Deutsche Redaktion

Studie: Mehr als 94.000 anti-ukrainische Posts im polnischen Internet

03.09.2025 06:56
Anti-ukrainische Propaganda nimmt im polnischen Internet deutlich zu. Zwischen April und Juli dieses Jahres seien über 94.000 entsprechende Beiträge registriert worden, heißt es in einem Bericht der Faktencheck-Organisation Demagog und des Instituts für Medienüberwachung (IMM). Ein Jahr zuvor waren es noch rund 327.000 solcher Posts innerhalb von zwölf Monaten gewesen.
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Die Forscher analysierten 18 Schlüsselbegriffe, die häufig in feindseligen Narrativen verwendet werden – etwa abwertende Bezeichnungen für Ukrainer oder Slogans wie „Stoppt die Ukrainisierung Polens“. Diese Inhalte hätten ein potenzielles Publikum von 32,5 Millionen Menschen erreicht, erklärten die Autoren. Den Werbewert der Beiträge bezifferte IMM auf etwa 12 Millionen Zloty (2,8 Mio. Euro).

Plattform X im Zentrum 

Mit Abstand am meisten Inhalte seien auf X veröffentlicht worden. Sie machte 92 Prozent aller untersuchten Fälle aus. Auf Facebook seien nur etwas mehr als ein Prozent gefunden worden, andere Plattformen spielten eine untergeordnete Rolle. Auch der X-Chatbot „Grok“ habe nach seiner Aktualisierung im Juli 265 Einträge mit den untersuchten Schlüsselwörtern generiert.

Michał Marek vom Forschungsinstitut NASK kritisierte die Haltung der Plattformen. „Ich würde es nicht Meinungsfreiheit nennen, sondern eher eine Ablehnung von Verantwortung für Aussagen“, sagte er. Viele Unternehmen stellten sich als Verteidiger der freien Rede dar, entzögen sich aber oft der Rechenschaftspflicht.

Verzahnung mit russischer Propaganda  

Laut dem Bericht überschneiden sich anti-ukrainische Narrative im Netz vielfach mit pro-russischer Desinformation. Dazu zählten etwa die Verherrlichung russischer Militäreinsätze und die Leugnung von Kriegsverbrechen wie im ukrainischen Butscha. Sichtbar seien solche Inhalte insbesondere während des polnischen Präsidentschaftswahlkampfs, am Jahrestag der Massaker von Wolhynien oder nach der Verabschiedung ukrainischer Gesetze zur Antikorruptionsbekämpfung gewesen.

Marek zufolge stammen die Botschaften sowohl von außen als auch aus Polen selbst. „Wir sehen externe Akteure, wie belarussische und russische Medien, die Botschaften verbreiten, die Polen vor Ukrainern Angst machen sollen. Aber es sind die internen Desinformationsnetzwerke, die die größte Reichweite erzeugen, und beide Faktoren verstärken sich gegenseitig“, sagte er. 

Rechtsextreme Stimmen verstärken Desinformation 

Eine wichtige Rolle spielten auch polnische Rechtsextreme. So sei der frühere Präsidentschaftskandidat Grzegorz Braun als einer der lautesten Verbreiter anti-ukrainischer Inhalte identifiziert worden. Während des Wahlkampfs habe er wiederholt abwertende Begriffe benutzt und fälschlicherweise behauptet, die polnische Armee bereite eine Intervention in der Ukraine vor. 

Falschmeldungen über Flüchtlinge 

Bereits zuvor hatte das Londoner Institute for Strategic Dialogue (ISD) auf eine wachsende Intensität russischer Desinformationskampagnen in Polen hingewiesen. Laut ISD kursierten vor allem drei Narrative: die Verknüpfung von Ukrainern mit Terrorismus, die Darstellung als Bedrohung der polnischen Souveränität sowie die Untergrabung der europäischen Unterstützung für Kiew.

Zu den erfolgreichsten Falschmeldungen gehörten KI-generierte Videos, die angeblich ukrainische Flüchtlinge bei der Vorbereitung von Anschlägen am Wahltag zeigen sollten. Solche Clips wurden auf X mehr als 650.000 Mal aufgerufen. Andere Posts behaupteten fälschlich, zehn Prozent der in Polen lebenden Ukrainer hätten Verbindungen zu Terrororganisationen. Die Beiträge enthielten gefälschte Screenshots mit Logos renommierter Medien wie BBC, France24 und „Der Spiegel“.


PAP/jc