Deutsche Redaktion

Corona-Rettungspaket: Polnisches "Ja" nicht umsonst

27.05.2020 13:16
Covid-19 dürfe nicht als Vorwand genutzt werden, die Kohäsionspolitik zu untergraben und den Transfer von Mitteln nach Mittel- und Osteuropa zu stoppen, betont in Bezug auf den Wiederaufbaufonds Vizepremier Jadwiga Emilewicz. Außerdem geht es in der Presseschau auch um das neueste Tauziehen um den Wahltermin zwischen Regierung und Opposition.
Siedziba Komisji Europejskiej (zdjęcie ilustracyjne)
Siedziba Komisji Europejskiej (zdjęcie ilustracyjne)Hadrian/ Shutterstock

Dziennik/Gazeta Prawna: Polnisches “Ja” nicht umsonst

Heute nachmittag soll die EU-Kommission offiziell die Details des geplanten Corona-Wiederaufbaufonds bekanntgeben. Laut der dpa soll sich das Rettungspaket sogar auf 750 Milliarden Euro belaufen und damit deutlich größer ausfallen, als der Merkel-Macron-Plan, in dem von 500 Milliarden Euro die Rede war.

Zur polnische Position zum Rettungsfonds befragt das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna in seinem heutigen Aufmacher Vizepremier und Entwicklungsministerin Jadwiga Emilewicz. Covid-19, betont die Politikerin, dürfe nicht als Vorwand genutzt werden, die Kohäsionspolitik zu untergraben und den Transfer von Mitteln nach Mittel- und Osteuropa zu stoppen. "Unser Teil von Europa", so Emilewicz, "entwickle sich zwar sehr schnell, renne der "alten" Union jedoch immer noch hinterher. Es wäre schlecht, wenn die aufholenden Staaten administrativ gestoppt würden", so die Politikerin. Zweitens dürfe aus polnischer Sicht die Größe der Epidemie nicht das einzige Kriterium für die Aufteilung der Mittel sein. Schließlich lasse die Regierung in Warschau die Diskussion über das Paket unter der Bedingung zu, dass Polen in der kommenden Haushaltsperspektive mehr Mittel erhält.

Sicher sei schon jetzt, lesen wir im Leitartikel zum Interview, dass die Überweisung von Mitteln im Rahmen des Rettungspakets an Bedingungen gekoppelt sein werde. So werde man die Gelder etwa nicht für Investitionen in Kohle verwenden dürfen, womit die EU-Kommission ihre grüne Agenda werde realisieren wollen. Laut einem Teil der polnischen Europaabgeordneten könnte für Polen auch eine potentielle Bindung der Zahlungen an die Rechtsstaatlichkeit zum Problem werden, so Dziennik/Gazeta Prawna.  

 

Dziennik/Gazeta Prawna: Senats-Match um die Präsidentschaftswahlen 

Wichtiges Thema in der Presse ist heute auch die neueste Wende in der Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition um den Termin der Präsidentschaftswahlen.

Trotz vorheriger Ankündigungen, dass der Senat das Regierungsgesetz, das die Durchführung der Wahlen Ende Juni vorsieht, noch diese Woche absegnen könnte, erinnert Dziennik/Gazeta Prawna, hat Senatsmarschall Tomasz Grodzki die nächste Sitzung erst auf Anfang nächster Woche angesetzt. Zudem würden Oppositionspolitiker auch um einen weiteren Aufschub des Wahltermins appellieren - entweder auf die Zeit nach dem 6. August, also nach dem Ende der Amtszeit von Andrzej Duda, beziehungsweise auf Ende Juli. Der Senat, so die Zeitung, müsse die Arbeiten an dem Gesetz bis zum 13. Juni beenden. Wie PiS-Politiker betonen, würde eine Verzögerung der Arbeiten am Gesetz durch die Bürgerkoalition ihrem Kandidaten Rafał Trzaskowski de facto zwei Wochen für seine Wahlkampagne geben, so Dziennik/Gazeta Prawna.

 

Rzeczpospolita: Obstruktion, Destruktion 

Mit der Kehrtwende könnte sich die Opposition diesmal jedoch verrechnen, schreibt in seinem Kommentar zu dem Tauziehen um den Wahltermin der Publizist der konservativen Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński. Die Senatoren der Opposition, so der Autor, hätten zwar recht, wenn sie darauf hinweisen, dass die Verfassung eine Situation, in der Wahlen nicht stattfinden nicht vorsieht und dass wir alle juristisch gesehen auf dünnem Eis unterwegs seien. Doch - im Gegensatz zu Juristen - müssten Politiker die Sachen in die eigenen Hände nehmen und die Verantwortung für einen Ausweg aus der vertrackten Situation übernehmen. Und infolge der neuesten Obstruktions-Versuche der Oppositionspolitiker, betont Szułdrzyński, würden nicht nur die Reste des vor zwei Wochen durch die Deklaration der Kooperationswilligkeit aufgebauten Vertrauens zwischen Opposition und Regierung zunichte gemacht. Auch die Wähler, die gegen die Durchführung der Wahlen im Mai gewesen seien, und die Opposition unterstützten, könnten den Rückzugsversuch aus dem Juni-Termin nicht mehr so wohlgesonnen sein.

Der Einzug von Rafał Trzaskowski in den Wahlkampf habe die Wahlkampagne neu gestartet und ihr eine völlig neue Dynamik gegeben. Doch die Versuche seiner Senatskollegen, die Wahlen weiter hinauszuzögern, könnten Rafał Trzaskowski nur schaden, so Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita. 


Autor: Adam de Nisau