Deutsche Redaktion

Abschied von Stefan Hambura

04.05.2020 11:31
Sechs Tage vor der Präsidentschaftswahl stellen die Zeitungen Alternativszenarien vor. Die Presse nimmt auch Abschied vom verstorbenen Rechtsanwalt Stefan Hambura.  
Rechtsanwalt Stefan Hambura
Rechtsanwalt Stefan HamburaBild: STEFAN MASZEWSKI/REPORTER

PLUS MINUS: Stefan Hambura ist tot  

Die Wochenzeitschrift Plus Minus druckt einen Nachruf auf Stefan Hambura. Der bekannte Berliner Rechtsanwalt ist am Wochenende im Warschauer Krankenhaus im Alter von 59 Jahren gestorben. Während seiner Kindheit in Oberschlesien habe man ihn oft einen Deutschen genannt, schreibt Plus Minus. Nach seiner Ausreise aus Polen habe er sich in Deutschland als Rechtsanwalt um die Rechte der Polen gekümmert. Dann habe er des Öfteren gehört, er sei ein polnischer Chauvinist. Wahr sei, dass Stefan Hambura stärker und lauter als die meisten seiner Kollegen im Beruf gehandelt habe. Seine Zweisprachigkeit habe es ihm ermöglicht, sich eingehend mit den deutsch-polnischen Angelegenheiten zu beschäftigen. 

Man habe ihm politisches Engagement vorgeworfen. Seine Handlungsweise habe man manchmal auch als eine Gefährdung der freundlichen deutsch-polnischen Beziehungen angesehen. Gegen eine solche Sichtweise habe er sich jedoch entschlossen gewehrt. Die Tatsache, dass man über Unregelmäßigkeiten spreche sei kein Aufhetzen gegeneinander. Im Gegenteil – eine gute Nachbarschaft könne sich erst dann entwickeln, wenn man über die Unklarheiten offen spreche, erwiderte der Rechtsanwalt. 

In den letzten Jahren habe Stefan Hambura vor Gericht unter anderem Familien der Flugzeugkatastrophe von Smoleńsk vertreten. Er habe zur Verurteilung von Tomasz Arabski, eines engen Mitarbeiters Donald Tusks beigetragen, der für die Vorbereitung der Visite im Jahr 2010 mitverantwortlich war. Er habe auch die in Deutschland lebenden Polen im Streit mit Jugendämtern repräsentiert. Im Jahr 2017 sei der Rechtsanwalt einen Hungerstreik eingetreten. Mit dieser Protestaktion kämpfte Stefan Hambura für die Anerkennung der Polen in Deutschland als nationale Minderheit, erinnert die Wochenzeitschrift. In einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte Stefan Hambura darüber hinaus, die Berliner Gedenkstätte "Stille Helden" auch um polnische Bürger, die in der Kriegszeit Juden gerettet haben, zu ergänzen. Er sprach sich auch für eine genaue Auszählung der polnischen Kriegsschäden und forderte eine Auszahlung von Kriegsentschädigungen an Polen.

 

RZECZPOSPOLITA: 3-Mai-Jahrestag im Schatten eines Absurdes

Anders als einen Absurd könne man die Situation nicht bezeichnen, stellt in seinem Kommentar zu der aktuellen politischen Lage Bogusław Chrabota, Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita fest.

Sechs Tage vor dem theoretischen Wahltermin sei es immer noch unklar, ob es zu der Wahl tatsächlich kommen werde, und wenn ja, dann nach welcher Prozedur. Der Wahltermin wurde vor langer Zeit festgelegt – in besseren und sichereren Umständen. Inzwischen kämpfe aber die ganze Welt mit den Folgen der Pandemie. Auch in Polen hätten die Regierenden weite Teile der Wirtschaft, aber auch andere Bereiche des öffentlichen Lebens stillgelegt. Die Diskussion, ob die Regierung richtig gehandelt habe, werde in Polen zweifelsohne noch Jahr andauern, man müsse aber zugeben, dass die Regierenden konsequent gehandelt und die Bürger ihre Anweisungen diszipliniert verfolgt hätten.

In dem konsequenten Handeln habe es aber eine Ausnahme gegeben – den Wahltermin. Wochenlang habe man den Bürgern erklärt, dass jegliche Kontakte mit anderen Menschen zwar eine tödliche Gefahr darstellen würden, doch die Wahl könne man einfach durchführen. Wenn nicht in traditioneller Form, dann als eine reine Briefwahl - erinnert der Publizist.

Die Polen hätten soeben den 3. Mai gefeiert – einen Feiertag, der an die erste polnische Verfassung erinnern solle. Und gerade dieser Feiertag ereignete sich im Schatten der wohl absurdesten Situation in der Geschichte des unabhängigen Polens, so Bogusław Chrabota in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

SUPER EXPRESS/ONET: Plan B – radikal aber machbar

Die bevorstehende Wahl beschäftigt auch die Tageszeitung Super Express. Die Redaktion überlegt, ob die Regierungspartei im Hintergrund der komplizierten politischen Lage den Präsidenten einfach nicht abberufen werde. Der Termin sei unsicher. Gegen die Briefwahl wehre sich ein kleiner, aber in diesem Fall entscheidender Koalitionspartner der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Da die Mehrheit wackelig sei, suche Parteichef Kaczyński nach einer Alternative. Die Zeit werde knapp, deshalb würden auch radikale Lösungen in Erwägung gezogen.

Die neueste Idee schreibe dem Präsidenten die Hauptrolle zu – man möchte Andrzej Duda zum Rücktritt überzeugen, stellt das Blatt fest. Ein solcher Schritt des Staatsoberhaupts würde bedeuten, dass die Macht zeitlich der Parlamentsvorsitzende übernehme. Elżbieta Witek müsste dann binnen zwei Wochen einen neuen Wahltermin bekannt geben. Die Präsidentschaftswahl müsste in den darauffolgenden zwei Monaten stattfinden. Somit würde die Partei Zeit gewinnen ohne einen Notzustand in Polen ausrufen zu müssen, wovor sich die PiS seit mehreren Wochen wehre.

Jakub Kukla