Deutsche Redaktion

Kommentar: „Ungarische Vögel“ über russischem Himmel

29.08.2025 10:00
Die ukrainischen Angriffe auf die russische Öl- und Treibstoffinfrastruktur zeigen Wirkung. Im Sommer nahm ihre Schlagkraft spürbar zu: Mindestens zehn Raffinerien wurden getroffen, die Produktion sank um rund zehn Prozent. In einigen Regionen stiegen die Preise, an Tankstellen standen Autofahrer vor leeren Zapfsäulen – für einen Rohstoffgiganten wie Russland eigentlich undenkbar. Die Regierung reagierte mit einem Exportverbot und Marktinterventionen, doch den Preisanstieg konnte sie nicht stoppen, schreibt Tadeusz Iwański in seinem Kommentar für den Auslandsdienst des Polnischen Rundfunks.
Viktor Orban und Donald Trump
Viktor Orban und Donald TrumpZOLTAN FISCHER/AFP/East News

Besonderes Ziel der Drohnen ist die Verteilstation Unecha im Gebiet Brjansk, wo die „Druschba“-Pipeline aufgeteilt wird: nach Norden Richtung Belarus, nach Süden über die Ukraine in die Slowakei und nach Ungarn. Mehrere Angriffe führten bereits zu Lieferunterbrechungen. Während Minsk schweigt, nutzen Bratislava und Budapest die Vorfälle, um ihre Kritik an Kiew zu verstärken – und drohten sogar mit Lieferstopps. Realistisch sind solche Drohungen jedoch kaum: Zu groß sind die wirtschaftlichen Interessen.

Kiew verfolgt mit den Angriffen zwei Ziele. Erstens soll Russlands Energiesektor geschwächt werden: weniger Einnahmen, sinkende Glaubwürdigkeit als Lieferant, mehr Druck auf die Bevölkerung. Zweitens richtet sich die Strategie gegen Ungarn. Die Drohnenoperationen tragen den Decknamen des Kommandeurs der ukrainischen Drohneneinheiten, Spitzname „Madjar“ – ein Schlag gegen Viktor Orbán, der seit Beginn des Krieges in der EU systematisch jede Ukraine-Initiative blockiert.

Besonders deutlich wurde das beim ersten Verhandlungskapitel für den EU-Beitritt: Kiew erfüllte alle Bedingungen, die Kommission und alle Mitgliedstaaten waren dafür – nur Orbán sagte „Niet“. Überzeugungsversuche halfen nicht, auch Zugeständnisse an die ungarische Minderheit in der Ukraine blieben ohne Wirkung. Nun setzt Kiew neben den Drohnen auch auf politische Rückendeckung aus Washington: Selenskyj beschwerte sich bei Donald Trump, worauf dieser Orbán ins Gespräch nahm.

Der Zeitpunkt ist brisant: Im Herbst stehen in Moldau Wahlen an. Beide Länder – Ukraine und Moldau – werden bislang im Paket behandelt. Doch nun überlegt Brüssel, nur Chișinău ein Verhandlungskapitel zu öffnen, um die prowestliche Regierung zu stärken. Ungarn spielt dabei ein doppeltes Spiel: Gegen Moldau legt Budapest kein Veto ein, doch das Nein zur Ukraine vertieft die Gräben in der EU – und treibt einen Keil zwischen beide Beitrittskandidaten.

Ob die ukrainische Taktik aufgeht, ist fraglich. Orbán hat sich fest in seiner Anti-Ukraine-Rhetorik verschanzt. Für die Wahlen im kommenden Frühjahr ist sie das Leitmotiv der Fidesz-Kampagne. Selbst wenn Orbán wollte, ein Kurswechsel wäre innenpolitisch kaum vermittelbar. Doch die Realität ist: Er will gar nicht. 


Tadeusz Iwański Tadeusz Iwański

Tadeusz Iwański – Leiter des Teams Belarus, Ukraine und Moldau am Zentrum für Oststudien. 

 

Orban spricht offen über möglichen EU-Austritt – Tusk reagiert

25.04.2025 11:27
Ungarns Premierminister Viktor Orban hat sich offen für einen möglichen Austritt seines Landes aus der Europäischen Union ausgesprochen. In einem Forum der Fidesz-Partei am Mittwochabend in Pilisvörösvár bei Budapest erklärte Orban, dass sein Land 2004, wenn die EU schon so ausgesehen hätte wie heute, wahrscheinlich nicht beigetreten wäre.

Der Preis für die Sicherheit in Europa

30.07.2025 13:00
Die Europäische Union brauche fünf Jahre, um eine konventionelle Armee aufzubauen, die einem Angriff Wladimir Putins standhalten könnte. Donald Trump habe am Sonntag die Rechnung dafür präsentiert. Wegen seines Alters ticke dem bereits 76-jährigen PiS-Parteiführer Jarosław aczyński die Uhr. Er wolle daher nicht in zwei Jahren zurück an die Macht sondern so schnell wie möglich. Und: Putin hat den Bogen überspannt. Trump gibt dem Kreml „10 bis 12 Tage“ zur Beendigung des Krieges in der Ukraine. Mehr dazu in der Presseschau.