Deutsche Redaktion

The Washington Post: Berlin gesteht Fehler in Russland-Politik

06.12.2022 19:48
Deutschland habe „Warnzeichen ignoriert" und „es versäumt, die Kritik unserer Verbündeten an der Nord Stream 2-Gaspipeline ernst zu nehmen", gab die deutsche Botschafterin in den Vereinigten Staaten, Emily Haber, in einem Interview mit „The Washington Post" zu. 
Władimir Putin und Angela Merkel
Władimir Putin und Angela Merkelphotocosmos1 / Shutterstock.com

Haber zufolge habe die Verbesserung der Beziehungen Berlins zu Moskau in den letzten Jahrzehnten den Glauben in Deutschland gefestigt, dass gegenseitige Abhängigkeit zu Stabilität, Transparenz und Systemveränderungen führen würde. „Wir haben gegenteilige Warnzeichen ignoriert und die Kritik unserer Verbündeten und Partner nicht so ernst genommen, wie wir es hätten tun sollen, insbesondere in Bezug auf die geopolitischen Auswirkungen der Nord Stream 2-Gaspipeline", sagte Haber.

All das ist nun vorbei, und es ist erstaunlich zu beobachten, wie wirklich es vorbei ist", fügte sie hinzu.

Geht es nach Haber, habe die deutsche Politik in mehreren Bereichen einen neuen Kurs eingeschlagen. Es gebe eine größere Unabhängigkeit von russischer Energie, Waffenexporte in die Ukraine und eine starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben. „Wir kaufen keine Kohle und kein Gas mehr aus Russland, und das Gleiche wird bald auch für Öl gelten", so Haber. „Dieser riesige Wandel hat sich blitzschnell vollzogen - innerhalb von nur wenigen Monaten", so die Diplomatin.

Die polnische Nachrichtenseite des Fernsehsenders tvp.info erinnerte, die US-Regierung habe in den Jahren vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine die Beteiligung Deutschlands am Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 scharf kritisiert. Dies habe zu Unzufriedenheit und Spannungen in den Beziehungen zwischen Berlin und Washington geführt.

Die Nord Stream 2-Pipeline sollte russisches Gas direkt nach Deutschland liefern. Kurz vor der Invasion Russlands im Februar habe die deutsche Regierung das Zertifizierungsverfahren für die betriebsbereite Pipeline gestoppt.

Im September wurden die Pipelines Nord Stream 1 und 2 schwedischen Beamten zufolge durch einen „Sabotageakt" beschädigt. Ermittler haben vor Ort Spuren von Sprengstoff gefunden, so tvp.info.

Polens Außenminister Zbigniew Rau sagte im September in Washington, Russland habe die Pipelines möglicherweise beschädigt, um die Spaltung Europas in der Frage zu vertiefen, wie die Energiesicherheit sichergestellt werden kann".


TVP.info, The Washington Post/ps