Deutsche Redaktion

Chance auf polnisch-israelischen Durchbruch

28.01.2020 13:02
Die gestrige Einladung von Staatspräsident Duda durch dessen israelischen Amtskollegen Reuven Rivlin nach Jerusalem ein gutes Zeichen für die Zukunft, lesen wir in der Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch um geplatzte E-Mobility-Träume, eine überraschende Umfrage zum Streit um die Justizreform und eine ernüchternde Bilanz des Familienförderprogramms 500+.
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Rzeczpospolita: Chance auf polnisch-israelischen Durchbruch

Über die Chance eines Durchbruchs in den polnisch-israelischen Beziehungen nach den gestrigen Gedenkfeierlichkeiten in Auschwitz schreibt in seinem Kommentar für die konservative Rzeczpospolita der Publizist Michał Szułdrzyński. Am Rande der Gedenkzeremonie sei es gestern, wie der Autor erinnert, erstmals seit zwei Jahren zu einem Treffen der Staatsoberhäupter beider Staaten gekommen, das heißt seitdem sich die beidseitigen Beziehungen infolge der Verabschiedung des sogenannten Holocaust Laws durch das polnische Parlament verschlechtert hatten. Einige Monate nach der Verabschiedung des Gesetzes habe sich die Regierung PiS zwar aus den kontroversesten Vorschriften zurückgezogen und die Regierungschefs Morawiecki und Netanjahu hätten eine entsprechende historische Deklaration unterzeichnet, die alle Zweifel zu den historischen Tatsachen ausräumen sollte. Doch die Beziehungen seien nicht besser geworden. Nach der Abberufung der Israel-Visite durch Morawiecki aufgrund der antipolnischen Aussage des israelischen Außenministers habe zwischen beiden Staaten lange eine kühle Atmosphäre geherrscht. Und das obwohl, wie der Autor betont, die Gesellschaften beider Länder in derselben Zeit blendend zusammengearbeitet hätten und Polen in den wichtigsten Bereichen ein treuer Verbündeter Israels geblieben sei, was unter anderem die Organisierung der Nahostkonferenz in Warschau zeige, deren Schwerpunkt die Politik gegenüber dem Iran gewesen sei. 

Daher, so Szułdrzyński, sei die gestrige Einladung von Staatspräsident Duda durch dessen israelischen Amtskollegen Reuven Rivlin nach Jerusalem ein gutes Zeichen für die Zukunft. Sie biete die Chance, sich endlich aus dem zweijährigen Pat zu befreien. Natürlich würde man sich weiterhin in vielen Bereichen unterscheiden. Doch die Gemeinschaft der Erinnerung, die am Montag einige zig Präsidenten, Premierminister, Könige und Prinzen in Auschwitz vereinte, habe zur Folge, dass die Beziehungen zwischen dem polnischen und dem israelischen Volk immer einen besonderen Charakter haben werden. 

Wir, so der Autor, dürfen diese Chance auf eine Aussöhnung jetzt nicht für kurzfristige politische Zwecke opfern. Und solche Versuchungen werden vor dem Hintergrund der Wahlkampagnen in beiden Ländern präsent sein. Im März würden die Israelis den Kneset wählen und in Polen sind für den Mai die Präsidentschaftswahlen geplant. Doch er zähle darauf, dass die beidseitigen Beziehungen nichtsdestotrotz nicht zu einer Geisel der radikalen Lager an der Weichsel oder zwischen dem Mittelmeer und dem Fluss Jordan werden, so Michał Szułdrzyński in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita. 



Rzeczpospolita: Aus der Traum von E-Mobility

Die steigenden Strompreise gefährden die weitere Entwicklung der Elektromobilität in Polen, beobachtet in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita der Publizist Michał Niewiadomski. Als würde es nicht reichen, dass die polnische Regierung seit Jahren Millionen in ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Projekt eines eigenen polnischen Elektro-Autos pumpt, statt beispielweise Forschungsprojekte polnischer Ingenieure zu unterstützen, die an extrem ergiebigen Batterien arbeiten. Und als wäre es nicht genug, dass die Regierung die Zuschüsse für neue E-Autos offenbar von den ursprünglich geplanten 37,5 Tausend Złoty auf 19 Tausend Złoty reduzieren will. Nun würden die steigenden Strompreise die Nutzung von E-Mobility auch noch unrentabel machen. Denn die Zurücklegung von 100 Kilometern mit einem solchen E-Auto sei gerade teurer geworden, als die Zurücklegung derselben Trasse mit einem Diesel. Damit müsse man vom bisher wichtigsten Argument für E-Autos Abschied nehmen, also ihrer preiswerten Nutzung. Der polnische Fluch, und damit meine er Kohle, begrabe erneut die polnischen Chancen nicht nur auf Entwicklung sondern auch auf den Kampf um saubere Luft. Denn jetzt würden nur noch die bewusstesten individuellen Nutzer und Kommunalpolitiker, die für ihre Gemeinden Busse bestellen, auf die Entwicklung des emissionslosen Transports setzen, so Michał Niewiadomski im Kommentar für Rzeczpospolita. 



Dziennik/Gazeta Prawna: Mehrheit der Polen steht auf Seiten des Obersten Gerichtshofs

Im Streit um die Justizreform stehen die meisten Wähler auf der Seite des Obersten Gerichtshofs, schreibt in seinem heutigen Aufmacher das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts United Survey, lesen wir, seien 51,3 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Obersten Richter mit ihrer letzten Entscheidung zur Legalität der vom neuen Gerichtsrat nominierten Richter recht hat. Diese hatten am Donnerstag entschieden, dass die neuen Richter künftig nicht mehr urteilen dürfen. Die Stellung der Regierung, laut der die Wahl des Gerichtsrats und die Nominierung der neuen Richter legal verlaufen ist, würden laut dem Blatt nur 22 Prozent der Befragten unterstützen, auch unter den Wählern der Regierungspartei sei die Zahl der Unentschiedenen überraschend hoch. Die PiS würde derweil jedoch weiterhin an ihrem harten Kurs festhalten. So habe der Staatspräsident gestern beim Verfassungsgericht die Analyse der Vorschriften beantragt, auf deren Grundlage die Obersten Richter ihre Entscheidung zur Legalität der neuen Richter gefällt hatten. Jeden Moment wird zudem auch die Unterschrift von Präsident Duda unter dem neuen Disziplinierungsgesetz erwartet, dass es Richtern verbietet, den Status ihrer neu-nominierten Kollegen anzufechten, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna. 



Dziennik/Gazeta Prawna: 500+ hat Trend nicht umgekehrt 

Das Familienförderprogramm 500+ hat den bisherigen demographischen Trend nicht umkehren können, so dass die polnische Bevölkerung weiterhin schrumpft, lesen wir ebenfalls in Dziennik/Gazeta Prawna. Wie ein gestern veröffentlichter Bericht des Hauptstatistikamts GUS zur Geburtenzahl zeige, lesen wir im Artikel, seien vom Januar bis zum November 2019 um 13 Tausend junge Polen weniger zur Welt gekommen, als im selben Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Geburten sinke schon seit zwei Jahren. Als wichtigste Gründe für den Trend führt die Zeitung Änderungen in der demographischen Struktur (weniger Frauen im Fortpflanzungsalter), aber auch kulturelle Trends an. Es, so die Zeitung, wachse die Gruppe der kinderlosen Familien, auch derjenigen, die bewusst auf Nachwuchs verzichten. Und das könne, wie Experten betonen, das Programm 500+ nicht ändern, so Dziennik/Gazeta Prawna.  

Autor: Adam de Nisau