Deutsche Redaktion

Sakiewicz: Die Worte des deutschen Botschafters sind „leichtsinnig“

28.06.2022 20:24
Der deutsche Botschafter in Polen, Arndt Freytag von Loringhoven geht nach zwei Jahren in den Ruhestand. Am Montag brachte die Zeitung Rzeczpospolita ein Interview mit dem Diplomaten. 
Arndt Freytag von Loringhoven
Arndt Freytag von LoringhovenPAP/OMER MESSINGER

Von Loringhoven erläutert darin unter anderem, dass das Thema der Reparationen von Deutschland an Polen für die Schäden im Zweiten Weltkrieg aus rechtlicher Sicht abgeschlossen sei. In moralischer Hinsicht werde dieses Thema jedoch immer präsent bleiben. Angesichts der blutigen Aggression Russlands gegen die Ukraine, so der Botschafter, „sollten wir uns heute auf das Wichtigste konzentrieren: den Aufbau eines starken, vereinten Westens, eines starken Europas. Ein starker Westen ist ohne eine enge Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland nicht möglich.“

Von Loringhoven sagte auch, dass die Politik der Vertiefung der Abhängigkeit Deutschlands von Russlands Energiequellen ein großer Fehler gewesen sei. „Die deutschen Behörden haben Putins Absichten nicht richtig eingeschätzt. Wir hätten mehr auf unsere mittelund osteuropäischen Nachbarn hören sollen", sagte der Botschafter. Er stellt jedoch fest, dass auch Polen indirekt Putins Interessen unterstützt habe, indem es im Dezember Putins Freunde wie Orban, Salvini und Le Pen in Warschau empfangen habe.

Loringhovens Aussage sorgte unter den polnischen konservativen Kommentatoren für Verärgerung. Tomasz Sakiewicz, der Chefredakteur der Zeitung Gazeta Polska Codziennie, bezeichnete die Worte des deutschen Botschafter als „leichtsinnig”.

„Sie zeugen auch von deutschem Hochmut. In seinem Mund klingen sie noch schlimmer“, sagte er in einem Interview für das öffentich-rechtliche Nachrichtenprogramm Polskie Radio24 am Montag.

„Ich verstehe, dass er nicht für die Sünden seines Vaters verantwortlich ist, dafür, dass er Adjutant in Hitlers Hauptquartier war. Aber er ist in einer Situation, in der es ein Imagefehler war, ihn zum Botschafter zu ernennen. Er darf also einfach weniger. Solch eine Hochmütigkeit dürfe er einfach nicht zeigen. Alle, die Putin unterstützt haben, sind für Putins Unterstützung verantwortlich (..) Es waren die Deutschen, die ihn direkt unterstützt haben. Die Deutschen haben Russland Geld und Waffen gegeben. Sie gaben ihre Zustimmung zur wirtschaftlichen Einkreisung Polens, der Balten und der Ukraine. Deutschland hat also gewissermaßen direkt diesem Krieg zugestimmt. Nur dieser Krieg ist außer Kontrolle geraten und jetzt gibt es Ärger damit“, sagte Sakiewicz.

Arndt Freytag von Loringhoven wurde auch zu seiner Vergangenheit als Chef des deutschen Geheimdienstes befragt und warum er Wladimir Putins Pläne nicht vorhergesehen habe, obwohl er sowohl für den deutschen als auch für den NATO-Geheimdienst verantwortlich war.

- Damals wussten wir viel über die Aktivitäten des Kremls, wir haben das Ausmaß der Modernisierung der Streitkräfte sorgfältig überwacht und auf die wachsende Bedrohung hingewiesen, sagte der Botschafter. Wir haben vor 15 Jahren die Korruptionsverbindungen zu Putins System entschlüsselt, aber nicht alle haben es ernst genommen. Ende letzten Jahres warnten die USA und Großbritannien vor einer großen russischen Invasion in der Ukraine, aber der Rest Europas habe nicht damit gerechnet (…) Die Rolle des Geheimdienstes bestehe nicht darin, Empfehlungen zu machen, sondern Analysen vorzubereiten. Wir haben darauf hingewiesen, dass Putin Energie als politische Waffe einsetzt, obwohl er sie damals nie gegen Deutschland eingesetzt hat, betonte der deutsche Diplomat.

„Vielleicht nicht gegen Deutschland, aber gegen viele andere Länder“, findet der Chefredakteur der Zeitung Gazeta Polska Codziennie.

„Die Deutschen wussten, dass solche Waffen gegen ihre Verbündeten in Europa eingesetzt werden. Und da sie wussten, dass diese Waffe nur der Auftakt zu einem größeren Krieg war, haben sie dem zugestimmt. Also stimmten sie diesem Krieg zu. Der Botschafter redet genau darüber und versucht jemandem anderen die Schuld dafür zu geben, weil sich jemand mit Le Pen getroffen hat. Aber der Krieg ist nicht ausgebrochen, weil jemand Le Pen getroffen hat, sondern weil die Russen das Geld für den Krieg hatten, das ihnen Deutschland gegeben hat. Die Russen konnten es sich auch leisten, die Ukraine energetisch zu umgehen, als der Krieg ausbrach, weil die  Deutschen ein Gaspipeline gebaut haben. Die Deutschen sind für diesen Krieg verantwortlich, und dieser Typ aus Hitlers Bunker kann das nicht leugnen“, betonte Tomasz Sakiewicz in einem Interview für das öffentich-rechtliche Nachrichtenprogramm Polskie Radio24 am Montag.


PR24/jc/ps