Deutsche Redaktion

Kaczyńskis Comeback in die Regierungsreihen

25.09.2020 11:40
Die Krise in der Regierung scheint vorerst vorbei zu sein. Wichtige Änderung: Jarosław Kaczyński wird nun Mitglied der Regierung. Einzelheiten in der Presseschau. Außerdem stellt sich der neue deutsche Botschafter in Polen den Zeitungslesern vor.
Prezes PiS Jarosław Kaczyński
Prezes PiS Jarosław KaczyńskiJACEK DOMINSKI/REPORTER

RZECZPOSPOLITA: Neuer deutscher Botschafter stellt sich vor

Die Tageszeitung Rzeczpospolita veröffentlicht in der heutigen Ausgabe ein Interview mit dem neuen deutschen Botschafter in Polen, Arndt Freytag von Loringhoven. Der Diplomat freue sich sehr, dass er nun in Polen arbeiten dürfe. Beide Länder, Polen und Deutschland, würde vieles verbinden, meint von Loringhoven. Auf die Frage, ob er die Vorbehalte der polnischen Seite gegen ihn wegen der Familiegeschichte nachvollziehen könne, antwortet der Diplomat, er habe keine Erklärung für die langwierige Prozedur bekommen. Er kenne nur die medialen Diskussionen in Polen.

Er wisse sehr genau, dass die Erinnerung an die brutale deutsche Besatzung während des II. Weltkrieges in Polen immer noch ein große Rolle spielen würde. Sein Vater sei von 1944 bis Ende April 1945 Adjutant des Generalstabschefs der Wehrmacht gewesen, auch in Hitlers Führerbunker. Er wolle das Verhalten seines Vaters aber nicht beurteilen. Man wisse doch nicht, wie man sich selbst in einer totalitären Diktatur verhalten würde. Sein Vater habe die Nazis zwar nicht unterstützt, sei aber davon ausgegangen, dass man für das eigene Land kämpfen müsse, auch wenn der Krieg von Beginn an einen verbrecherischen Charakter gehabt habe. Sein Vater habe wohl von der Verbrechen der Wehrmacht gewusst. Er habe aber auch gewusst, dass sein Cousin den Sprengstoff besorgt habe, der später beim Attentat auf Hitler benutzt worden war.

Der Botschafter bezieht sich in dem langen Gespräch auch auf aktuelle Angelegenheiten. Selbst, wenn die polnische Öffentlichkeit sich dessen nicht bewusst sei, wisse die deutsche Regierung genau, welch große Gefahr für die europäische Sicherheit die russische Politik darstelle: die Besatzung der Krim, die Einmischung in den Wahlprozess in den USA, die Vergiftung von Skripal und Navalny - die Vergiftung von Navalny zeige zugleich, dass Russland Waffen benutze, die gegen Konventionen verstoßen, die selbst Moskau akzeptiert habe.

In Bezug auf die Sicherheit von Europa, spiele das transatlantische Bündnis mit den Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle, so Arndt Freytag von Loringhoven weiter. Er setze sich für die Stärkung des europäischen Verteidigungspotenzials ein, doch die Kooperation zwischen Europa und USA sei in dieser Hinsicht unersetzbar, lesen wir in der Rzeczpospolita. 

 

FAKT: Kaczyński wird Regierungsmitglied  

Erneut hätten sich Politiker der Regierungsgruppierung im Warschauer Sitz der Partei PiS getroffen, berichtet die Tageszeitung Fakt. Das Gespräch habe über drei Stunden gedauert. Das Thema sei, wie auch in den vergangenen Tagen, die Regierungskrise gewesen. Nun aber sei ein Licht im Tunnel zu sehen, schreibt das Blatt. Bis Ende der Woche solle ein neues Koalitionsabkommen mit den zwei kleinen Gruppierungen, die zusammen mit der Kaczyński-Partei an der Macht seien, unterzeichnet werden. Es sei inzwischen auch klar, welche Rolle in der Regierung der Chef der Partei Recht und Gerechtigkeit, Jarosław Kaczyński spielen solle, lesen wir. Der ehemalige Premierminister Kaczyński werde offenbar demnächst die Kontrolle über das Justiz-, Verteidigungs- und Innenministerium übernehmen.

Geht es nach führenden Politikern der Partei Recht und Gerechtigkeit, werde die Anwesenheit von Kaczyński in den Regierungsreihen kein Problem für den aktuellen Premierminister darstellen. Im Gegenteil: dieses Manöver werde die Regierung stärken, heißt es.

Nach einer Abstimmung von vor einer Woche war die Regierungskoalition in Polen in eine tiefe Krise gestürzt. Es ging um das neue Tierschutzgesetz. Der Sejm verabschiedete zwar die Novelle, aber nur, weil sie auch große Teile der Opposition unterstützten. Viele Abgeordnete der beiden kleineren Koalitionspartner der PiS-Partei stimmten dagegen. Daraufhin wurden die Gespräche über das neue Koalitionsabkommen unterbrochen und es war sogar von vorgezogenen Parlamentswahlen die Rede.

 

Jakub Kukla