Deutsche Redaktion

Dziennik: Die Epidemie wird wahre Anführer zum Vorschein bringen

21.04.2020 12:24
Tiefe Krisen, wie die Gegenwärtige, treiben eine rücksichtslose Selektion voran. Angelegenheiten, die Politiker und Medien bisher verfolgt haben, seien derzeit völlig irrelevant. Mit dieser neuen Realität beginne europaweit die Suche nach Führungskräften, die die wichtigsten Dinge sehen und den Menschen Hoffnung für die Zukunft geben können.
Presseblick
PresseblickPixabay.com/ССO/

Tiefe Krisen, wie die Gegenwärtige, treiben eine rücksichtslose Selektion voran. Angelegenheiten, die Politiker und Medien bisher verfolgt haben, seien derzeit völlig irrelevant. Mit dieser neuen Realität, überzeugt Andrzej Krajewski in seinem Kommentar, beginne europaweit die Suche nach Führungskräften, die die wichtigsten Dinge sehen und den Menschen Hoffnung für die Zukunft geben können.

Die erste Phase dieses Castings, sei die Auswahl wichtiger und unwichtiger Themen. Die jüngste parlamentarische Debatte über Abtreibung, die immer Millionen Polen in Aufruhr versetzt habe, bemerkt der Autor, stieße diesmal zur Überraschung polnischer Medien und Politiker auf komplettes Desinteresse der Bevölkerung. Für die derzeitige politische Klasse sei dies aber nur der Beginn aller Sorgen, überzeugt Krajewski und fügt hinzu, dass Politiker und Medien ihren Beruf bis jetzt in einer ganz anderen Realität ausgeübt haben. Es werde deshalb schwierig sein, plötzlich seine Gewohnheiten und bislang wirksamen, soziotechnischen Tricks aus ungefährdeten Zeiten zu ändern. Alte Streitigkeiten träfen plötzlich auf taube Ohren, stellt Krajewski fest, weil die Epidemie und der darauf folgende wirtschaftliche Abschwung neue Grenzen ziehe.

In Polen sei die Situation verwirrend, da Parteichef Jarosław Kaczyński, der in keiner Weise unmittelbar am Kampf gegen die Epidemie beteiligt sei, die Fäden der Macht ziehe. Nominell sei das Staatsoberhaupt der Präsident, aber wenn Andrzej Duda seine Stellungnahme zu den für Mai geplanten kontroversen Korrespondenzwahlen beibehalte, sei es, kaum zu glauben, dass er später auf der politischen Szene noch ernst genommen werde.

Der Kampf gegen die Krise werde hingegen von Premierminister Morawiecki und Gesundheitsminister Szumowski realistisch durchgeführt. Keiner von ihnen habe allerdings in der Regierungspartei den Status eines Anführers.

Eine solche politische Regelung, heißt es weiter, die immer mehr an die Herrschaft des sogenannten "Sanacja"-Machtlagers zu Beginn der Weltwirtschaftskrise aus dem XX Jahrhundert erinnere, werde wahrscheinlich noch für einige Zeit stabil funktionieren. Es fehle jedoch ein Schlüsselfaktor - eine angesehene Person mit Hochachtung für schwere Zeiten. Nach der Auswahl wichtiger und irrelevanter Themen, überzeugt der Autor, werden Polen unweigerlich nach jemandem wie diesem suchen.


RMF/DoRzeczy: Regierung will Übernahme von polnischen Unternehmen blockieren

Diese Woche will die Regierung ein Paket vorbereiten, das die Übernahme von polnischen Unternehmen während der Corona-Krise blockiert, das habe der private Radiosender RMF FM erfahren auf den sich am Dienstag verschiedene polnische Medien  berufen. Zumal der Wert vieler polnischer Unternehmen an der Börse um bis zu 30 Prozent gefallen sei. Aus diesem Grund wolle die Regierung ausländischen Investoren deren Übernahme erschweren. Laut RMF soll eine Liste von Sektoren erstellt werden, in denen jede Akquisition eine staatliche Genehmigung erfordere. Der Plan gehe davon aus, dass Unternehmen in Schwierigkeiten in der Lage sein sollen, ihre Börsennotierung für lange Zeit schnell auszusetzen oder die Börse zu verlassen.

Laut einer für das Magazin DoRzeczy durchgeführten Umfrage sollen 67 Prozent von Befragten der Ansicht sein, dass der Staat ,aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie, die Übernahme polnischer Unternehmen durch ausländische Unternehmen blockieren sollte. So habe Deutschland, erinnert das Blatt, bereits ähnliche Maßnahmen zum Schutz inländischer Unternehmen ergriffen.


Piotr Siemiński