Deutsche Redaktion

Tatsächliches Ende des Kalten Krieges?

20.09.2022 10:54
Der Krieg in der Ukraine sei noch längst nicht entschieden, aber die ukrainische Offensive der letzten Tage habe verursacht, dass eine russische Niederlage wahrscheinlicher sei, als man es noch vor wenigen Wochen angenommen habe. Sollte es zu dieser Niederlage tatsächlich kommen, wäre das ein wichtiger Moment in der europäischen Politik, den man als das eigentliche Ende des Kalten Krieges in Europa betrachten könnte, stellt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Philosoph, Professor Marek A. Cichocki fest. 
Der Preseblick
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RZECZPOSPOLITA: Tatsächliches Ende des Kalten Krieges

Dies möge überraschend klingen, denn man gehe meistens davon aus, dass der Konflikt zwischen dem Westen und den Sowjets bereits vor 30 Jahren zu Enden gegangen sei. Den Zerfall der Sowjetunion, die Wiedervereinigung Deutschlands sowie die Erlangung der Unabhängigkeit durch die Länder Osteuropas sehe man meisten als den Anfang einer neuen politischen Ära.

Der Westen habe vor 30 Jahren seinen Sieg über die Sowjetunion jedoch gar nicht verkündet. Man habe vielmehr versucht, bei den Russen das Gefühl einer Niederlage nicht entstehen zu lassen. Unter anderem aus diesem Grund konnte Mikhail Gorbatschow 1992 das Ende des Kalten Krieges als einen gemeinsamen Sieg verkünden.

Trotz der positiven Umwandlungen der letzten Jahre habe man im östlichen Teil des Kontinents stets das Gefühl gehabt, dass der Konflikt zwischen dem Osten und dem Westen im Grunde genommen immer noch nicht vorbei sei, lesen wir weiter. Eine Bestätigung dieser Vorahnung seien die Stellung der Ostländer im Rahmen der NATO-Politik, die zweideutige Position der östlichen EU-Staaten in der Ostpolitik der alten EU-Mitglieder und die privilegierte Verhandlungsposition Moskaus in den Kontakten mit den politischen Eliten Westeuropas. Ein Teil dieser Logik sei auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Der Sieg Kiews könnte deshalb zu einem ersehnten und tatsächlichen Ende des kalten Krieges beitragen, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Konservative Revolution  

Bei seinem Besuch in Bratislawa habe sich der polnische Premierminister für eine, wie er es nannte, konservative Revolution eingesetzt, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. In einer solchen Bezeichnung würde es keinen Widerspruch geben, meint der Politiker. Geht es nach Morawiecki würde Europa eine Rückbesinnung brauchen. Die EU müsste sich erneut nach alten Werten richten, sagte der polnische Regierungschef. Die EU müsste den Mut dazu finden, die verfehlten Wege zu verlassen und zu ihren Wurzeln zurückzukehren, sagt Mateusz Morwiecki in der slowakischen Hauptstadt. Nach Ansicht des polnischen Regierungschefs sei die Freiheit im westlichen Teil des Kontinents bislang nicht ernsthaft gefährdet worden, deshalb seien die Weststaaten nicht imstande, den eigentlichen Wert der Freiheit richtig zu erkennen.

Er gehe davon aus, so Morawiecki weiter, dass die Gewissen der Westeuropäer nicht abgestorben, sondern nur eingeschlafen seien. Polen und andere osteuropäische Länder würden vor einer schwierigen Aufgabe stehen, das Erbe der griechischen, römischen und christlichen Tradition an kommende Generationen von Europäer weiterzugeben. Unter anderem darin bestehe die große Aufgabe der osteuropäischen Länder. Der östliche Teil des Kontinents verfüge momentan über die vitalen Kräfte, die Europa beleben könnten. Polen und andere europäische Oststaaten würde sich derzeit auf der ersten Linie der Front befinden. Und in dem Kampf gehe es um die Freiheit. Polen sei es, das der Ukraine helfe, sich von dem postsowjetischen, kommunistischen, russischen Joch zu befreien, sagte der polnische Politiker bei einem Treffen der konservativen Intellektuellen in Bratislava.

 

SUPER EXPRESS: Der naive Westen

In einem Gespräch mit der Tageszeitung Super Express nimmt Ex-Präsident Kwaśniewski Stellung zu den Beschuldigungen einiger Politiker des Regierungslagers, die behaupten, dass sich die polnische Opposition prorussisch verhalten würde. Die Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten sowie Europa seien sehr komplex, meint Aleksander Kwaśniewski im Gespräch mit dem Blatt. In den politischen Kontakten würde es verschiedene Etappen geben. Es habe eine Zeit gegeben, wo sich die meisten Länder, inklusive der Vereinigten Staaten von Amerika für einen Neuanfang in den Beziehungen mit der Russischen Föderation ausgesprochen hätten. Viele hätten damals die Hoffnung geäußert, dass sich Moskau nach und nach demokratisieren werde, sodass man mit den Russen erneut wirtschaftliche Kontakte werde aufnehmen können. Inzwischen habe es aber auch Signale gegeben, dass Russland auf seine aggressive Politik nicht gänzlich verzichtet habe – 2008 in Georgien oder später, 2014, bei der Krimannexion. Aus der heutigen Perspektive müsse man zugeben, dass sich der Westen für eine naive Variante der Politik entschlossen habe. Auch wenn die Beweggründe richtig gewesen seien, meint polnischer Ex-Präsident Aleksander Kwaśniewski im Gespräch mit Super Express.

 

Jakub Kukla