Deutsche Redaktion

"Absicherung von Schlüsselposten vor eventueller Wahlniederlage"

26.10.2022 08:03
Ein wichtiges Thema in der Presse ist der vom Regierungslager angekündigte Rat für Strategischen Sicherheit. Laut den Regierungspolitikern soll der Rat Kontinuität bei der Verwaltung von strategisch wichtigen Staatsunternehmern sichern. Laut vielen Kommentatoren ist das Ziel des Unterfangens ein anderes.
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Rzeczpospolita: Absicherung von Schlüsselposten vor eventueller Wahlniederlage

Experten hätten jedoch keine Zweifel, dass der Rat nicht die Unternehmen, sondern die von der PiS nominierten Topmanager schützen soll, schreibt die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Wenn das Gesetz in Kraft treten sollte, so die Zeitung, müssten sich die Vorstandsmitglieder der fünf in dem Projekt genannten Unternehmen auch bei einem Regierungswechsel keine Sorgen um ihre Posten machen, zumindest solange sie vom Rat für Strategische Sicherheit akzeptiert würden. Es gehe darum, die Leitung von einigen Schlüsselunternehmen einzubetonieren, um auch dann Einfluss auf sie zu behalten, wenn die PiS nicht mehr an der Macht sein werde, urteilt der Analyst für juristische Fragen im Forum der Bürgerlichen Entwicklung, Patryk Wachowiec. In dem Projekt, so der Experte, sehe er viele Ähnlichkeiten zum so genannten Lex TVN, mit dem die Regierung vor einiger Zeit versucht habe, den oppositionsnahen Sender aus der polnischen Medienlandschaft auszuschließen.

Gazeta Wyborcza: Ewige Macht für das Team von Orlen-Chef Obajtek

In ähnlichem Ton auch der Kommentar der linksliberalen Gazeta Wyborcza. Auf die Idee, die Macht de facto vor allem eines Managers, also von Orlen-Chef Daniel Obajtek, per Gesetz für Jahre einzubetonieren, sei noch keine Regierungspartei seit dem Fall des Kommunismus gekommen, schreibt der Publizist des Blattes Andrzej Kubik. Viele Aktivisten der PiS, so der Autor, hätten inzwischen gut bezahlte Direktorenposten in den zahlreichen Tochter- und Enkelunternehmen von Orlen erhalten. Und nun könnten einige von ihnen darauf hoffen, dass, falls es gelingt, den Vorstand von Orlen vor einer Auswechslung zu schützen, auch sie nach einer eventuellen Wahlniederlage der PiS einen Zufluchtsort für sich finden werden. So könne sich das von den Autoren des Gesetzesprojekts heraufbeschworene Wohl Polens sich letztendlich als Interesse nur einer Partei entpuppen, oder vielleicht gar nur eines Teils ihrer Aktivisten, so Andrzej Kubik in seinem Kommentar für Gazeta Wyborcza. 

Rzeczpospolita: Chinesen in Hamburg

Und noch ein deutscher Akzent aus der Rzeczpospolita. Der Streit um den Verkauf von Anteilen an dem Unternehmen, das den Hamburger Hafen verwaltet, zeigt die weitgehende Abhängigkeit Berlins von Peking, urteilt das Blatt auf seiner Titelseite. Der Streit rund um den Hafen, lesen wir, werde letztendlich wohl mit einem Kompromiss enden. Eine grundlegende Revision der Politik gegenüber China werde Berlin jedoch weitaus schwieriger fallen. “Eine Korrektur in den Beziehungen zu Peking, die besonders in den strategischen Sektoren notwendig ist, würde aktuell sehr teuer sein. Daher auch der große Widerstand, diese vorzunehmen”, sagt im Gespräch mit der Zeitung der Analyst des deutschen Mercator Institute for China Studies (MERICS) Grzegorz Stec.

Autor: Adam de Nisau