Rzeczpospolita: Polen sollten wissen, wer Karol Nawrocki ist
In der polnischen Geschichte habe es noch keinen Fall gegeben, in dem ein Präsidentschaftskandidat aus einem Hooligan-Milieu stammte, an
Schlägereien zwischen Ultras beteiligt war, in undurchsichtigen Umständen Wohnungen von kriminellen Personen übernahm oder so eng mit der Unterwelt verknüpft gewesen war, schreibt Jacek Nizinkiewicz in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita. Jetzt soll Karol Nawrocki laut Onet als Türsteher im Grand Hotel in Sopot einst Prostituierte für Hotelgäste beschafft haben. Was verbindet all diese Vorwürfe?
Nawrocki, so Nizinkiewicz, scheine eine auffällige Neigung zu Kontakten mit der kriminellen Welt zu haben. Er klage nicht im Wahlrechtsverfahren gegen jene, die ihm schadende Informationen verbreiten. Er fordere keine schnelle Klärung der Angelegenheit während des Wahlkampfs. Wie der Autor erinnert, habe die
nationalistische Konföderation in der Vergangenheit einen solchen Fall gegen den öffentlich-rechtlichen Sender TVP gewonnen. Der Präsident des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) habe nur angekündigt, Onet zu verklagen. Damit werde die Sache wohl erst nach den Wahlen geklärt, sollte die Klage tatsächlich eingereicht werden, heißt es.
Wie der Autor weiter schreibt, habe Karol Nawrocki schon zuvor nicht damit geprahlt, dass er unter einem Pseudonym ein Buch über den Chef der Dreistadt-Mafia geschrieben habe. Es seien die Medien gewesen, die das herausgefunden haben. Er habe auch nicht zugegeben, dass er Beziehungen zu einem Verurteilten hatte, der mit Zuhältern verbunden gewesen war. Auch dies hätten Journalisten aufgedeckt. Wir hätten es auch nicht erfahren, wenn nicht die Medien darüber berichtet hätten, dass er
für einen Neonazi gebürgt habe. Wie wir lesen, sei keine dieser Informationen von Nawrocki, trotz anfänglicher Empörung der oppositionellen PiS über die Medien, dementiert worden, noch habe er diese Medien verklagt.
Geht es nach dem Autor, stelle sich Karol Nawrocki damit selbst in ein schlechtes Licht. Nicht alle Informationen über sich habe er sogar der Partei von Jarosław Kaczyński preisgegeben, die ihren Kandidaten weiterhin verteidige. Die PiS indes habe eine Strategie entwickelt, die die Polen davon überzeugen solle, dass die Wohnungsaffäre ein Werk der Geheimdienste sei, dass die Informationen vom Inlandsgeheimdienst ABW kamen und Nawrocki das Opfer einer medialen Hetzkampagne und des Staates von Donald Tusk sei. Ein Teil der Gesellschaft glaube dieser Taktik. Allerdings habe weder der Kandidat noch die Partei die Journalisten verklagt, noch hätten sie Beweise für ihre „Wahrheitsversion“ vorgelegt, lesen wir.
Hat Karol Nawrocki tatsächlich Prostituierte für die Gäste des Hotels in Sopot vermittelt? Allein die Frage, im Kontext eines Kandidaten für das höchste Amt im Staat, erscheine unglaublich, heißt es weiter. Keiner der bisherigen PiS-Präsidentschaftskandidaten sei so eng mit Banditen verbunden gewesen. Nawrocki war es, was er auch nicht bestreite. Vielleicht sei er es immer noch, was man nicht wisse, aber wissen sollte.
Die Polen sollten wissen, wen sie zum Präsidenten wählen, fährt der Autor fort. Wähler sollten vollständige Informationen über die Person haben, die Polen in den nächsten fünf Jahren repräsentieren könnte. Doch dies sei nicht der Fall. Können Polen sicher sein, dass es keine kompromittierenden Informationen über Nawrocki gebe, mit denen
ausländische Geheimdienste Polen für ihre eigenen Ziele erpressen könnten?
Die unklare Vergangenheit von Karol Nawrocki zeige nicht nur, dass er kein Kandidat mit makelloser Reputation sei, sondern auch, dass seine Vergangenheit ihn einholen und das Land, das er vertreten soll, in Gefahr bringen könnte, lautet Jacek Nizinkiewiczs Fazit in der Rzeczpospolita.
