Deutsche Redaktion

"Unvorhersehbarer Virus"

25.01.2022 11:25
Mindestens die Hälfte der Gesellschaft werde sich in den nächsten Wochen mit der Omicron-Variante infizieren, schreibt die Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny und beruft sich auf die Simulation einer Gruppe von Analytikern aus dem südpolnischen Wrocław. 
Presseblick
PresseblickPixabay LicenseImage by Richard Balabarcon from Pixabay

TYGODNIK POWSZECHNY: Unvorhersehbarer Virus

Mindestens die Hälfte der Gesellschaft werde sich in den nächsten Wochen mit der Omicron-Variante infizieren, schreibt die Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny und beruft sich auf die Simulation einer Gruppe von Analytikern aus dem südpolnischen Wrocław. Die Labors in Polen würden aber maximal 140 Tausend Test täglich durchführen, was bedeute, dass man einen großen Teil der Neuinfizierungen werde nicht erkennen können. Die beginnende Welle werde sehr hoch sein, lesen wir weiter. Allem Anschein nach werde, sie aber relativ schnell vorüber sein. Schon im Februar könnte sich die Situation beruhigen. Omicron verbreite sich sehr schnell, aber die Folgen der Erkrankung seien weniger gefährlich, als bei den vorherigen Varianten, sagt Professor Wojciech Szczeklik im Gespräch mit dem Magazin. Doch das Ausmaß der Erkrankungen stelle eine bisher unbekannte Belastung für das Gesundheitswesen dar. In den letzten Tagen seien 15 Tausend der Covid-Betten besetzt gewesen. Die Regierung versichere, dass sie die Zahl bis zu 60 Tausend ausdehnen könnte. Nach Szczeklik wäre es aber eine Katastrophe. Die Ärzte würden sich dann bis auf Covid mit keiner anderen Krankheit beschäftigen.

Außerdem weise der Arzt darauf hin, dass die Betten allein die Patienten nicht heilen können. Und nach den vergangenen zwei Jahren sei das medizinische Personal körperlich erschöpft und seelisch ausgebrannt, lesen wir in Tygodnik Powszechny. Viele Menschen geben ihren Beruf auf. Zudem könnte mitten in der Omicron-Welle ein Teil des Personals wegen Infizierung ausfallen. Man spreche in diesem Kontext von 10 bis sogar 30 Prozent der momentan aktiven Mediziner.

In den kommenden Tagen steige die Gefahr einer Infizierung, führt Professor Szczeklik fort. Man sollte daher den Mundschutz tragen und sich nicht in kleinen, geschlossenen Räumen länger aufhalten. Es sei besser sich nicht zu infizieren, denn die Folgen von Covid können auch nach langer Zeit auftreten. Trotz verschiedener Studien und Ankündigungen hoffe er, so Szeczklik, dass alle doch nicht erkranken würden. Und wenn schon, dann mindestens nicht gleichzeitig. Laut Medienberichten könnte die jetzige, fünfte Covid-Welle zugleich auch die letzte sein. Nach so vielen Infizierungen könnten die Gesellschaften die allgemeine  Immunität endlich erreichen. Wojciech Szczeklik halte von solchen Prophezeiungen nicht viel. Seiner Ansicht nach sei es ein klassisches Wunschdenken. Vielleicht würden künftig die Symptome von Covid wie eine einfache Erkältung aussehen. Doch dies sei eine äußerst optimistische Variante. Man sollte doch nicht vergessen, dass eine größere Zahl von Infizierungen bedeute, dass es schneller zu einer neuen Mutation kommen könne. Diese Pandemie sei von Anfang an unvorhersehbar, sagt Professor Wojciech Szczeklik in der Wochenzeitschrift Tygodnik Powczechny. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Keine direkte militärische Gefahr 

Die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna beschäftigt sich heute mit dem angespannten Verhältnis zwischen Russland und dem Westen. Immer wieder tauche die Frage auf, ob es zu einer russischen Invasion auf die Ukraine kommen werde. Vor wenigen Tagen kündigte US-Außenminister Antony Blinken, dass er mit Moskau im Ukraine-Konflikt weiter im Gespräch bleiben wolle. Er habe nicht erwartet, dass ein großer Durchbruch erzielt werde. Aber er glaube, man sei jetzt auf einem klaren Weg, was das Verständnis der gegenseitigen Anliegen und Positionen angehe. Diese Hoffnung äußerte Blinken am Freitag in Genf nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Der Sprecher der polnischen Regierung teile allem Anschein nach diese Hoffnung. Man bleibe im ständigen Kontakt mit den westlichen Partnern. Die polnische Seite sei auch bereit, sich einer diplomatischen Offensive anzuschließen, um Russland von seinen aggressiven Plänen abzubringen.

Momentan gäbe es keine Signale, dass Polen zum direkten Opfer eines russischen militanten Angriffs werden könnte. Man dürfe aber nicht vergessen, dass es bereits einen hybriden Konflikt gäbe, dessen Folgen man an der östlichen Grenze der Europäischen Union beobachten könne. Daraus resultiere die Entscheidung, entlang der östlichen Staatsgrenze eine Befestigung aufzubauen. Die Bauarbeiten sollen in den kommenden Tagen aufgenommen werde, sagte Piotr Müller in Bezug auf die Gefahren aus dem Osten. 

RZECZPOSPOLITA: Die USA werden entschlossenerer 

Auf das Treffen des amerikanischen Außenministers mit seinem russischen Amtskollegen in Genf bezieht sich in ihrem Kommentar auch die Tageszeitung Rzeczpospolita. Das Gespräch habe der US-Regierung vergegenwärtigt, dass die Chance auf eine Einigung mit Russland gering sei. Deshalb habe sich Washington zu einem entschlosseneren Schritt entschieden und wolle militärisch die östlichen Staaten der Europäischen Union stärken. Diese Änderung der amerikanischen Taktik sei auch innenpolitisch bedingt. Joe Biden stehe unter Druck der Republikaner, aber auch große Teile der Öffentlichkeit würden dem Präsidenten vorwerfen, dass er zu nachgiebig gegenüber Moskau sei. Eines sei sicher: die USA würden ihre Soldaten direkt in die Ukraine nicht schicken. Die Unterstützung eines ukrainischen Partisanenkriegs würde die amerikanische Regierung aber nicht ausschließen, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

Jakub Kukla