Deutsche Redaktion

Neue politische Dynamik

17.05.2023 07:16
Wie erwartet, hat die Ankündigung der Erhöhung des Kindergeldes „Familie 500 Plus” eine neue Dynamik in den politischen Alltag in Polen gebracht. 
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RZECZPOSPOLITA: Nato-Länder rüsten auf

2014 hätten Nato-Staaten sich darauf geeinigt, in den kommenden Jahren die Ausgaben für militärische Zwecke auf 2 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandprodukts zu erhöhen, erinnert das Blatt Rzeczpospolita. Noch im Jahr 2021 konnte man den Eindruck gewinnen, dass dieses Ziel weit entfernt sei – nur acht von 29 Nato-Ländern hätten die 2-Prozent-Hürde überschritten. Die russische Attacke auf die Ukraine habe verursacht, dass die Ausgaben für Militärausrüstung an Bedeutung gewonnen hätten. Viele Staats- und Regierungschefs hätten angekündigt, die Ausgaben fürs Militär unverzüglich zu erhöhen. Wirtschaftsexperten von der Münchener Denkfabrik Ifo hätten nun analysiert, ob und wie die Ankündigungen die Wirklichkeit beeinflussten, lesen wir.

Ihrer Analyse sei zu entnehmen, dass die meisten Nato-Länder in diesem Jahr im Schnitt 1,9 Prozent des BIP für Ausrüstung ausgeben würden, also um zwei Zehntel mehr als noch im Jahr 2021. Lediglich in 11 Ländern werde man aber die 2-prozentige Hürde überschreiten. Ein absoluter Rekordhalter bei der Aufrüstung sei Polen, stellen die Wissenschaftler fest. Warschau werde laut Berechnungen ca. 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dafür ausgeben. Dies bedeute, dass sich die polnischen Ausgaben für militärische Ausrüstung mehr als verdoppeln würden. In dieser Hinsicht sei Polen ein Vorzeigebeispiel im Nordatlantikpakt. Gleich hinter Polen würden sich die USA und Griechenland befinden. Aber auch andere Staaten Mittelosteuropas, wie Estland, Litauen, Finnland, Ungarn und Rumänien, würden das Gebot der Stunde verstehen und ihre Armeen aufrüsten.

Die Experten weisen zugleich darauf hin, dass die höheren Ausgaben für militärische Zwecke in Polen keine breite Unterstützung unter der Gesellschaft hätten. Circa 40 Prozent der befragten Polen würden die Aufrüstung für begründet halten, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Neue politische Dynamik

Wie erwartet, habe die Ankündigung der Erhöhung des Kindergeldes „Familie 500 Plus” eine neue Dynamik in den politischen Alltag in Polen gebracht. Am Sonntag habe der Chef der Regierungspartei Jarosław Kaczyński eine Erhöhung der Sozialleistung von 500 auf 800 Zloty für jedes Kind unter dem 18. Lebensjahr angekündigt. Schon am Montag habe dann der Chef der größten oppositionellen Gruppierung Bürgerplattform vorgeschlagen, diese Leistung schon am 1. Juni, also dem Kindertag, einzuführen, erinnert das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna. Die Pläne seien sehr konkret berechnet worden, versichert der Sprecher der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit PiS. Eine zu schnelle Erhöhung des Kindergeldes würde die Inflation beschleunigen. Der Plan sehe vor, bis zum Jahresende die Inflation einzudämmen und dann, ab dem ersten Januar 2024 das Kindergeld zu erhöhen, damit es als ein positiver Impuls für die polnische Wirtschaft wirken könne.

Auf den Vorschlag von Tusk sei der Parteisprecher gar nicht eingegangen, lesen wir weiter. Seine Partei würde sich auf die Konzeptionen von Tusk nicht konzentrieren. Er freue sich aber, dass sich Donald Tusk für das politische Programm von PiS-Chef Jarosław Kaczyński interessiere, weil er allem Anschein nach kein eigenes Programm habe. Und darin würde der gravierende Unterschied zwischen den Regierenden und den oppositionellen Gruppierungen bestehen, zitiert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna den Sprecher der Regierungspartei PiS, Rafał Bochenek.

 

SUPER EXPRESS: Was halten die Polen von „800 Plus“?

Die Tageszeitung Super Express überlegt, ob die jüngsten Wahlversprechen den Regierenden zum Wahlsieg im Herbst verhelfen könnten. Neben dem höheren Kindergeld kündige die Regierungspartei auch kostenlose Arzneimittel für Senioren und Kinder sowie gebührenfrei Fahrt auf polnischen Autobahnen an. Einer Umfrage, die im Auftrag der Tageszeitung vom Meinungsforschungsinstitut Pollster durchgeführt wurde, sei zu entnehmen, dass 66 Prozent der Befragten die Ankündigungen positiv bewerten würden. Experten würden wiederum sehr verschiedene Positionen vertreten. Prof. Tomasz Słomka meint, dass die Regierungspartei mit der einen Hand den Polen 800 Zloty geben und mit der anderen doppelt so viel wegnehmen werde. Der Politikwissenschaftler, Professor Kazimierz Kik meint indes, dass das politische Programm der Regierenden kohärent sei. Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) versuche den Sozialstaat konsequent aufzubauen. Gleichzeitig habe die Regierung vor, ausländische Investitionen nach Polen zu locken. Die Reform der Fachschulen zeige auch, dass man das Bildungssystem an die Anforderungen des Arbeitsmarkts anzupassen möchte. Diese scheine ein durchdachter Plan für die Zukunft zu sein, so Professor Kazimierz Kik in der Tageszeitung Super Express.

 

Jakub Kukla