DoRzeczy: Nawrocki sollte „Person des Jahres“ der „Gazeta Wyborcza“ sein
Der Chefredakteur des rechts-konservativen Wochenmagazins „Do Rzeczy“, Paweł Lisicki wirft den linksliberalen Medien in seinem Kommentar Scheinheiligkeit vor. Er zeige sich über eines überrascht: Seiner Meinung nach bemühen sich Onet, die links-liberale „Gazeta Wyborcza“ und andere progressive Medien seit Langem, den Begriff „Sexarbeit“ salonfähig zu machen – also Prostitution als normalen Beruf darzustellen und den Polen zu erklären, dass daran nichts Anstößiges sei.
Wie Lisicki erinnert, hätten insbesondere die „Gazeta Wyborcza“ und ihre Magazine in der Vergangenheit eine Reihe von Artikeln und Interviews veröffentlicht, in denen Frauen erklärten, wie stolz sie auf ihre Tätigkeit als Prostituierte seien – wie sehr sie sich dadurch persönlich weiterentwickelt hätten. Das Einzige, was diese Medien zu stören schien, so Lisicki, sei, dass die Gesellschaft das einfach nicht würdigen wollte.
Des Weiteren kritisiert der Chefredakteur die Widersprüchlichkeit dieser Haltung. Sollten die jüngsten Enthüllungen stimmen, so sollte Nawrocki laut Lisicki eigentlich von genau diesen Medien ausgezeichnet werden. Er wäre schließlich in deren Weltanschauung ein Pionier des Fortschritts gewesen. Stattdessen seien diese Medien nun empört. Plötzlich sei von Zuhälterei die Rede, von anstößigen Begriffen, als ob alles ganz anders wäre. Entweder stehen diese Medien an der Spitze des gesellschaftlichen Wandels, oder sie lehnen ihn ab. Man wisse wirklich nicht mehr, wohin die Reise geht, schreibt Lisicki sarkastisch. Sein Fazit laute daher, Nawrocki sollte „Person des Jahres" der
„Gazeta Wyborcza" sein. Und wenn die linksliberalen Medien zu solchen Narrativen greifen, dann deute das vor allem darauf hin, dass sie in Panik verfallen, so Paweł Lisicki in Do Rzeczy.
Gazeta Polska Codziennie: Blamierter „Freak-Fighter“ als Quelle für Onet?
Die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie stellt in ihrer Stellungnahme die Glaubwürdigkeit der Quelle der belastenden Aussagen über Nawrocki in Frage. Obwohl Onet-Journalisten in sozialen Medien beteuert hätten, dass nicht die Aussagen von
Jacek Murański über Karol Nawrocki Grundlage ihres diffamierenden Artikels gegen den Präsidentschaftskandidaten der PiS gewesen seien, könnte sich das Gegenteil als wahr herausstellen, so das Blatt. Murański selbst behaupte nämlich: Er sei die „Quelle der Wahrheit“. Auf den kompromittierten, fast 60-jährigen „Freak-Fighter“ berufe sich inzwischen sogar auch Premierminister Donald Tusk. Der koordinierte Angriff deutscher Medien und des PO-Umfelds auf Karol Nawrocki, heißt es, laufe auf Hochtouren. Der Haken dabei: Die Initiatoren und Ausführenden dieser Schmutzkampagne hätten offensichtlich keine einheitliche Version ihrer neuesten Enthüllung abgestimmt.
Die Hetzkampagne gegen Nawrocki werde insbesondere von Medien verbreitet, die den
Präsidentschaftskandidaten Rafał Trzskowski unterstützen. Auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP greife die Story auf. Es habe am Abend sogar ein Interview mit dem wegen Körperverletzung verurteilten Skandalakteur der Freak-Fight-Szene veröffentlicht. In dem Gespräch habe Murański seine dubiosen Geschichten über den IPN-Chef wiederholt.
Die angebliche Quelle der Enthüllungen sei somit ein fast 60-jähriger Kampfsportler, der gegen halb so alte Gegner in den Ring steigt – aus finanziellen Gründen, schreibt das Blatt. Statt im Oktagon stehe er jedoch häufiger im Gerichtssaal, da er regelmäßig wegen
Verleumdung klage – und in den meisten Fällen verliere, lesen wir. Noch vor Kurzem habe Murański sogar behauptet, für das Amt des polnischen Präsidenten zu kandidieren – eine Ausrede, um einem Gerichtstermin zu entgehen, so GPC.
Am Ende erinnert die „Gazeta Polska“ an ein Foto von Donald Tusk aus dem Jahr 2022 – aufgenommen in Gesellschaft von Mateusz Murański, dem Sohn von Jacek Murański. Möglicherweise sei es ausgerechnet dieses Material, das Onet als Grundlage für den Angriff auf Karol Nawrocki ausgenutzt habe, urteilt das oppositionsnahe Tagesblatt.