Deutsche Redaktion

Expertin: „Migration hat es immer gegeben"

03.01.2024 11:36
„Migration ist ein natürliches Phänomen, und der Eindruck, dass sie heute besonders intensiv ist, ist falsch“, sagte Dr. Dominika Pszczółkowska vom Zentrum für Migrationsforschung an der Warschauer Universität gegenüber der polnischen Nachrichtenagentur PAP.
Der Groteil aller Migrantinnen und Migranten komme zum Arbeiten, sagt Dominika Pszczółkowska vom Zentrum fr Migrationsforschung.
Der Großteil aller Migrantinnen und Migranten komme zum Arbeiten, sagt Dominika Pszczółkowska vom Zentrum für Migrationsforschung.NataliaLavrivNedashkivska/ Shutterstock

Migration sei kein neues Phänomen, allerdings ändere sich sich die Richtung. Dadurch sei Polen in der EU zum Aufnahmeland Nummer Eins geworden, erklärte die Expertin.

„Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, zur Zeit der sogenannten ersten Globalisierung, gab es prozentual mehr Menschen, die im Ausland lebten, als heute, obwohl Transport und Kommunikation viel schwieriger waren.

Global gesehen sei der Anteil der Migrantinnen und Migranten seit den 1960er Jahren unverändert geblieben. Er liege derzeit bei etwa drei Prozent. Bei den Zahlen von Organisationen wie die OECD oder das UNHCR, die von einem Zuwachs sprächen, handele es sich um absolute Zahlen, nicht um einen prozentualen Anteil an der Weltbevölkerung, so Dr. Pszczółkowska.

Als wichtigsten Migrationsgrund nannte die Migrationsforscherin früher wie heute den Bedarf an Arbeitskräften. „Die meisten Menschen, die die Grenze überqueren, tun dies mit konkreten Informationen über eine Arbeitsmöglichkeit oder sogar mit einem konkreten Angebot“, betonte sie. Die meisten besäßen demnach ein Visum. Polen sei hierfür ein besonders gutes Beispiel. Obwohl die Aufmerksamkeit von Politik und Medien auf der belarussisch-polnischen Grenze liege, kämen deutlich mehr Menschen aus asiatischen und afrikanischen Ländern auf legalem Wege. Das Gleiche sei in anderen Ländern passiert, in denen die Wirtschaft Arbeitskräfte brauchte, unterstrich Pszczółkowska.

Auf die Frage, wer die Migranten weltweit sind, wies sie darauf hin, dass es sich häufiger um Menschen im so genannten mobilen Alter handelt, d. h. um relativ junge Erwerbstätige". Ihre Routen sähen allerdings — je nach Angebot, Nachfrage und Zufall — sehr unterschiedlich aus.

Auf die erste Person folgen oft weitere, die sogenannte Migrationsnetzwerke nutzen. So sind zum Beispiel jahrelang Menschen aus dem Dorf Monki in Podlasie nach Brüssel und aus Stare Juchy in Masuren nach Island gereist", erinnerte die Expertin. 

Ein weltweit bekannter ‚Exporteur‘ von Krankenschwestern sind beispielsweise die Philippinen, wo junge Frauen diesen Bildungsweg wählen, um das Land zu verlassen. Die wohlhabenden Golfstaaten, in denen es in den letzten Jahrzehnten einen Bauboom gab, ziehen Bauarbeiter aus asiatischen und afrikanischen Ländern an. Deutschland, die Schweiz und das Vereinigte Königreich wiederum ziehen Ärzte aus vielen Ländern Europas und der Welt an, die ärmer sind als sie, aber auch zum Beispiel Menschen, die sich um die wachsende Zahl älterer Menschen kümmern", erklärte sie.

Laut jüngsten Daten der Weltbank leben derzeit rund 184 Millionen Menschen außerhalb ihres Geburtslandes. Fast die Hälfte von ihnen lebt in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen.


PAP/js