Deutsche Redaktion

Gerichte verbessern das Klima

31.05.2021 13:07
Während die Regierung in Bezug auf die Luftverschmutzung auf Zeit spielt, ebnen die Gerichte den Weg für Entschädigungen für durch Smog verursachte gesundheitliche Schäden, schreibt Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch um den Flirt von Vizepremier Jarosław Gowin mit der Opposition und das abflauende Interesse an Impfungen in Polen.
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Rzeczpospolita: Gerichte verbessern das Klima

Während die Regierung in Bezug auf die Luftverschmutzung auf Zeit spielt, ebnen die Gerichte den Weg für Entschädigungen für durch Smog verursachte gesundheitliche Schäden, lesen wir in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita. Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom Freitag, lesen wir, lasse keine Zweifel offen. Künftig werde jeder, der infolge von Luftverschmutzung gesundheitliche Schäden davongetragen habe, um eine Entschädigung kämpfen können. Die Kosten eines Umzugs an einen Ort mit sauberer Luft oder der gesundheitlichen Schäden werde der Verantwortliche decken müssen. “Der Betroffene wird beweisen müssen, wer für den Schaden verantwortlich ist. Die Nachbarn, die die Luft vergiften oder eine Fabrik, oder auch die Regierung, indem sie die Einhaltung von Normen nicht durchgesetzt hat”, betonte die Oberste Richterin, Marta Romańska. Dies, so das Blatt, werde sicherlich nicht einfach sein. Doch ähnliche Fälle würden vor Gerichten immer häufiger auf Gehör stoßen. Als Beispiel könne man die Klage des Schauspielers Jerzy Stuhr, des Reporters Mariusz Szczygieł und von Tomasz Sadlik gegen das Umweltministerium anführen. Dabei hatte das Warschauer Bezirksgericht den Klägern 35 Tausend Złoty für gesellschaftliche Ziele zuerkannt. Die Luftqualität in Polen, so das Blatt, habe sich, trotz des seit anderthalb Jahren funktionierenden Programms “Saubere Luft”, nicht bedeutend verbessert. Die für den Austausch von alten Kesseln festgesetzten Fristen würden als nicht ausreichend erscheinen. 

Zudem habe die Regierung, ebenfalls am Freitag in Katowice ein Übereinkommen mit den Kumpeln unterzeichnet, das den Erhalt von Arbeitsplätzen in Gruben bis 2049 vorsieht. In dem Abkommen seien auch andere zweifelhafte Deklarationen enthalten, wie etwa die Möglichkeit der Produktion von Kohleöfen für Haushalte bis 2045. Dabei seien diese Öfen derzeit für knapp die Hälfte der Schadstoffe verantwortlich, die in die polnische Luft treffen würden. Und die Rechnung für den Erhalt der Gruben sei immer höher. Allein das Abkommen mit den Kumpeln werde etwa eine Milliarde jährlich kosten. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass für den schnelleren Ausstieg aus der Kohle auch solche Klagen sorgen werden, wie die, die holländische Ökologen gegen den Konzern Shell eingereicht hatten. Das Gericht in Hag, erinnert die Zeitung, habe den Konzern bis 2030 zu einer Reduktion der CO2-Emmissionen um 45 Prozent verpflichtet. Auch auf der Grundlage des polnischen Rechts seien solche Siege möglich, so Rzeczpospolita. 

 

Gazeta Polska Codziennie: Gowin flirtet mit der Opposition

Vizepremier Jarosław Gowin flirtet wieder mit der Opposition, schreibt in ihrem heutigen Aufmacher die nationalkonservative Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie. Der Chef der kleinen Koalitionspartei “Verständigung”, erinnert das Blatt, habe sich erneut entschieden, gegen den Willen des Regierungslagers zu stimmen und den Kandidaten der Opposition prof. Marcin Wiącek für den Posten des Bürgerrechtsbeauftragten zu stützen. Gleichzeitig deklariere Gowin, dass er nicht aus der Koalition austreten wolle.

“Die Unterstützung der Kandidatur von Prof. Wiącek für den Posten kann man als Signal an PiS-Chef Kaczyński lesen, dass er mit seinem Koalitionspartner rechnen muss. Gleichzeitig hat der PiS-Chef die Information erhalten, dass Gowin sich auch bei anderen wichtigen Abstimmungen auf Seiten der Opposition stellen kann”, sagt der Politologe dr Andrzej Anusz im Gespräch mit dem Blatt. Und fügt hinzu, dass es nach der Unterzeichnung des neuen Programms “Polnische Ordnung” durch die Chefs der Koalitionsparteien Justizminister Ziobro und Vizepremier Jarosław Gowin so schien, als ob sich die Konsolidation in der Vereinigten Rechten vertiefen würde.

“Heute gibt es diese Sicherheit nicht mehr. De facto kehren wir zur Situation von vor ein paar Wochen zurück, als in der Vereinigten Rechten vor jeder Parlamentssitzung interne Verhandlungen geführt werden mussten. Und das erschwert das Regieren erheblich”, so der Politologe.

Geht es indes nach dr Krzysztof Kawęcki, könne man in nächster Zeit eine Zuspitzung des Konflikts auf der Linie “Verständigung” von Jarosław Gowin und der neuen Abspalter-Initiative von Adam Bielan erwarten, die die Stabilität des ganzen Regierungslagers beeinflussen werde. Auch vorgezogene Parlamentswahlen seien nicht ausgeschlossen. Allerdings nur aus Initiative der PiS, so der Politologe im Gespräch mit der Gazeta Polska Codziennie. 

 

Gazeta Wyborcza: Neue Epidemie-Herde im Herbst

Während das Interesse an Impfungen unter jungen Menschen in Europa weiterhin hoch bleibt, sinkt es in Polen deutlich, berichtet in ihrem heutigen Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza. Am vergangenen Wochenende, so die Zeitung, habe die Regierung erneut zu einer Impfaktion ohne vorherige Registrierung eingeladen. Auf Impfwillige hätten 10 Tausend Impfdosen des Präparats von Johnson&Johnson gewartet. Aber am ersten Tag hätten sich nur ein wenig über 2000 Personen impfen lassen. Warteschlangen, wie noch bei einer vergleichbaren Aktion zum langen Maiwochenende habe es nicht gegeben. 

Derselbe Trend sei, trotz der vor Kurzem angekündigten Lotterie für Geimpfte, landesweit zu bemerken. Unter den Jüngsten sei das Interesse minimal. Eine Woche nach Registrierungsbeginn hätten sich nur 21 Prozent der 17-jährigen und 7 Prozent der 16-jährigen angemeldet. “Der einzige Weg, Herdenimmunität zu erreichen sind Impfungen. Wenn wir jetzt nicht konsequent bleiben, wird es im Herbst wieder schlimmer werden”, warnt der Chef des Epidemiologen-Verbands Prof. Robert Flisiak. Warteschlangen, so der Experte, gebe es derzeit nicht mehr. Und das müsse man nutzen, denn im Herbst könnten diese wieder auftauchen, wenn neue Epidemie-Herde erscheinen. 

Indes seien, wegen unzureichender Organisation, auch die Eigentümer von Familienpraxen immer weniger an der Organisation von Impfungen interessiert. Wegen ständiger Änderungen von Lieferterminen, heißt es von Vertretern der Kliniken, müssten Ärzte immer wieder verabredete Termine verschieben und sich bei verärgerten Patienten entschuldigen. Aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CBOS gehe hervor, dass 25 Prozent der erwachsenen Polen sich nicht impfen lassen wollen, so Gazeta Wyborcza.

 

Autor: Adam de Nisau