Deutsche Redaktion

Polen überholt erstmals ein Land der alten EU

16.08.2019 10:35
Wie hat sich die Einstellung der Regierungspartei zu Schlesien gewandelt? Wen wollen die Polen in Zukunft als Regierungschef? Und wie steht es derzeit um die polnische Wirtschaft? Die Antworten in der aktuellen Presseschau.
Presseschau
Presseschaupixabay.com/CC0

RZECZPOSPOLITA: Wahlkampfparade

Es habe sich viel verändert, wenn es um die Einstellung der Partei Recht und Gerechtigkeit gegenüber Oberschlesien geht, stellt in ihrem Kommentar die Tageszeitung Rzeczpospolita fest. Noch vor wenigen Jahren sei in einer politischen Stellungnahme der Partei zu lesen gewesen, dass sie zwar die Kaschuben und Schlesier akzeptieren und sehr hoch schätzen würde, die Feststellung aber, dass es ein schlesisches Volk gebe, betrachteten die Politiker damals noch als eine, wie es hieß, versteckte deutsche Option. Die Rede von einem schlesischen Volk sei für die PiS-Politiker ein Versuch gewesen, sich von dem Polentum zu distanzieren. Damals habe sich die Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit auf den Wahlkampf vorbereitet. Der wichtigste politische Gegner seien die Bürgerplattform (PO) und deren Chef Donald Tusk – ein gebürtiger Kaschube – gewesen.

Auch jetzt bereite sich die Partei auf die bevorstehenden Herbstwahlen vor, lesen wir weiter. Nur nehme sie den Kampf als eine starke Regierungspartei auf, der einige Umfragen eine Zustimmung von über 40 Prozent prophezeien. Die Schlesien-kritische Rhetorik auch heute zu wiederholen wäre unbedacht, meint Rzeczpospolita. Denn Oberschlesien könnte der Regierungspartei viele neue Stimmen garantieren.

Vor acht Jahren habe die Bezeichnung „versteckte deutsche Option” in Bezug auf die Schlesier verursacht, dass die PiS in Oberschlesien mit ihrem politischen Konkurrenten haushoch verloren hatte. Vor vier Jahren konnte die Partei die Wahl schon knapp mit der damals noch starken PO gewinnen. Und nun wachse der Appetit, lesen wir. Aus diesem Grund habe der amtierende Premierminister den ersten Platz auf den oberschlesischen Wahllisten der PiS-Partei bekommen. Aus diesem Grund wurde auch die großangelegte Militärparade am Tag der Armee in diesem Jahr von Warschau nach Katowice versetzt, wo Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak die schlesischen Aufständischen als ein Beispiel für polnische Soldaten darstellte. Tatsächlich habe sich seit 2011 Vieles in Bezug auf die südliche Region Polens in der politischen Rhetorik der PiS verändert, stellt Rzeczpospolita fest.

 

SUPER EXPRESS: Wer soll Premierminister werden?

Die Wahlkampfthematik taucht auch in der neuen Ausgabe der Tageszeitung Super Express auf. Das Ergebnis der Parlamentswahlen im Herbst bleibe mehr oder weniger unklar, lesen wir. Doch allem Anschein nach werde die Regierungspartei Anfang Oktober einen weiteren Sieg verzeichnen können. Die Tageszeitung fragt daher, wer den Posten des Premierministers übernehmen sollte, würde sich dieses Szenario verwirklichen. Einer Meinungsumfrage, die im Auftrag der Tageszeitung durchgeführt wurde, sei zu entnehmen, dass es einen klaren Favoriten gäbe. Die Mehrheit der Polen wünsche sich weder die Rückkehr von Beata Szydło, noch die von Parteichef Jarosław Kaczyński in die Kanzlei des Premierministers. Beinahe die Hälfte der Befragten möchte, dass nach einem eventuellen Wahlsieg der PiS-Partei Mateusz Morawiecki weiterhin den Posten des Regierungschefs innehat. In Bezug auf die enorme Popularität seiner Vorgängerin Beata Szydło sei das schon eine Überraschung.

Nach den Gründen für den Stimmungswechsel fragte das Blatt den Politologen, Professor Kazimierz Kik. Die Polen wollten keine Änderung des Premierministers, weil sie eine Verschlechterung der ökonomischen Situation befürchteten, meint Kik. Viele würden davon ausgehen, dass die sehr gute wirtschaftliche Lage ein Verdienst der Politik von Mateusz Morawiecki sei. Er verkörpere die wirtschaftlichen Erfolge der regierenden Partei. Nach der letzten Wahl der neuen EU-Kommissionschefin habe Morawiecki darüber hinaus bewiesen, dass er auch auf der internationalen Arena wirksam agieren könne, so Kazimierz Kik in der Tageszeitung Super Express.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Polen überholt erstmals ein Land der alten EU

Auf die sich verbessernde Wirtschaftslage Polens bezieht sich in der neuen Ausgabe auch die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Zum ersten Mal sei es Polen gelungen, ein Land der „alten Union” zu überholen. Im vergangenen Jahr habe der statistische Pole mehr Geld für seine Einkäufe ausgegeben, als der statistische Grieche. Das geht aus eine Studie des europäischen Statistikamtes Eurostat hervor. In Polen habe der Wirtschaftskonsum das Niveau von 77 Prozent des EU-Durchschnitts erreicht – in Griechenland seien es 76 Prozent gewesen.

Zum Vergleich: ein Jahr zuvor haben die durchschnittlichen Ausgaben der Griechen ebenfalls 76 Prozent erreicht, die der Polen 75 Prozent, erinnert das Blatt. Seit dem EU-Beitritt Polens habe sich die Lage gewaltig verändert. Vor 15 Jahren sei der Abstand zwischen Polen und Griechenland gigantisch gewesen. Der statistische Pole habe für seine Einkäufe damals lediglich 54 Prozent des EU-Durchschnitts ausgegeben. In Griechenland waren es 98 Prozent.

Der Bankrott der Griechen und die darauffolgende Krise hätten weitgehend zu der Verarmung der griechischen Gesellschaft geführt. Aber nicht nur die finanzielle griechische Katastrophe habe zu dem sehr guten polnischen Ergebnis in letzter Zeit geführt. Seit Jahren klettere Polen mühsam der Berg hinauf. Davon zeuge die Tatsache, dass auch die Kluft zwischen den Ausgaben der polnischen und deutschen Konsumenten mit den Jahren immer kleiner werde, so Dziennik Gazeta Prawna.

 

Jakub Kukla