Rzeczpospolita: Der Preis für die Sicherheit in Europa
Die Europäische Union brauche fünf Jahre, um eine konventionelle Armee aufzubauen, die einem Angriff Wladimir Putins standhalten könnte. Donald Trump habe am Sonntag die Rechnung dafür präsentiert, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.
Die Einigung, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach wochenlangen Verhandlungen am Sonntag in Schottland mit Donald Trump erzielt hat, lasse sich kaum als ausgewogen bezeichnen. Ab Freitag gelten 15-prozentige Zölle auf fast alle EU-Importe in die USA. Brüssel habe zugleich auf früher angekündigte Gegenmaßnahmen verzichtet. Geht es nach Bielecki, habe sich die EU offenbar mit dem Ende des freien Handels mit ihrem wichtigsten Wirtschaftspartner abgefunden.
Es gehe aber auch um Sicherheit, heißt es weiter. Vor allem um die Einschätzung der Gefahr, die Russland für das freie Europa darstellt. Am Freitag hatte der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte Europas General Alexus Grynkewich gegenüber Polens Premierminister Donald Tusk erklärt, das Pentagon bereits 2027 einen koordinierten Angriff Russlands und Chinas für möglich halte: Russland könnte NATO-Partner in Europa angreifen, China gleichzeitig Taiwan.
Auch wenn sich dieses düstere Szenario nicht bewahrheiten sollte, sei Brüssel sich bewusst: Die EU müsse konventionell für ihre eigene Verteidigung sorgen – in der Hoffnung, dass der atomare Schutzschirm bestehen bleibe. Ein offener Handelskrieg mit den USA könnte Europa diesen Schutz sehr schnell kosten, sollen hochrangige EU-Quellen gegenüber der Rzeczpospolita erklärt haben. Am meisten enttäuscht vom neuen Handelsabkommen seien deshalb auch prorussische Politiker wie Ungarns Wiktor Orban oder Frankreichs Marine Le Pen.
Am Sonntag hat Donald Trump somit in Schottland angekündigt, dass sich die EU verpflichtet habe, amerikanische Waffen im Wert von „Hunderten Milliarden Dollar“ zu kaufen. Damit soll das Handelsdefizit der USA gegenüber der EU – Trump nach fast 200 Milliarden Euro – ausgeglichen werden.
Das Abkommen zwischen Trump und Ursula von der Leyen bedeute zugleich das endgültige Ende des von Kanzler Willy Brandt einst im Rahmen der deutschen Ostpolitik eingeführten Modells des großen Energieimports aus Russland – ein System, das sich nach einem halben Jahrhundert als Hauptfinanzierungsquelle für Putins Kriegsmaschinerie entpuppt habe, schreibt Jędrzej Bielecki. Die EU habe sich nun statt dessen verpflichtet, jährlich US-Energieträger im Wert von 250 Milliarden Euro zu importieren – dreimal so viel wie bisher, heißt es am Schluss in der Rzeczpospolita.
Wprost: Mehr russische Provokationen erwartet
Die Verletzung des NATO-Luftraums über Litauen durch eine russische Drohne sei kein Versehen gewesen, sondern Teil einer gezielten russischen Strategie, um die Reaktionsfähigkeit des Bündnisses an seiner Ostflanke zu testen, schreibt Jakub Mielnik auf der Portal des Wochenblatts Wprost. Wie es heißt, würden Litauen und Rumänien dieses Muster bereits sehr gut kennen – bald könnte auch Polen direkt betroffen sein. Solche Vorfälle würden jetzt zunehmen, vor allem nachdem Donald Trump erklärt hat, er habe seine, dem Autor zufolge, völlig unbegründeten Illusionen über Wladimir Putin endgültig verloren.
Putin habe nämlich den Bogen überspannt, heißt es weiter. Moskau versuche nun, die Worte des US-Präsidenten ins Lächerliche zu ziehen. Trump habe nämlich dem Kreml „10 bis 12 Tage“ zur Beendigung des Krieges gegeben. Man sehe deutlich, Putin habe es übertrieben, als er versuchte, den ihm lange wohlgesinnten Donald Trump hinters Licht zu führen. Angesichts des Enthusiasmus, mit dem Trumps Anhänger in den USA nun einen härteren Kurs gegenüber Russland unterstützen, könnte der Kurswechsel gegenüber Putin mehr sein als nur leere Rhetorik aus dem Weißen Haus, heißt es.
Dies sei umso mehr wahrscheinlich, fährt der Autor fort, zumal der US-Präsident diese Woche einen äußerst vorteilhaften „Treuebeweis“ der EU präsentieren konnte – Brüssel hat sich die amerikanische Unterstützung mit 15-prozentigen Zöllen erkauft. USA-Fans sprechen von einer Demütigung der EU und einer „Pazifizierung“ von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. In Wahrheit handle es sich um ein Geschäft, heißt es am Schluss, das Washington schon lange eingefordert hatte: Die EU habe nämlich versprochen, für ihren Schutz zu zahlen. Dafür sei sie nun milder behandelt worden, als es das Weiße Haus ursprünglich angedroht hatte.
Dziennik: „Kaczyński will so schnell wie möglich die Macht übernehmen“
Polens neuer rechts-konservativer Präsident Karol Nawrocki wird am 6. August vereidigt. Laut Prof. Antoni Dudek stehen ihm zwei Strategien offen: Entweder er bleibe eng an die oppositionelle Recht und Gerechtigkeit (PiS) gebunden – aus Dankbarkeit für seine von der Partei finanzierte und unterstützte Wahlkampagne – oder er werde sich eher distanzieren und versuchen, sich als Schirmherr einer möglichen PiS-Koalition mit der nationalistischen Konföderation zu positionieren, so die Einschätzung des Politologen.
Wie es weiter heißt, setze Kaczyński auf Eskalation. Prof. Antoni Dudek sei überzeugt: Jarosław Kaczyński werde Karol Nawrocki zu einer harten Konfrontation mit der Regierung von Donald Tusk drängen. Dem Anführer der Rechten laufe nämlich die Zeit davon. Wegen seines Alters ticke dem bereits 76-jährigen Kaczyński nämlich die Uhr. Er wolle daher nicht in zwei Jahren zurück an die Macht, sondern so schnell wie möglich. Niemand wisse, wie seine Gesundheit in ein paar Jahren aussehen werde, so Dudek.
Der Politologe erklärt, Kaczyński wolle deshalb das politische System blockieren und die Polen davon überzeugen, dass vorgezogene Parlamentswahlen der einzige Ausweg seien. Deshalb werde sich Kaczyńskis PiS versuchen, vor allem der Partei von Sejmmarschall Szymon Hołownia zu nähern. Laut dem Experten seien sogar „freundliche Signale an die Linke“ nicht ausgeschlossen.
Autor: Piotr Siemiński