Deutsche Redaktion

Putins Rubel-Erpressung

01.04.2022 13:03
Ebenso, wie die G7-Staaten plant Polen nicht, die Lieferungen in einer anderen Währung zu bezahlen, als im Vertrag festgelegt, schreibt Rzeczpospolita. Einen Lieferstopp könnte Warschau offenbar relativ gut verkraften. Außerdem geht es um brisante Enthüllungen im Vorfeld der anstehenden Parlamentswahlen in Ungarn und neue Vorwürfe der nationalkonservativen Presse gegen Senatsmarschall Tomasz Grodzki.
Brak odpowiednich sankcji powoduje wzrost wartości rubla
Brak odpowiednich sankcji powoduje wzrost wartości rublaShutterstock/Emotions studio

Rzeczpospolita: Putins Rubel-Erpressung

Putins Spiel rund um die Rubel-Zahlungen für russische Rohstoffe ist auch in der polnischen Presse ein wichtiges Thema. Wie die konservativ-liberale Rzeczpospolita in ihrem heutigen Aufmacher berichtet, plane auch Polen, ebenso wie die G7-Staaten nicht, die Lieferungen in einer anderen Währung zu bezahlen, als im Vertrag festgelegt. “Für Öl bezahlen wir in der Währung, die in den Verträgen definiert wurde. Eine Änderung der Währung würde eine Änderung der Vertragsbedingungen bedeuten. Und dafür ist die Zustimmung beider Vertragsseiten notwendig”, so der Chef des polnischen staatlichen Ölkonzerns PKN Orlen. Auch der Chef des Gasgiganten PGNiG Paweł Majewski habe erklärt, dass eine Änderung in den Vertragsbedingungen nicht möglich ist. Wie das Blatt erinnert, würden die europäischen Konzerne die Forderungen der Russen nicht erfüllen wollen, da dies die Sanktionen gegen Russland untergraben würde. In einem extremen Szenario könnten die Russen daher den Gashahn zudrehen. 

Polen, lesen wir, würde mit einem solchen Lieferstopp vermutlich zurechtkommen, da die Gasspeicher bis zu 65 Prozent gefüllt sind. Deutschland, das diese Woche eine Frühwarnstufe für den Fall von Lieferausfällen ausgerufen habe, sei in einer schwierigeren Lage. Die Gasspeicher der Bundesrepublik seien nur bis zu 26 Prozent gefüllt. Alternativen seien Einkäufe in Norwegen und Holland, aber diese würden russisches Gas, dass 40 Prozent des deutschen Bedarfs deckt, kurzfristig nicht vollständig ersetzen können. Die aktuellen Reserven in Deutschland würden indes nur für zwei, drei Wochen ausreichen. Längere Blockaden würden unter anderem in Einschränkungen für die Industrie resultieren. Auch infolge der Ankündigungen zur Umstellung der Lieferungen auf Rubel, habe die russische Nationalwährung die Verluste seit Kriegsbeginn fast vollständig wettgemacht, erinnert Rzeczpospolita.

Geht es nach der Publizistin des Blattes Anna Słojewska, würden die Drohungen eines Lieferstopps allerdings wohl die letzte Macht-Demonstration der Russischen Föderation dieser Art darstellen. Putin, so die Autorin, wisse, dass die EU ihre Abhängigkeit von russischen Rohstoffen spätestens bis 2027 auf Null herunterfahren wolle. Polen, ein ernsthafter Abnehmer von russischer Energie, wolle noch in diesem Jahr auf russische Rohstoffe verzichten und Deutschland, der größte Importeur, wolle seine Abhängigkeit von Russland im Energiebereich im Falle von Öl und Kohle bis Jahresende und im Falle von Gas 2023 beenden, so Anna Słojewska in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Orban droht mit Krieg

