Rzeczpospolita: Tusks Regierung wie Polens Fußballnationalmannschaft ohne Lewandowski
Polen wird einen neuen Präsidenten haben und die Regierungskoalition steht vor einem ernsten Problem. Die Kohabitation zwischen dem neuen Präsidenten Karol Nawrocki und der Regierung von Donald Tusk ist höchst ungewiss. Heute findet zudem im Sejm das Vertrauensvotum für die aktuelle Regierung unter Tusk statt. Im Gespräch mit der liberal-konservativen Rzeczpospolita äußert der ehemalige Abgeordnete und Publizist Czesław Bielecki scharfe Kritik an den aktuellen Machthabern. Wie Bielecki betont, hätte die Koalition in anderthalb Jahren zeigen können, dass sie dynamisch ist und konkrete Vorschläge umsetzt. Sie hätte um die Gunst der polnischen Bevölkerung kämpfen können. All das habe sie aber versäumt. Laut Bielecki sei Zeit in der Politik gleichbedeutend mit Geld. Jede Regierung habe gemäß dem Reagan-Thatcher-Prinzip 100 Tage, um zu sagen, was sie tun wird, und weitere 100 Tage, um ihre Politik in die Tat umzusetzen.
Doch mittlerweile seien mehr als 200 Tage vergangen und es bleibe unklar, in welche Richtung die Koalition steuere. Um Kante zu zeigen, brauche man aber Charakter. Den Mangel an dieser Tugend hätten schon die Präsidentschaftswahlen gezeigt, führt er aus. Laut Bielecki hätte es dem Kandidaten der Koalition, Rafał Trzaskowski, während des Wahlkampfes genau daran gefehlt. Und Charakter sei das Schwierigste, was man vortäuschen könne, so seine Einschätzung. Beide Kandidaten hätten ein wenig vorgespielt, doch Trzaskowski sei dies weniger gelungen. Auch die Regierung habe Trzaskowski nicht geholfen. Das Problem der Regierung sei nämlich Faulheit und fehlende Energie. Das wahre Problem bestehe darin, dass diejenigen, die regieren wollen, nichts tun, und ihr Chef ein solches Verhalten toleriere.
Mit Blick auf die anhaltende Misere im polnischen Fußball zieht Bielecki eine Parallele und merkt an, dass jeder Trainer, und ein Anführer sei gewissermaßen auch ein Trainer, vertrauenswürdige Torschützen und Angreifer haben sollte. Im Ernstfall reiche es aber nicht, nur die Spielmacher zu wechseln. Man könne sogar den besten von ihnen, wie Robert Lewandowski, auf die Bank setzen. Doch die Frage bleibe: Wer wird seine Arbeit besser erledigen? Laut Czesław Bielecki sei es entscheidend, dass Donald Tusk als Anführer aufhört, sich mit schwächeren Charakteren zu umgeben. Die gesamte Koalition müsse endlich anfangen, real zusammenzuarbeiten, zum Wohl des Landes, so Bieleckis Fazit in der Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Vertrauensfrage mit Risiko: Tusks politische Zitterpartie
Die heutige Vertrauensabstimmung im Sejm entscheidet nicht nur über die Regierung, sondern über Donald Tusks politisches Überleben. Ohne kohärente Vision für das Land wird die PiS das Machtvakuum füllen, warnt Jacek Nizinkiewicz in der Rzeczpospolita.
In der Regierungskoalition werde mittlerweile offen über Tusks Rücktritt diskutiert. Als Alternativen gälten Rafał Trzaskowski, der zehn Millionen Stimmen bei der Präsidentschaftswahl erhalten habe, sowie PSL-Chef Władysław Kosiniak-Kamysz. Ex-Landwirtschaftsminister Marek Sawicki fordere bereits: „Es ist Zeit, es mit einem anderen Premier zu versuchen."
Hinter den Kulissen verschärfe sich der Ton dramatisch. Die Unzufriedenheit mit Tusks Führungsstil wachse selbst in der eigenen Partei, wo man befürchte, die Koalition steuere unter seiner Führung auf den Abgrund zu. Tusk habe die Partei zwar noch unter Kontrolle, doch sie werde immer unzufriedener. Regierungspolitiker fürchteten ein „politisches Armageddon", sollte die PiS an die Macht zurückkehren.
