Deutsche Redaktion

Regierung geht in die Offensive

17.05.2021 11:35
Am Wochenende haben Premierminister Mateusz Morawiecki und der Chef der Regierungspartei PiS Jarosław Kaczyński die sogenannte „Polnische Ordnung” vorgestellt.
Presseblick
PresseblickFoto:pixabay

RZECZPOSPOLITA: Polnische Ordnung        

Am Wochenende haben Premierminister Mateusz Morawiecki und der Chef der Regierungspartei PiS Jarosław Kaczyński die sogenannte „Polnische Ordnung” vorgestellt. Es seien neue Versprechen, die den Regierenden helfen sollen, aus der Krise der letzten Monate herauszukommen. Unter dem lange angekündigten und soeben vorgestelltem Programm hätten auch die Anführer der Juniorparteien, Vizepremier Jarosław Gowin und Justizminister Zbigniew Ziobro ihre Unterschriften gesetzt, schreibt die Tageszeitung Super Express. Im Gespräch mit dem Blatt weise Finanzvizeminister Jan Sarnowski darauf hin, dass man die „Neue Ordnung“ als eine Revolution im polnischen Steuersystem verstehen solle. Von den vorgestellten Lösungen würden künftig 18 Millionen polnische Steuerzahler profitieren, sagt der Politiker dem Blatt.

Das steuerfreie Einkommen solle nun auf 30 000 Zloty (umgerechnet über 6600 Euro) jährlich vergrößert werden. Viele Rentner müssten künftig überhaupt keine Steuern mehr zahlen. Die Steuerberechnung für Geringverdiener werde sinken. Familien mit mehreren Kindern sollten mehr Geld und Zuschüsse für Wohnungskauf bekommen, zählt das Blatt einige Punkte des neuen PiS-Programms auf.

Geht es nach Vizeminister Sarnowski sei das Programm gerade jetzt vorgestellt worden, weil man im kommenden Jahr von einer Verbesserung der Wirtschaftslage ausgehe. Die Regierenden wollten daher, dass polnische Firmen so stark wie nur möglich von der Konjunktur profitieren. Man müsse die Steuern nicht erhöhen, um zusätzliche Einnahmen zu verzeichnen. Es genüge die Steuerbasis breiter zu fassen, erklärt Sarnowski die Ansätze. Für 18 Millionen Polen würden die neuen Lösungen eine Verbesserung ihrer finanziellen Lage bedeuten, für 6 Millionen weitere würde die Steuerbelastung die gleiche bleiben und ca. 2,6 müssten künftig höhere Steuern zahlen. Die „Polnische Ordnung“ verursache, so Vizefinanzminister Jan Sarnowski weiter, dass das Steuersystem in Polen gerechter werde.

In Pandemiezeiten sei es darüber hinaus anzunehmen gewesen, dass PiS-Chef Jarosław Kaczyński die Lage des Gesundheitswesens zu einem der Schwerpunkte wählen werde. Das Gesundheitssystem solle modernisiert werden, mit steigenden Investitionen, neuen Gesundheitsfonds, 24-Stunden-Versorgung selbst in Dörfern und Sprechstundenvereinbarung per Internet und SMS.

RZECZPOSPOLITA: Aufforderung zum (politischen) Tanz

Jarosław Kaczyński fordere die Oppositionsparteien zum Tanz auf, stellt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Michał Szułdrzyński fest. Die Frage, ob oppositionelle Gruppierungen diese Einladung aufnehmen oder doch ihre eigene Melodie vorstellen würden, bleibe offen. Mit der Präsentation des neuen Programms habe die in den letzten Monaten zerstrittene Regierungskoalition gezeigt, dass sie doch noch gemeinsam handeln könne. Während sich die Opposition größtenteils mit inneren Problemen beschäftige, würden Kaczyński und seine politischen Partner zeigen, dass sie immer noch in der Lage seien, um den Sieg bei der kommenden Parlamentswahl zu kämpfen. Zum ersten Mal seit mehreren Monaten habe die Partei Recht und Gerechtigkeit erneut die Initiative ergriffen. Kaczyński investiere in den kommenden Wahlkampf. Die „Polnische Ordnung” verdränge gleichzeitig problematische Themen, wie Nepotismus oder Unklarheiten bei der Vorbereitung der Briefwahl im Mai 2020 in den Hintergrund.

Man könne den Regierenden selbstverständlich vorwerfen, dass sie sich einer populistischen Sprache bedienten und Argumente auf den Tisch legen würden, die die Kassiererin im Supermarkt oder den polnischen Durchschnittsrentner überzeugen sollen. Aber letztendlich seien es Vertreter jener Gruppen, deren Unterstützung über den Ausgang der Wahl entscheide. Die wichtigste Frage laute daher momentan, was habe die Opposition jenen Gruppen anzubieten? Die Feststellung, dass sie noch härter und länger arbeiten sollen? Oder dass sie sich für die Verteidigung der Demokratie oder den Pluralismus in den Medien einsetzten sollen?  Zum ersten Mal seit Monaten würden die PiS erneut den Ton angeben und die restlichen Parteien dazu zwingen, Stellung zu den Vorschlägen zu beziehen, schreibt der Publizist Michał Szułdrzyński in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

Jakub Kukla