Deutsche Redaktion

Ja für den Wiederaufbaufonds

05.05.2021 13:37
Die Kommentare nach der Abstimmung über die milliardenschwere Hilfe aus Brüssel sind das wichtigste Thema in den heutigen Presseberichten in Polen.
Premier Mateusz Morawiecki
Premier Mateusz MorawieckiKrystian Maj/KPRM

Rzeczpospolita: Ja für den Wiederaufbaufonds

In einer Sondersitzung hat das polnische Parlament dem geplanten 750-Milliarden-Euro-Fonds der EU zugestimmt. Bei der entscheidenden zweiten Abstimmung im Sejm, dem Unterhaus des polnischen Parlaments, stimmten 290 Abgeordnete mit Ja, 33 dagegen, 133 haben sich der Stimme enthalten. Das Parlament stimmte so nicht nur dem auf Pump finanzierten EU-Fonds zu, sondern gab auch der Regierung grünes Licht für die Verteilung der auf Polen entfallenden Mittel: 23,9 Milliarden Euro Zuschüsse, 12,1 Milliarden Euro zinsgünstiger Kredite, erinnert in der aktuellen Ausgabe die liberalkonservative Rzeczpospolita. Der Senat, das oppositionskontrollierte Oberhaus, lesen wir, könne zwar nun noch seine Zustimmung verweigern, der Sejm könnte ein solches Veto jedoch mit einfacher Mehrheit überstimmen. 

Nach den wochenlangen Diskussionen über die Unterstützung für die europäischen Finanzen, die die Regierungskoalition an den Rand des Zerfalls getrieben habe, habe die kleine Koalitionspartei von Justizminister Ziobro an ihrer Kritik festgehalten und sich gegen den Wiederaufbaufonds ausgesprochen. Unterstützung hätten die Regierenden von den Linken bekommen. Parlamentarier der größten Oppositionspartei Bürgerplattform hätten sich der Stimme enthalten, schreibt die Rzeczpospolita. Die Koalition habe eine wichtige Etappe hinter sich, sagt der Vizepremier und Chef der Koalitionspartei Porozumienie (Verständigung) Jarosław Gowin nach der Abstimmung. Ein wichtiges Konfliktfeld sei nun vom Tisch. Er gehe davon aus, so Gowin weiter, dass es in den kommenden Jahren, bis zu den für 2023 geplanten Parlamentswahlen, ähnliche Konflikte im Rahmen der regierenden Koalition nicht mehr geben werde. 

Premierminister Mateusz Morawiecki habe sich stark und entschlossen für den EU-Wiederaufbaufond eingesetzt. Er habe sogar von polnischer Staatsräson gesprochen, erinnert Gowin. Dennoch habe Justizminister Ziobro und seine Gruppierung gegen den Fonds gestimmt. Man habe den Regierenden in den vergangenen Jahren einen Mangel an kritischem Denken vorgeworfen. Diese Situation zeige aber, dass im Rahmen der Regierungskoalition Pluralismus herrsche, so Gowin im Blatt Rzeczpospolita.

SUPER EXPRESS: Wer ist dafür, wer dagegen

Die Kommentare nach der Abstimmung über die Millionenschwere Hilfe aus Brüssel sind das wichtigste Thema in den heutigen Presseberichten in Polen. Die Tageszeitung Super Express hat mehrere Aussagen von Politikern gesammelt. Noch am Dienstagvormittag schien es, lesen wir, als ob die Unterstützung für die Unionsgelder nur sehr knapp ausfallen würde, stellt das Blatt fest. Premierminister Morawiecki mobilisierte die Parlamentarier und sprach von dem nahenden 18. Jahrestag des EU-Beitritts Polens. Die Abstimmung über den Wiederaufbaufond bezeichnete er als eine Art Reifeprüfung für die politische Klasse.

Große Unterstützung für die Regierenden sei aus dem linken Flügel der politischen Szene gekommen, erinnert das Blatt. Adrian Zandberg von den Linken sagte nach der Abstimmung, er sei, genauso wie sein politisches Milieu, froh, dass das Parlament sich positiv über die europäische Finanzierung ausgesprochen hat. Er sei fest davon überzeugt, dass der Wiederaufbaufonds zu einer weiteren Integration Europas beitragen werde, wovon sowohl Polen als auch die gesamte EU profitieren würden.

Zwei oppositionelle Gruppierungen hätten sich nicht für den Wiederaufbaufond ausgesprochen: die größte Oppositionspartei Bürgerplattform habe sich der Stimme enthalten, die erzkonservative Konföderation habe gegen das Projekt gestimmt[dNA1] . Im Rahmen der Regierungskoalition sei Justizminister Zbigniew Ziobro dagegen gewesen. Die Haltung seiner Gruppierung habe er kurz und bündig bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Solidarisches Polen habe gegen den Wiederaufbaufonds gestimmt, weil es sich in der Politik lohne, konsequent und glaubwürdig zu sein, zitiert das Blatt den Justizminister Zbigniew Ziobro.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Wohlstand in Europa

Die Denkfabrik Warsaw Enterprise habe ein Wohlstandsranking erstellt, informiert das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna. Geht es um die wohlhabendsten Gesellschaften in Europa habe die Denkfabrik die Iren, die Österreicher und die Dänen auf dem Podium gestellt. Deutschland sei auf Platz 5. gelandet. Unter den zehn besten seien darüber hinaus noch Belgien, Finnland, Schweden, Großbritannien und Frankreich vertreten. Polen sei erst auf Platz 10 gelandet und habe gar schlechter als andere Länder der Region abgeschnitten, lesen wir weiter.

Vor Polen hätten sich solche Länder wie Tschechien, Litauen, Estland und die Slowakei platziert. Doch die Denkfabrik habe auch Daten aus dem Jahr 2015 ausgewertet, die zeigen würden, dass sich Polen, im Vergleich mit der damaligen Situation, um drei Plätze verbessert habe, so Dziennik/Gazeta Prawna.

 

Jakub Kukla