Deutsche Redaktion

Wird Putin Atomwaffen einsetzen?

24.03.2022 13:34
Die Online-Tageszeitung Dziennik hat ein Gespräch mit dem ehemaligen Kommandeur der polnischen Spezialeinheit GROM durchgeführt. Wie General Roman Polko erklärt, werde Seitens Moskaus "die nukleare Erpressung nicht verschwinden". Unabhängig vom Ausgang des Krieges in der Ukraine könne dieses Argument in der Kreml-Narrative immer wieder auftauchen. 
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Dziennik.pl: Wird Putin Atomwaffen einsetzen? 

Die Online-Tageszeitung Dziennik hat ein Gespräch mit dem ehemaligen Kommandeur der polnischen Spezialeinheit GROM durchgeführt. Wie General Roman Polko erklärt, werde Seitens Moskaus "die nukleare Erpressung nicht verschwinden". Unabhängig vom Ausgang des Krieges in der Ukraine könne dieses Argument in der Kreml-Narrative immer wieder auftauchen. Wenn man aber die Lehren aus der Geschichte ziehe, könne man sehen, wozu die Unterwürfigkeit in den Beziehungen zu Putins Russland geführt habe - "dass das Monster noch größer ist, als es war", so der General.

Die entscheidende Frage bleibe, ob es sich für Russland lohne, Atomwaffen einzusetzen. Es wäre nämlich sehr schwer Hunderttausende von Opfern eines Atomwaffeneinsatzes mit Propaganda auszublenden. Selbst Länder die diesen Konflikt derzeit aus der Ferne beobachten, könnten dagegen Widerstand erheben. Während Putin jetzt noch mit einer "schleichenden Normalisierung", d.h. einem "schäbigen, verfaulten Waffenstillstand" rechnen könne, gebe es nach dem Einsatz von Atomwaffen keine solche Chance mehr, so der General. Der Einsatz von Atomwaffen würde deshalb Selbstmord für Putin bedeuten. Außerdem könne er eine solche Entscheidung nicht selbst treffen. Es gäbe da noch den Generalstabschef und Verteidigungsminister. Jemand müsste schließlich auch noch den Knopf drücken. Alle, fährt der General fort, hätten auch Familien. Die der russischen Oligarchen und Minister würden meist in den Vereinigten Staaten oder in Großbritannien leben und dort ihre Anwesen besitzen. Nicht alle Personen aus Putins Umfeld, heißt es, seien deshalb zur Selbstzerstörung geneigt.

Man dürfe deshalb dieser Erpressung auf keinen Fall nachgeben. Denn "Gott mag keine Feiglinge", erklärt der ehemalige GROM-Kommandeur. Eine Antwort auf eine nukleare Erpressung könnte der Einsatz von nuklearem Potenzial sein. Tomahawks könnten z.B. näher an Russland verlegt werden. Z.B. an der Ostsee, in Lettland oder Estland - von dort gebe es eine gute Reichweite und kurze Flugzeiten nach Moskau, so der General. Mehr als 70 Prozent der Russen würden darüber hinaus den gegenwärtigen Krieg unterstützen. 80 Prozent würden einen Angriff auf Polen befürworten. Putin, erklärt der General, gebe den Russen ein Gefühl von Macht, Stärke und Sicherheit. Wenn aber die NATO-Streitkräfte in Bereitschaft versetzt würden, dann könnten die Russen ihr Sicherheitsgefühl verlieren. Die Unterstützung für die Kreml-Junta würde nicht mehr dieselbe sein wie zuvor, argumentiert Polko.

Frieden könne es nicht um jeden Preis geben, überzeugt er abschließend. Die Ukraine habe uns 10-15 Jahre an Sicherheit gebracht. Polko glaube deshalb nicht, dass jetzt eine wahre Bedrohung bestehe. Russland sei zu schwach. Wenn man aber "diesen Troll" weiter füttern werde, heißt es am Schluss, dann könnten wir in 10-15 Jahren als Entscheidungsträger, ein großes Problem haben.

"Daily Telegraph": Polen hat den Friedensnobelpreis verdient 

Polen würden mit ihrer außergewöhnlichen Hilfe für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zeigen, dass die Menschheit auch in der Lage ist, Gutes zu tun, schreibt Matthew Day, Korrespondent der britischen Tageszeitung "Daily Telegraph" in Warschau. Ohne selbst dabei zu sein, sei es fast unmöglich auszudrücken, wie außergewöhnlich die Polen die Hunderttausenden von ukrainischen Flüchtlingen, die jede Woche in ihr Land strömen, aufgenommen haben. Day weist darauf hin, dass bereits mehr als zwei Millionen Menschen in Polen angekommen seien. Dies sei eine große Zahl im Verhältnis zu den 38 Millionen Einwohnern des Landes. Die Hilfe werde hauptsächlich von Einzelpersonen, Freundeskreisen, Vereinen oder Nachbarschaften organisiert. Im Gegenzug für diese Geste, gebe es eine einfache, symbolische Art und Weise, wie der Rest der Welt seine Dankbarkeit und Bewunderung zeigen könnte: die Verleihung des Friedensnobelpreises an die polnische Nation.

Es sei schwer vorstellbar, lesen wir, dass es heute einen würdigeren Kandidaten für diesen Preis gebe. Der Autor betont gleichzeitig, er sage dies als Auslandskorrespondent, der im Laufe der Jahre zahllose Artikel darüber geschrieben habe, dass Polen in vielen Bereichen bei weitem nicht perfekt sei. Während aber Putins Aktionen in der Ukraine Verzweiflung schüren, so Day, habe das, was Polen getan hat und weiterhin tue etwas Vertrauen in die Menschheit wiederhergestellt. Während Putin und seine "Kohorte unterwürfiger Anhänger ohne Rückgrat" den menschlichen Geist mit ihrer Grausamkeit in der Ukraine erniedrigen, habe das polnische Volk seine Türen für Fremde geöffnet und gezeigt, dass die Menschheit zwar zu großem Bösen fähig sei, aber auch zu großem Mitgefühl. Wenn Polen den Friedensnobelpreis nicht verdiene, schließt der Autor sein Kommentar in der britischen Tageszeitung ab, dann wisse er nicht, was es verdiene.



Piotr Siemiński