Deutsche Redaktion

Russischer Politiker will Schuld relativieren. "Lügen und Schwachsinn"

29.05.2020 13:03
Alexei Zhuravliov will die Verantwortung für die Besetzung Polens während des Zweiten Weltkriegs von der Sowjetunion nehmen. Unabhängige russische Historiker zeigen sich empört. 
Moskau, 24. August 1939: Handschlag Stalins und Ribbentrops nach der Unterzeichnung des Nichtangriffspakts
Moskau, 24. August 1939: Handschlag Stalins und Ribbentrops nach der Unterzeichnung des Nichtangriffspaktswikimedia commons

Ein russischer Politiker will die Verantwortung für die Besetzung Polens während des Zweiten Weltkriegs von der Sowjetunion nehmen. Der Staatsduma wurde ein Gesetzesentwurf übermittelt, der die Resolution des Obersten Rates der UdSSR zur Verurteilung des Molotow-Ribbentrop-Pakts aufheben soll, meldete die polnische Nachrichtenagentur PAP am Donnerstag.

Nach Meinung unabhängiger Historiker ist dies ein weiteres Element der Geschichtsfälschung russischer Behörden, die darauf abzielt, stalinistische Verbrechen zu vertuschen.

Der Gesetzentwurf zur Rehabilitierung des sowjetisch-nationalsozialistischen Pakts gegen Polen, Litauen, Lettland, Estland, Finnland und Rumänien wurde vom Abgeordneten "Rodina" Alexei Zhuravliov ausgearbeitet. Der russische Parlamentarier schrieb in der Begründung, dass die Behörden der Sowjetunion, die den Molotow-Ribbentrop-Pakt verurteilten, 1989 unter äußerem Druck gehandelt haben und nicht den Grundsätzen der historischen Gerechtigkeit gefolgt seien.

Zhuravliovs Behauptungen seien "Lügen und Schwachsinn", erklärt der unabhängige russische Historiker Pawel Puczkow.
Zuvor hatte der Historiker des Gesellschaft "Memorial" Nikita Petrov darauf hingewiesen, dass die russischen Behörden die Geschichte verzerren. 

- Dies ist eine seltsame Situation, wenn in meinem Land eine eigene Vision von Geschichte funktioniert und die ganze Welt dieselben Ereignisse unterschiedlich wahrnimmt. Warum fühlt sich niemand verwirrt oder beschämt? Und tatsächlich kann man den Eindruck gewinnen, dass die russische Staatspolitik mit falschen Tatsachen arbeitet -  sagte der russische Forscher über stalinistische Verbrechen.

Die Historikerin der Russischen Akademie der Wissenschaften, Natalia Lebedeva, warnt wiederum davor, dass die Verfälschung von Tatsachen dazu führe, dass Millionen von Opfern des stalinistischen Regimes aus dem öffentlichen Gedächtnis gelöscht werden.


PAP/ps