Deutsche Redaktion

WSJ: Osteuropäische Entschlossenheit in Bekämpfung der Pandemie

15.04.2020 10:16
Während in Westeuropa die Krankenhäuser mit Infizierten und die Leichenhallen mit Todesopfern von COVID-19 überfüllt seien, sei die Lage in den östlichen Staaten der EU mehr oder weniger unter Kontrolle. Der Grund dafür liege unter anderem in einem begrenzten Vertrauen in das eigene Gesundheitssystem, meint Wall Street Journal.
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Illustrationsbildshutterstock/Brian A Jackson

WALL STREET JOURNAL: Osteuropäische Entschlossenheit in Bekämpfung der Pandemie 

In ihrer Internetausgabe beruft sich die Tageszeitung Dziennik auf einen Kommentar in der Wall Street Journal. Geht es nach dem Blatt könnte Osteuropa den westlichen Ländern der EU in Bezug auf die Bekämpfung der Pandemie eine Lektion erteilen. Während in Westeuropa die Krankenhäuser mit Infizierten und die Leichenhallen mit Todesopfern von COVID-19 überfüllt seien, sei die Lage in den östlichen Staaten der EU mehr oder weniger unter Kontrolle. Der Grund dafür liege unter anderem in einem begrenzten Vertrauen in das eigene Gesundheitssystem.

Die ärmeren Länder Osteuropas hätten Angst gehabt, dass eine Epidemie deren Gesundheitssysteme sprengen könnte. Deshalb hätten sich die Regierungen in Warschau, Prag oder Bratislava viel schneller dazu entschlossen, sehr radikale Sicherheitsmaßnahmen einzuführen. Zur gleichen Zeit habe man noch in Deutschland Karneval gefeiert und die Italiener hätten Stadien besucht, um ihre Lieblingsmannschaften anzufeuern. Nicht ohne Bedeutung sei zwar die geringere Zahl von Touristen in den östlichen Ländern der EU im Vergleich mit den Weststaaten, doch den westeuropäischen Gesellschaften habe man eingeredet, dass der technologische Fortschritt sie vor jeder Gefahr beschützen werde. Daraus resultierte die falsche Überzeugung, dass man viel Zeit habe, um sich auf die Epidemie vorzubereiten.

Darüber hinaus hätten auch einige Regierungen aus dem Weste aus Angst vor negativen Folgen für die eigene Wirtschaft mit der Einführung von weitgehenden Sicherheitsvorkehrungen gezögert. Keiner der Oststaaten sei für die Gefahr ausreichend vorbereitet gewesen, schreibt WSJ abschließend. Das medizinische Personal habe sich beschwert, es gäbe zu wenig Medikamente und medizinische Ausrüstung. Dennoch sei es den Osteuropäern gelungen Chaos zu vermeiden, das man in einigen Krankenhäusern in den USA, Italien oder Spanien beobachten könne.

RZECZPOSPOLITA: Boykott ist unproduktiv

Die Präsidentschaftswahl im Mai werde es in Polen nicht geben, stellt in seinem Kommentar der Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita,Bogusław Chrabota fest. Sie könnte nur dann erfolgen, wenn es zu einem Wunder käme und die Epidemie von Tag zu Tag aufhören würde. Mit einem Wunder solle man aber eher nicht rechnen. Auch wenn es in der zweiten Aprilhälfte zu einer Verlangsamung der Erkrankungen käme, wäre es sowieso zu spät: es gab keinen normalen Wahlkampf, das öffentliche Leben sei in vielen Aspekten beschränkt worden und die Regierenden riefen dazu auf, die eigenen vier Wände nicht zu verlassen und den Kontakt mit andern Menschen bis aufs Minimum zu begrenzen. Außerdem sei der gesellschaftliche Widerstand gegen diese Wahl sehr groß.

Also noch einmal: die Präsidentschaftswahl werde es im Mai nicht geben, schreibt Chrabota und fügt hinzu, dass es nicht bedeute, dass es die Wahl überhaupt nicht geben werde. Und eben aus diesem Grund habe die Opposition einen großen Fehler begangen, indem sie zum Boykott der Wahl aufgerufen habe. Solche Einstellung demobilisiere die eigene Wählerschaft, was übrigens die Kandidatin der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) auf eigener Haut erlebt habe. Die Stellung von Małgorzata Kidawa-Błońska werde in allen Meinungsumfragen immer schwächer. Dies werde bald zu immer schlechteren Ergebnissen ihrer Partei führen. Sei das tatsächlich das Ziel der Parteiführung? - fragt der Publizist rhetorisch.

Wenn es zu der Wahl endlich komme, und das werde doch früher oder später erfolgen, werde es schwierig sein, die eigene Wählerschaft erneut zu mobilisieren. Eine ausgeglichene Wahl des Präsidenten werde es nur dann geben, wenn Kidawa-Błońska und die Wähler der Bürgerplattform zurück im politischen Spiel sein werden, so Bogusław Chrabota in der Rzeczpospolita.


DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Angst der Postkommunisten 

Die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna zitiert heute den Chef der Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński. Geht es nach dem Politiker, sei die Opposition unreif und habe das Wesen der Demokratie nicht verstanden. In dem Zeitungsinterview sagt Kaczyński, dass die oppositionellen Gruppierungen in Polen dazu unfähig seien die Demokratie zu akzeptieren. Man akzeptiere die demokratischen Regeln, wenn man sich dessen bewusst werde, dass man nicht immer regieren, sondern auch ab uns zu in den Oppositionsreihen sitzen müsse. Doch die jetzige Opposition in Polen, sei nicht im Stande die Ergebnisse der Wahlen anzunehmen.

Der PiS-Partei werde vorgeworfen, sie hätten kein demokratisches Mandat um die Macht auszuüben. Man werfe den Regierenden sogar vor, sie wollten die Demokratie zerstören, beklagt Kaczyński. Dabei bleibe seine Diagnose seit vielen Jahren unverändert. Er sei konsequent, stellt der Politiker fest. Seit den 90-er Jahren versuche er mit seiner Gruppierung das postkommunistische Modell in Polen zu verändern und den Einfluss der Postkommunisten auf die Situation in Polen zu beschränken. Die Nutznießer des bisherigen Modells seien mit diesen Plänen selbstverständlich nicht einverstanden, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.


Jakub Kukla