Das Szenario sei bedrohlich konkret: Eine Allianz aus PiS und der nationalistischen Konföderation könne Jarosław Kaczyński eine verfassungsändernde Mehrheit verschaffen. Mit Sławomir Mentzen als Premier, Präsident Karol Nawrocki und gefügigen Gerichten könnten die neuen Machthaber die aktuellen Regierenden ins Gefängnis bringen. „Wenn wir sie nicht einsperren, sperren sie uns ein", werde aus PO-Kreisen kolportiert. Die Konföderation wolle genau diesen unausgesprochenen „Nichtangriffspakt" zwischen PO und PiS durchbrechen.
Fazit: Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl sehe die PO in Tusk keinen Retter mehr vor Kaczyński. In der Regierungskoalition sei nur die Neue Linke noch eindeutig loyal – doch auch deren Wähler sind von der Bilanz des Premiers enttäuscht.
Deshalb ziehe Tusk nun die Zügel an. Das heutige Vertrauensvotum soll Spekulationen über einen möglichen Regierungswechsel und Spaltungen – sowohl in der Koalition als auch innerhalb der PO – ein Ende setzen. Es sei ein Signal nach außen. Doch im Innern rumort es weiter: Das Flüstern gegen Tusk verstummt nicht, so Jacek Nizinkiewicz in der Rzeczpospolita.
Sport.pl: Polens Nationalteam hat sich erneut blamiert
In der Presse dreht sich am Mittwoch auch viel um die gestrige 2:1 Niederlage der Weiß-roten gegen Finnland in der WM-Quali. Alle Befürchtungen der letzten Tage seien zur bitteren Realität geworden. Die polnische Nationalmannschaft habe erneut eine schwache Leistung gezeigt und sich blamiert, schreibt das Portal sport.pl. Individuelle Fehler hätten zu zwei Gegentoren geführt. Es habe keinen Moment gegeben, an dem die Nationalmannschaft ihren Fans die Hoffnung auf ein Comeback im Spiel gegeben hätte.
Es war wohl das wichtigste Spiel der WM-Qualifikation – und zugleich ein bitteres Kapitel für den polnischen Fußball. Was sich in den letzten Tagen hinter den Kulissen abspielte, habe in Helsinki seinen tragischen Höhepunkt erreicht, lesen wir. Der Eklat um die Kapitänsbinde und der Rücktritt von Robert Lewandowski aus der Nationalmannschaft unter Trainer Michał Probierz seien der Auftakt zur Blamage gewesen. Auf einer Pressekonferenz am Montag habe sich der Nationaltrainer noch vergeblich bemüht, seine Entscheidung als Maßnahme „zum Wohl des Teams“ zu erklären. Der Wechsel des Kapitäns sollte kurz vor dem so wichtigen Spiel in Finnland einen positiven Impuls geben.
Und tatsächlich: In den ersten Minuten habe es ausgesehen, als würde der Plan funktionieren. Schnell habe sich aber herausgestellt, dass es nichts weiter als eine trügerische Illusion war, lesen wir. Es war ein weiterer beschämender Moment für das polnische Nationalteam. Die Finnen – ein Team aus den hinteren Reihen der FIFA-Weltrangliste – habe Polen völlig dominiert. Die polnische Mannschaft hat in Helsinki mit 1:2 auf kompromittierende Weise verloren. Eine Niederlage in einem Spiel, das sie eigentlich niemals hätte verlieren dürfen.
Diese Niederlage stelle die Zukunft von Michał Probierz als Nationaltrainer ernsthaft infrage. Eine Zukunft, die trotz der jüngsten Turbulenzen lange als gesichert galt – dank der Rückendeckung durch PZPN-Chef Cezary Kulesza.
Doch ein weiteres schwaches Spiel sowie der offene Konflikt mit Robert Lewandowski erhöhen nun auch den öffentlichen Druck auf Kulesza selbst, heißt es auf sport.pl.
Ob er diesmal tatsächlich seinen bevorzugten Trainer opfern werde, bleibe offen. Eines scheine jedoch klar: Lewandowski könne dieser Mannschaft nach wie vor deutlich mehr geben als Probierz. Das polnische Team spiele schlecht, entwickele sich nicht weiter. Es sei kaum vorstellbar, dass sich in absehbarer Zeit eine bessere Gelegenheit für einen Trainerwechsel biete.
Die polnische Nationalmannschaft steht ohne ihren besten Spieler der Geschichte da – und mit einem der unbeliebtesten Trainer der vergangenen Jahre. Eines scheine sicher: Die Tage von Michał Probierz als Nationaltrainer sind wohl gezählt. Diesen Sturm werde er mit aller Wahrscheinlichkeit nicht überstehen, so die Schlussfolgerung auf dem Portal.
Autor: Piotr Siemiński