berlin stattfand, verläuft unspektakulär. 

„So nah wie nie zuvor – und doch so fern". Piotr Buras über die deutsch-polnischen Beziehungen

02.12.2025 12:30
Bei den 17. deutsch-polnischen Regierungskonsultationen ging es um Verteidigung, Infrastruktur und Geschichte. Tusk sprach anschließend von einer „historischen Veränderung.“ Aber wie viel Substanz steckt dahinter? Was ist der Grund für das schwindende Vertrauen zwischen Warschau und Berlin? Und was wäre ein Best-Case-Scenario für die Beziehungen in den kommenden zwei Jahren?

Nach Regierungskonsultationen: Nawrocki kritisiert Tusks Worte zu Entschädigungen für Kriegsopfer

03.12.2025 11:16
Tusk hatte am Montag in Berlin erklärt, die polnische Regierung erwäge Zahlungen aus eigenen Mitteln, falls Deutschland keine rasche und eindeutige Zusage zu einem Entschädigungsprogramm für noch lebende Opfer gebe. Nawrocki sagte am Dienstag in Rzeszów-Jasionka, er hoffe, Tusk werde sich für seine Aussage entschuldigen.