Deutsche Redaktion

Polen-Deutschland: Zwischen Deklarationen und wirklicher Politik

17.09.2019 13:47
Klaffen die Deklarationen und die Politik Deutschlands zum Zweiten Weltkrieg auseinander? Ist die Angst vor dem Spionagesystem Pegasus übertrieben? Und quo vadis Opposition? Mehr zu diesen Themen in der Presseschau.
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Fakt24: Polen-Deutschland: Zwischen Aussagen und wirklicher Politik 

Deutschland ist nicht bestrebt, den polnischen Opfern seiner Besatzung im Zweiten Weltkrieg gesondert zu gedenken, beobachtet der Politikwissenschaftler Bartłomiej Radziejewski in seinem Kommentar für das Boulevard-Blatt Fakt.

Neuerdings, so der Autor, setze sich westlich der Oder immer stärker die Idee durch, alle Kriegsopfer im Osten gemeinsam zu ehren. Die Angelegenheit, so Radziejewski, rufe in Polen zurecht Verbitterung hervor. Die Idee sei umso verdächtiger, da der deutsche Außenminister Heiko Maas kurz vor dem 1. September, anlässlich des 80. Jahrestages des Molotow-Ribbentrop-Pakts in Moskau wirtschaftliche und politische Interessen verfolgt habe. Bedeute das, dass Polen zum Jahrestag der deutschen Aggression auf Polen nichts außer einer Handvoll Klischees erhalten habe, fragt Radziejewski? Natürlich, so der Autor weiter, Polen haben viele Staats- und Regierungschefs besucht und das polnische Heldentum gelobt. Der Bundespräsident habe sogar um Vergebung gebeten. Doch die reale Politik scheine leider eine völlig andere Richtung einzuschlagen, so Radziejewski für Fakt24.

  

Dziennik Gazeta Prawna: Irrationale Angst vor dem Pegasus-Abhörsystem

Die Diskussion darüber, ob polnische Informationsdienste im Besitz des Pegasus-Abhörsystems sind, ist zu einem wichtigen Element des Wahlkampfs geworden und soll die Wählerschaft in Angst versetzen, schreibt indes das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Das Thema des Spionagesystems, das Zugang zu Privatgesprächen und Einblick in fremde Handys und Laptops liefert, erinnert das Blatt, sei schon seit über einem Jahr bekannt und ist nun, kurz vor den Wahlen wiederbelebt worden.

Der Grund: Es, so Dziennik, soll der Eindruck entstehen, dass die Regierung PiS eine massive Überwachung aller Polen führe. Dies sei jedoch eine starke Übertreibung. Der tatsächliche Skandal wäre die Abwesenheit solcher Technologien in polnischen Sicherheitsdiensten. Denn dies würde bedeuten, dass Polen nicht alle verfügbaren Lösungen nutze, um die Sicherheit des Staates und der NATO zu garantieren.

Unter Abgeordneten, die täglich vom Sejm gespendete Tablets verwenden, und Polen, die Postfächer auf amerikanischen Servern einrichten, auf denen die NSA ihr Unwesen treibe, sei daher irrational, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Rzeczpospolita: Intellektuelle Hilflosigkeit der Opposition


In der Rzeczpospolita versucht unterdessen der Journalist und Theaterkritiker Piotr Zaremba, das Wesen der politischen Debatte in Polen vor den Wahlen zu erfassen. In der letzten Phase des Wahlkampfs, so Zaremba, hätten beide Lager den Streit endgültig auf die Ebene verschoben, die die Polen wahrscheinlich am meisten interessiert: soziale und ökonomische Perspektiven. Die Versprechen der PiS seien in diesem Wettbewerb klarer, findet Zaremba. Und das obwohl die PiS gezeigt habe, dass alle anderen Elemente ihres Programms, das einst die Identität der Regierungspartei definierte, nur noch eine Ergänzung des sozialen Verteilungspakets darstellen. Weder Kaczyński noch Ministerpräsident Morawiecki, überzeugt Zaremba, seien sich sicher, dass sie gewinnen werden, indem sie Polen weiterhin anbieten, im Verhältnis zum Ausland von den Knie aufzustehen oder an traditionellen Werten festzuhalten.

Wenn man alle Botschaften zusammenfasse, lesen wir, bekomme man den Eindruck, dass die Geschichte der Regierungspartei kohärenter sei, und die Opposition sich lediglich als Mitautor aller Veränderungen präsentiere, die sie paradoxerweise gleichzeitig als nationale Tragödie darstelle. Diese Strategie der Opposition sei sehr ungeschickt, findet der Autor und die Lautstärke ihrer sozialen Versprechen und sozialen Ideen lasse sie wie Strassengaukler aussehen. Wähler könnten die sozialen Leidenschaften der Opposition nicht als etwas Ernstes betrachten, überzeugt Zaremba abschließend. Die einstigen Liberalen jonglieren heute nämlich nur noch mit Zaubertricks. Wenn die Wähler also die Wahl zwischen gefälschten und originellen Ideen haben, so Zarembas Fazit, dann werden sie wahrscheinlich häufiger das Original wählen.


Autor: Piotr Siemiński