Die Garantie des Friedens und niedrige Energiepreise - vor allem auf diese zwei Botschaften würde kurz vor den anstehenden Parlamentswahlen in Ungarn Premierminister Viktor Orban setzen, schreibt in der heutigen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Und die Rechnung des ungarischen Regierungschefs, der um seine vierte Amtszeit am Staatssteuer kämpfe, so Publizist Michał Kokot, scheine vorerst aufzugehen. Orbans nationalkonservative Fidesz-Partei habe ihren Vorsprung vor der verbündeten Opposition in den letzten Tagen auf etwa 5 Prozent ausbauen können. Und das trotz der Affäre rund um den ungarischen Außenminister Peter Szijjarto. Das Portal Direkt 36, erinnert Kokot, habe vor einigen Tagen berichtet, dass das ungarische Auswärtige Amt, seit der Amtsübernahme durch Szijjarto, systematisch von russischen Geheimdiensten infiltriert wird. Hacker aus der FSB und dem Militärgeheimdienst GRU seien laut den Untersuchungen des Portals an Konten von Angestellten des Ministeriums gelangt. Die letzte Attacke habe einige Wochen vor der russischen Invasion stattgefunden. Laut Direkt 36 sei Russland dabei vor allem an Geheimnissen der EU und NATO interessiert gewesen. 

Die Opposition würde im Zusammenhang mit den Berichten eine Demission des Außenministers und engen Orban-Vertrauten fordern. Und dabei auch daran erinnern, dass Szijjarto im Herbst vergangenen Jahres von Sergej Lawrow den russischen Freundschafts-Orden erhalten habe. Die Regierungspartei versuche die Affäre als von der Opposition fabrizierte Verschwörung darzustellen. “Wenn die Opposition am Sonntag gewinnt, dann werden sofort Waffenlieferungen an die Ukraine durch Ungarn beginnen”, warnte Regierungschef Orban am Freitag im Interview mit dem regierungsnahen Portal Origo.hu, der die zurückhaltende Haltung seines Landes im Krieg in der Ukraine mit Ungarns Interessen begründet. Und die Wähler, so der Autor, scheinen es ihm abzunehmen. Fidesz bleibe, auch infolge der von der Partei vorgenommenen Änderungen im Wahlgesetz und ihrer Kontrolle über etwa 80 Prozent der ungarischen Medien Favorit der Parlamentswahlen am Sonntag, so Michał Kokot in der Gazeta Wyborcza. 

Gazeta Polska Codziennie: Anständiger Senatsmarschall ab sofort notwendig

Die nationalkonservative Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie setzt indes in der aktuellen Ausgabe ihren Kreuzzug gegen prominente Politiker der Opposition fort. Im Fadenkreuz der heutigen Ausgabe einmal mehr der Senatsmarschall Tomasz Grodzki. In seinem Aufmacher fordert das Blatt die Demission von Grodzki für dessen, wie das Blatt schreibt, “skandalöse Aussage” an den Obersten Rat der Ukraine, in der Grodzki sich dafür entschuldigt habe, dass auch Polen das Putin-Regime mit Rohstoffeinkäufen stützt. Es sei erwähnenswert, so die Zeitung, dass auch ein nicht kleiner Teil des von der Opposition dominierten Senats die Aussage von Grodzki nicht mittragen wollte, so Gazeta Polska Codziennie. 

In einem weiteren Artikel zum Thema wirft das Blatt der Opposition vor, mit ihren Behauptungen über Kohle-Einkäufe bei Russland, “Fake News” zu verbreiten. Und zitiert den Chef der Kanzlei des Premierministers Michał Dworczyk, laut dem solche Einkäufe nicht von Staatsunternehmen, sondern nur von Privatunternehmen vorgenommen worden seien. An dem Versuch, der Regierung den Einkauf von russischen Rohstoffen in die Schuhe zu schieben, so die Zeitung, habe sich am lautstärksten eben Senatsmarschall Grodzki beteiligt. Nun habe die polnische Regierung, wie das Blatt erinnert, entschieden, den Import von russischen Rohstoffen nach Polen vollständig zu unterbinden. Wie Premierminister Morawiecki einräumte, sollte ein solcher Einfuhrstopp im April und spätestens im Mai möglich werden, so Gazeta Polska Codziennie. 

Autor: Adam de Nisau