Deutsche Redaktion

Opposition fordert Berlin zu Waffenlieferungen auf

16.09.2022 10:35
Es gäbe keinen Grund, meint der polnische Politiker, weshalb sich solche Länder wie die Bundesrepublik, Frankreich oder Italien in kleinerem Maße als die Vereinigten Staaten, Polen oder die baltischen Staaten in die Hilfe engagieren sollten, meint der Vorsitzende der polnischen Opposition Donald Tusk (PO)
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DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Tusk fordert Berlin zu Waffenlieferungen auf 

In Potsdam habe man den M100 Media Award verliehen, berichtet in der neuen Ausgabe die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Die Hauptrede habe Bundeskanzler Olaf Scholz gehalten, der die russische Aggression kritisiert habe. Die Laudatio habe per Videoschalte unter anderem der ehemalige polnische Ministerpräsident Donald Tusk gesprochen. Der Preis sei in diesem Jahr dem ukrainischen Volk verliehen worden, das sich seit Monaten mit eiserner Standhaftigkeit gegen die brutale Invasion Russlands wehre und seine Freiheit und Souveränität auf europäischem Boden verteidige. Stellvertretend habe Wladimir Klitschko den Preis entgegengenommen, der seit der russischen Invasion als eine der Stimmen aus Kiew die Welt immer wieder dazu aufrufe, Haltung gegen das Unrecht dieses Krieges zu zeigen.

Der polnische Oppositionspolitiker Tusk habe seine Unterstützung für die kämpfende Ukraine bekräftigt. Er habe auch gesagt, die letzten Tage würden zeigen, dass die Ukraine eine reale Chance habe, den Krieg zu gewinnen. Der eventuelle Sieg würde aber eine weitaus größerer Unterstützung der europäischen Staaten bedürfen, insbesondere der Größten und Reichsten, wie zum Beispiel Deutschland.

Und es gehe nicht um symbolische Gesten, Worte oder Auszeichnungen, sondern um Waffen: Munition, Flugzeuge, Panzer. Es gäbe keinen Grund, meint der polnische Politiker, weshalb sich solche Länder wie die Bundesrepublik, Frankreich oder Italien in kleinerem Maße als die Vereinigten Staaten, Polen oder die baltischen Staaten in die Hilfe engagieren sollten. Die Lage sei eindeutig: es sei offensichtlich, wer Täter und wer Opfer sei - die Versuche, dies zu verwischen, halte er für widerlich, sagte der ehemalige polnische Premierminister bei der Preisverleihung in Potsdam. Politiker in Europa, auch die politischen Eliten in Berlin sollten sich dessen bewusst sein, dass eine schnellere Hilfe seitens der Europäischen Union ganz sicherlich das Leid des ukrainischen Volkes und die Zahl der getöteten Kinder und vergewaltigten Frauen verringern würde. Donald Tusk habe sich deshalb für umfangreiche Waffenlieferungen für die Ukraine eingesetzt. Wenn die Deutschen die Erinnerung an den II. Weltkrieg als eine Verpflichtung verstehen würden, sagte Tusk abschließend, dann sollte sich diese Haltung in einer massiven und klaren Unterstützung für die angegriffene Ukraine und einer ernsten Auseinandersetzung mit den Forderungen der durch die Nazis überfallenen Ländern manifestieren, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. 

RZECZPOSPOLITA: Reparationen und die Innenpolitik 

Als am 1. September die Regierungspartei (PiS) den Bericht über die Kriegsschäden in Polen vorgestellt habe, alarmierte die Opposition die PiS würde das Thema einzig für innenpolitische Zwecke auszunutzen wollen. Immer wenn die Regierung Probleme habe, versuche sie die Aufmerksamkeit abzulenken, indem sie einen neuen Feind aufzeige, hieß es. Grzegorz Schetyna, wichtige Figur in der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) meinte, man sollte sich nun darum bemühen, die deutsch-polnischen Beziehungen zu verbessern. Und die Reparationsfrage habe er übrigens als abgeschlossen bezeichnet. Den Grundgedanken der Regierenden hätten die oppositionellen Politiker zwar richtig durchschaut, lesen wir in dem Blatt. Arkadiusz Mularczyk von der regierenden PiS-Partei habe kurz darauf zugegeben, dass sich der Wahlkampf im kommenden Jahr wohl um die Reparationen drehen werde. Die Meinungsumfragen würden aber zugleich zeigen, dass die Mehrheit der Polen die Forderung nach Reparationen unterstütze. Die Regierung habe somit die oppositionellen Gruppierungen in Bockshorn gejagt. Oppositionelle Politiker hätten Anfangs das Narrativ der „bösen Deutschen” wiederholt und verteidigt.

Der Bürgerplattform sei nichts anderes übrig geblieben, als aus der Falle einen Ausweg zu finden. Heute höre man schon, dass sich die meisten oppositionellen Politiker für die Kriegsentschädigungen für Polen aussprechen würden. Kurz vor dem Jahrestag des sowjetischen Angriffs auf die Zweite Polnische Republik am 17. September 1939 würden sie sogar die Meinung vertreten, dass Polen auch Entschädigungen von Russland anfordern sollte. Auch die Russen hätten doch polnische Bürger kaltblütig ermordet und Teile des Landes dem Erdboden gleich gemacht. Auch hier sei die Lage eindeutig, lesen wir weiter. Sie bedürfe sogar keiner Meinungsumfrage: ganz offensichtlich gehe die Mehrheit der Polen davon aus, dass ihr Land Reparationszahlungen von den Russen bekommen sollte.

Mit ihrer aktuellen Agenda habe die oppositionelle Partei jedoch eine neue Konfliktlinie gezogen und tue genau das, was die der Regierungspartei vorgeworfen habe, und zwar nutze die Reparationsfrage für innenpolitische Zwecke aus. Könne derjenige ein echter Patriot sein, der die Reparationen nur von Berlin und nicht von Moskau fordere, scheint die Opposition die Regierenden zu fragen, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita.


Jakub Kukla