Deutsche Redaktion

Wolfgang Schäuble: Polen sollte wichtige Position in der EU erhalten

24.07.2022 20:45
Polen sollte gemeinsam mit Frankreich und Deutschland eine führende Rolle in der Europäischen Union einnehmen und gemeinsam eine europäische Verteidigungspolitik gestalten, sagt der ehemalige Bundestagschef Wolfgang Schäuble. 
Wolfgang Schuble
Wolfgang Schäublefot. PAP

„Polen muss endlich als gleichberechtigter und gleich wichtiger Mitgliedsstaat wie Frankreich und Deutschland in die Führungsrolle der europäischen Integration aufgenommen werden. Polen sollte so schnell wie möglich so behandelt werden, es hat es immer verdient. Diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen“, sagt Wolfgang Schäuble in einem Interview für die Welt am Sonntag.

Der CDU-Politiker äußert sein Bedauern darüber, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz den polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki Mitte Juni nicht zum gemeinsamen Besuch in Kiew eingeladen hatten. Ein ganz anderes Signal würde in die Welt hinausgehen, wenn Polen, Deutschland und Frankreich in Kiew zusammenkommen würden, betont er.

Geht es nach Schäuble spiele Polen eine führende Rolle in der europäischen Verteidigungspolitik, was nach dem russischen Angriff auf die Ukraine allen klar geworden sei. „Gemeinsam mit Warschau und Paris könnte Berlin dafür sorgen, dass das europäische Verteidigungssystem keine Alternative zur NATO ist, sondern eine Ergänzung“, erklärte er.

Schäuble hat auch auf die Bedeutung der Flüchtlingshilfe hingewiesen. „Wir können nicht darauf warten, dass alle die Verteilung von Flüchtlingen (zwischen den EU-Ländern - Anm. d. Red.) akzeptieren“, betont er. Wer nicht kooperieren will, muss über eine andere Art der Teilnahme nachdenken“. 

„Auch hier muss ich die Polen loben. Ihre Bereitschaft, ukrainischen Flüchtlingen zu helfen, ist groß“, so der Christdemokrat.

Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges gebe es immer häufiger Meinungen, Deutschland höre nicht ausreichend auf die Stimmen der osteuropäischen Länder, die „Russland besser kennen als Deutschland“, schreibt Welt am Sonntag.

„Eines müssen sich deutsche Politiker wirklich eingestehen: Unser Ruf ist in diesen Fragen besonders schwach. Wir werden als Bremser wahrgenommen, auch wenn es um die Solidarität mit der Ukraine geht. Das ist nur teilweise wahr, und auch wenn der Bundeskanzler argumentiert, dass dem nicht so sei, ist die Tatsache, dass andere das so sehen, ein Fakt der deutschen Politik“, so Schäuble.

Die bisherige deutsche Russlandpolitik ist kein Ruhmesblatt, fügt er in Welt am Sonntag hinzu.

rp.pl, PAP/ps