Deutsche Redaktion

Neue Regierung? Eile mit Weile

16.10.2019 12:22
Führendes Thema in den Tageszeitungen bleiben auch heute Analysen und Zukunftsszenarien nach den Parlamentswahlen vom Wochenende. 
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Rzeczpospolita: Neue Regierung? Eile mit Weile

"Neue Regierung? Eile mit Weile", schreibt auf ihrem heutigen Aufmacher die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita. Wie Politiker der Regierungspartei inoffiziell verraten, lesen wir, werde sich die Vereinigte Rechte mit der Berufung des neuen Kabinetts nicht beeilen. Zudem, so Rzeczpospolita, deute - trotz der Vorbehalte der Sympathiker von Justizminister Ziobro, laut denen einige Fehler der Wahlkampagne den Premierminister belasten - darauf hin, dass an der Regierungsspitze erneut Mateusz Morawiecki stehen werde. Als alternative Kandidaten würden zwar auch Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak, Ex-Ministerpräsidentin Beata Szydło oder gar PiS-Chef Kaczyński gelten. Doch hinter der Kandidatur Morawieckis würde eben auch der Parteichef selbst stehen, verrät dem Blatt ein hochrangiger PiS-Politiker. Laut Grundgesetz, erinnert das Blatt, könne sich die PiS bei der Entscheidung Zeit lassen. Geht es nach Gesprächspartnern aus der Regierungspartei, werde die neue Regierung vermutlich im November ihre Arbeit aufnehmen, so die Rzeczpospolita. 

 

Dziennik/Gazeta Prawna: PiS rüstet sich für Krieg um den Senat

Ähnliche Prognosen sind heute auch im Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna zu finden. Denn bevor das Parlament zusammenkomme, beobachtet das Blatt, wolle die PiS noch alles tun, um die Kontrolle über den Senat zu übernehmen. Die Opposition, erinnert Dziennik/Gazeta Prawna, habe nach den Wahlen 48 Senatoren und drei unabhängige Abgeordnete, auf die sie zählen könne - und damit eine knappe Mehrheit im Senat. Daher würde die PiS schon sondieren, ob sich dies nicht doch noch ändern lasse. Die Regierungspartei, lesen wir, würde gerne zwei oppositionelle Senatoren auf ihre Seite ziehen. Das würde erstens die Wahl eines für die PiS akzeptablen Senats-Präsidenten erlauben und zweitens das Risiko mindern, dass die Oberkammer in den Händen der Opposition aufhört, eine Maschine zum schnellen Durchpeitschen von Gesetzen zu sein. “Das Parlament wird nicht zusammenkommen, bevor wir nicht sicher sind, dass wir 51 Senatoren haben”, verrät dem Blatt ein Politiker der Regierungspartei. Ewig, so die Zeitung, könne die PiS die erste Sitzung jedoch nicht hinauszögern. Der letzte mögliche Termin sei der 12 November.

Inoffiziell heiße es auch, dass Präsident Andrzej Duda sich nicht mit der Parlamentssitzung beeilen wolle, bei der der aktuelle Regierungschef sein Amt niederlege. Dafür könne noch das alte Parlament die Chance nutzen, um den kompromittierten Chef der Obersten Kontrollkammer NIK auszuwechseln. Ob es dazu kommen werde, würden wir noch heute erfahren, so Dziennik/Gazeta Prawna.  



G
azeta Wyborcza: Die Bürgerplattform braucht Erneuerung

Der Publizist der linksliberalen Gazeta Wyborcza, Piotr Stasiński appelliert indes an die Parteispitze der Bürgerplattform darum, die Verantwortung für die Wahlschlappe zu übernehmen und so schnell wie möglich Platz für neue Gesichter zu machen. Es wäre nicht gut, so der Autor, wenn die Gruppierung die Zeit für Routine-Abrechnungen in der Partei vergeuden würde. Das würde eine gesunde Erneuerung in der Gruppierung blockieren. Das Parlament, beobachtet Stasiński, sei dank einer Vielzahl von neuen Abgeordneten durchlüftet worden, einen ähnlichen Wandel würde auch die Bürgerplattform brauchen. Er habe neulich jemanden sagen hören: “Sie haben es nicht verdient, zu gewinnen, aber wir haben es nicht verdient, dass sie verlieren”. Er würde nicht wollen, dies noch einmal hören zu müssen, so Piotr Stasiński in der Gazeta Wyborcza. 

 

Rzeczpospolita: Kidawa-Błońska oder Tusk?

Im Kommentar von Bogusław-Chrabota in der Rzeczpospolita geht es indes um die nahenden Präsidentschaftswahlen. Kidawa-Błońska oder Tusk - auf wen wird die Opposition beim Rennen um den Präsidentschaftsposten setzen? Geht es nach Chrabota, habe Kidawa-Błońska die größeren Chancen auf eine Kandidatur. Erstens, so der Publizist, sei die Vize-Parlamentspräsidentin nach den Parlamentswahlen unter den Wählern erkennbar und habe ein reelles demokratisches Mandat von den Bürgern erhalten. Zweitens könne sie, im Gegensatz zu Donald Tusk, ihre Kampagne schon morgen starten und nicht erst im Dezember. Und der Start der Kampagne sei wichtig, da die Regierungspartei ihre Kampagne schon einen Tag nach den Wahlen begonnen habe. Und drittens schließlich sei Kidawa-Błońska viel schwieriger anzuschwärzen, als der “schwarze Peter” der PiS-Narration Tusk. Tusk werde eben immer nicht nur von seinen Erfolgen, aber auch von seinen Fehlern belastet sein, so Bogusław Chrabota in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 

 

Autor: Adam de Nisau