Moskau versuche, das Vertrauen der Polen in die Ukrainer zu untergraben, teilte der Generalstab der Polnischen Armee in einer Stellungnahme mit. „Vorsicht vor einer intensiven russischen kognitiven Operation, die darauf abzielt, die positiven emotionalen Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine zu zerstören und antieuropäische Stimmungen in Polen zu schüren.“
Russland führe derzeit eine psychologische Operation, die polnische Ängste und historische Ressentiments ausnutze und zugleich Neid und Ablehnung zwischen beiden Nationen schüre, hieß es.
„Kognitiver Krieg“
Laut einer auf der NATO-Internetseite veröffentlichten Analyse der Johns-Hopkins-Universität und des Imperial College London bezeichnet der Begriff „kognitiver Krieg“ Maßnahmen, die „nicht nur darauf abzielen, was Menschen denken, sondern auch, wie sie denken und handeln, zu verändern“. „Wenn sie effektiv geführt wird, formt sie Überzeugungen und Einstellungen von Einzelnen und Gruppen – im Interesse der taktischen oder strategischen Ziele des Angreifers“, hieß es im Bericht der Experten.
Der Generalstab der Polnischen Armee erklärte in seiner Mitteilung, dass Moskau im Rahmen dieser Maßnahmen unter anderem Hasskampagnen und Aufwiegelung gegen Ukrainer in Polen, Angriffe im Cyberraum, Brandstiftungen und Störungen von GPS-Signalen einsetzt. Bei der Verbreitung dieser Narrative würden auch Online-Profile von öffentlichen Personen und Influencern aus verschiedenen Bereichen mitwirken.
Desinformation „so alt wie die Welt“
Der Stellvertretender Direktor des Julius Mieroszewski Dialogzentrums, Łukasz Adamski, betonte im Gespräch mit der Presseagentur PAP, dass die Technologie der Desinformation „so alt wie die Welt“ sei. Allerdings seien durch die Entwicklung sozialer Plattformen und den Rückgang der Fähigkeit zu kritischem Denken in modernen Gesellschaften die Folgen heute besonders gefährlich.
Wie er betonte, sei russische Desinformation nicht die einzige Quelle für Spannungen in den polnisch-ukrainischen Beziehungen. „Es gibt auch Faktoren wie die Ermüdung durch die starke Präsenz der Ukrainer in Polen, Schwierigkeiten bei der Anpassung an kulturelle Normen oder Fehler des ukrainischen Staates in Bezug auf bestimmte grundlegende polnische Forderungen. Diese Fehler werden zwar korrigiert, aber eindeutig zu spät“, erklärte Adamski. Gleichzeitig habe die russische Desinformation erheblichen Einfluss auf die Haltung der Polen gegenüber den Ukrainern.
„Seit Beginn des Krieges reise ich regelmäßig in die Ukraine. Im Übrigen bin ich derzeit in Kiew. Auch hier nehme ich Desinformation wahr, allerdings richtet sie sich gegen die Polen“, teilte der Analytiker mit. Ihm zufolge würde die russische Propaganda in Polen vor allem historische Themen, angebliche Undankbarkeit und vermeintliche Gesetzesverstöße von Ukrainern hervorheben.
In der Ukraine hingegen verbreiten, so Adamski, mit ukrainischen nationalistischen Kreisen verbundene Personen häufig historische Fälschungen aus der Zeit vor etwa neun bis zehn Jahren. Beispielsweise Behauptungen, Hitler habe an der Beerdigung Piłsudskis teilgenommen oder Polen habe gemeinsam mit Deutschland die Tschechoslowakei aufgeteilt, so der Experte. Adamski nach sei diese Narrative im Kreml erfunden und dann in nationalistische ukrainische Kreise „eingeschleust“ worden – unter Menschen, die keinerlei Verbindungen zu Russland haben und gegen das Land kämpfen, sie aber dennoch unbewusst verbreiten.
Kreml finanziert Hassrede gegen Ukrainer
Wie Łukasz Adamski weiter erklärt, versuche Russland intensiv, die Unterstützung der polnischen Gesellschaft für die Ukraine im Kampf um ihre Unabhängigkeit zu verringern. Gleichzeitig sei es schwierig, die Polen von prorussischen Parolen zu überzeugen. Deshalb investiere Russland erhebliche Mittel, um Hass gegen Ukrainer in polnischen sozialen Medien zu verbreiten. Kürzlich sei das Budget der für diese Maßnahmen verantwortlichen russischen Strukturen noch weiter erhöht worden.
Der stellvertretende Leiter des Mieroszewski-Zentrums betont, dass die Situation in Polen speziell sei, da das Land weiterhin eine relativ hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber prorussischen Parolen aufweise. Sie sei das Ergebnis jahrhundertelanger Erfahrungen mit Russland. Zugleich habe Polen historische Erfahrungen nicht nur mit Russland, sondern auch mit der Ukraine. Geschichte spiele für die polnische Gesellschaft eine große Rolle – weit mehr als in anderen europäischen Ländern. Und Russland nutze dies gezielt aus, fast der Experte zusammen.
PAP/PR/ps