Deutsche Redaktion

Geleakte Pentagon-Dokumente. Führt die Spur nach China?

11.04.2023 12:55
Wenn man die niedrige Qualität der Fake-News in Betracht ziehe, die die russische Propaganda produziere, fährt der Autor fort, scheine es unwahrscheinlich, dass die Russen hinter einer so breit angelegten Geheimdienstoperation stehen, schreibt Zbigniew Parafianowicz in Dziennik/Gazeta Prawna. Außerdem: Polnische Institutionen unter Dauerfeuer prorussischer Hacker. Und: Werden in Zukunft NATO-Truppen in der Ukraine stationieren? Die Einzelheiten in der Presseschau.
Pentagon przyznaje, że wyciek tajnych dokumentów dotyczących wojny na Ukrainie to zagrożenie dla bezpieczeństwa narodowego
Pentagon przyznaje, że wyciek tajnych dokumentów dotyczących wojny na Ukrainie to zagrożenie dla bezpieczeństwa narodowegoshutterstock/Salma Bashir Motiwala

Dziennik/Gazeta Prawna: Wieso die ausgesickerten Dokumente der geplanten Offensive schaden

Kiew versucht die Bedeutung der ausgesickerten US-Dokumente zum Krieg in der Ukraine zwar herunterzuspielen. Doch diese könnten der für Ende April, Anfang Mai geplanten ukrainischen Offensive schaden, urteilt der Publizist des Wirtschaftsblatts Dziennik/Gazeta Prawna, Zbigniew Parafianowicz. Wie der Publizist erinnert, seien alle Informationen zur Gegenoffensive ein streng gehütetes Geheimnis gewesen. Derweil könne man aus den auf Telegram und anderen Sozialen Medien veröffentlichten Dokumenten entnehmen, wo die ukrainischen Truppen konzentriert würden und wo mit hoher Wahrscheinlichkeit die wichtigste Richtung des Angriffs geplant sei. Auch seien Schätzungen zu den ukrainischen Kräften auf der sogenannten Charkiw-Achse veröffentlicht worden. Wenn man die niedrige Qualität der Fake-News in Betracht ziehe, die die russische Propaganda produziere, fährt der Autor fort, scheine es unwahrscheinlich, dass die Russen hinter einer so breit angelegten Geheimdienstoperation stehen. Stattdessen könne China seine Finger mit im Spiel gehabt haben. 

Peking, argumentiert der Autor, habe ein Interesse daran, den Amerikanern und Ukrainern die geplante Gegenoffensive zu erschweren. China sei zudem an einer diplomatischen Lösung des Konflikts zwischen dem Kreml und Kiew interessiert, allerdings zu seinen eigenen Bedingungen, am besten ohne eine der beiden Seiten wesentlich zu stärken. Eine erfolgreiche Gegenoffensive würde indes eine Stärkung der Ukraine und - noch schlimmer - der USA bedeuten. Um seine Ziele zu erreichen, lesen wir weiter, könne sich Peking zwar noch keine offene Konfrontation mit Washington leisten (indem es zum Beispiel Waffen an Russland liefert). Dafür könne es aber Informationen als Waffe nutzen. Im Falle der geplanten ukrainischen Offensive sei jedes Datenleck schädlich und stelle ein Problem für die USA und die Ukraine dar. Und sei es nur durch die Tatsache, dass es Kiew und Washington zu einer Stellungnahme zwingt, so Zbigniew Parafianowicz in Dziennik/Gazeta Prawna. 

Rzeczpospolita: Massive Cyberangriffe auf polnische Unternehmen

Auch die polnischen strategischen Unternehmen, kritische Infrastruktur, Krankenhäuser und sogar juristische Kanzleien befinden sich derzeit unter einem Dauerfeuer prorussischer Hacker, warnt in ihrem heutigen Aufmacher die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Wie die sich in Cybersecurity spezialisierende israelische Firma CheckPoint informiere, so das Blatt, würden die Cyber-Kriminellen sowohl den Finanz- und Bankensektor (1216 Angriffe pro Woche), Regierungsinstitutionen (1080) und die verhältnismäßig am schlechtesten geschützten Krankenhäuser (1669) im Visier haben. Innerhalb des vergangenen Jahres sei allein die Zahl der Cyberangriffe auf medizinische Institutionen in Polen um 60 Prozent gestiegen. Diese würden ein einfaches Ziel darstellen, da die IT-Absicherungen an diesen Orten immer noch weit hinter denen in Banken oder Energieunternehmen zurückbleiben, so Rzeczpospolita. 

Rzeczpospolita: NATO-Truppen als Sicherheitsgarant in der Ukraine?

In einem bestimmten Moment werde Ukraines Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj vor dem Dilemma stehen, ob es sich lohnt, eine enorme Zahl von ukrainischen Soldaten zu opfern, um einen relativ kleinen Teil des besetzten Staatsgebiets zurückzuerobern, oder ob es besser sei, einen Kompromiss zu schließen, sagt im Gespräch mit der Rzeczpospolita der ehemalige Vize-NATO-Generalsekretär, Camille Grand. Natürlich, so Grand, würden die internationalen Grenzen der Ukraine unverändert bleiben, andere werde die Welt nicht anerkennen. Aber es könne zu einem Waffenstillstand und einer Suspendierung dieser Frage für Jahrzehnte kommen. So wie etwa im Falle von Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg: die endgültigen Grenzen der Bundesrepublik seien 1990 anerkannt worden. Derweil gebe es 70 Jahre nach dem Ende des koreanischen Kriegs immer noch keinen Friedenstraktat, der Staat bleibe gespalten. Ähnlich könne es auch mit der Ukraine sein. Dies hänge jedoch auch mit den Sicherheitsgarantien zusammen, die der Westen der Ukraine anbieten werde. Solange in der Ukraine gekämpft werde, fährt Grand fort, werde die NATO zu einem eventuellen Beitritt des Landes sicherlich keine Stellung beziehen. Zudem sei das Bündnis in dieser Frage tief gespalten. Polen führe eine kleine Gruppe von Staaten an, die sich für einen raschen NATO-Beitritt der Ukraine aussprechen. Die USA würden zwar nicht prinzipiell dagegen sein. Sie würden aber auch nicht auf einen Beitritt drängen, da Washington nicht sicher sei, welches Harmonogramm hier am günstigsten wäre. Deutschland, Frankreich oder Großbritannien seien noch vorsichtiger, da sie nicht überzeugt seien, dass eine NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine die beste Formel sei. Und natürlich sei da noch Ungarn von Orban, das davon überhaupt nichts hören wolle. Als Alternativen zu einer NATO-Mitgliedschaft würden noch bilaterale Sicherheitsgarantien in Frage kommen, wie die, die die USA Israel oder Südkorea gewährt hätten. Oder die Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine. Wenn es dagegen um die EU-Mitgliedschaft gehe, so sei er überzeugt, dass die Ukraine der Europäischen Union beitreten wird. Vielleicht nicht in einem oder zwei Jahren, aber in 10 Jahren mit Sicherheit. Denn die EU sei, anders als die NATO, keine politische, sondern ein bürokratische Organisation. Wenn die Beitrittsprozeduren in Gang gesetzt worden seien, dann würden sie auch zu Ende gebracht. Außerdem; welcher Mitgliedstaat würde sich einem Beitritt der Ukraine nach einem solchen Krieg widersetzen wollen, fragt Camille Grand im Interview mit Rzeczpospolita. 

Autor: Adam de Nisau