Deutsche Redaktion

Die Ukraine blutet anstelle des Westens

18.07.2023 13:12
„Unter herzlichen Freunden haben die Hunde den Hasen gefressen"...
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Rzeczpospolita: Die Ukraine blutet anstelle des Westens 

Zum jüngsten NATO-Gipfel wurde die Ukraine nicht eingeladen. Ein Datum für ihre Mitgliedschaft wurde auch nicht genannt. In den kaum skizzierten Folgen der heutigen Entscheidungen liege der Keim für das Unglück von morgen, schreibt indes die Rzeczpospolita. Eine Aufnahme in die NATO sei natürlich während eines Krieges nicht möglich. Der Artikel 5 des Bündnisses sehe schließlich vor, den Angegriffenen solidarisch zu helfen. Dies würde im Fall der Ukraine das Bündnis in einen Krieg mit Russland treiben. Außerdem müsste der Beitritt einstimmig von den Parlamenten der Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Heute sei dies eher unmöglich, lesen wir. Die Angst vor einem solchen Schritt sei stärker. So verliere die Demokratie mit ihren Prozeduren gegen die Tyrannei, heißt es im Blatt.

Die Beschlüsse des vergangenen NATO-Gipfels über u.a. Sicherheitsgarantien für Kiew scheinen somit ein realistisches Maximum zu sein, fährt der Autor fort. Sie seien aber auch gleichzeitig ein Geschenk an den Kreml. Je länger der Krieg dauere, desto weiter werde die Integration der Ukraine in den Westen zurückgeschoben.

Geht es nach dem Blatt, sei das Schlechte aber schon unmittelbar nach der russischen Invasion der Ukraine geschehen. Damals habe Deutschland den Überfallenen „Hilfe" in Form von 5.000 Helmen und etwas Verbandszeug angeboten. Amerika habe das polnische Angebot zur Übergabe von MiG-29-Kampfjets blockiert. Es habe sich auch monatelang geweigert, schwere Artillerie und Raketen zu liefern. Auch Großbritannien, das jetzt am mutigsten sei, habe lange Zeit tatenlos zugeschaut. In dieser Zeit hätten die Ukrainer nur tragbare Panzerabwehrraketen erhalten.

Obwohl die Ukraine sich tapfer verteidige, fährt das Blatt fort, habe Russland größere Reserven. Man brauche nur die Bevölkerungszahl und die Größe der Territorien zu vergleichen, um die Masse der postsowjetischen Ausrüstung zu begreifen. Eine zunehmend ausblutende Ukraine könne nicht ewig einen Krieg führen. Eines Tages werde sie zusammenbrechen. Damit habe ein ehemaliger US-Befehlshaber wohl Recht gehabt, als er sagte, man hätte der Ukraine alles geben sollen, was schießt und keine Atomwaffe sei.

Der Amerikaner habe wohl am frühesten begriffen, dass der Dritte Weltkrieg bereits ausgebrochen sei, heißt es im Anschluss. Nur mit ukrainischem Blut, das im Namen des Westens fließe. Heute stehe die Demokratie und die Werte, die uns am nächsten liegen, auf dem Spiel. Mögen die Worte des polnischen Schriftstellers Ignacy Krasicki falsch sein, als er einst schrieb: „Unter herzlichen Freunden haben die Hunde den Hasen gefressen". 

Dziennik: Polen trotz aller Widrigkeiten weiter im Aufwärtstrend 

Die polnische Wirtschaft gewinne wieder an Dynamik. Der Rest Europas stocke oder werde langsam ärmer, schreibt Andrzej Krajewski im Online-Blatt Dziennik. Große EU-Volkswirtschaften stehen entweder still, wie Frankreich, Italien und Spanien, oder es gehe langsam bergab wie in Deutschland. Berlin verzeichne im zweiten Quartal in Folge einen Rückgang. Nur Polen erlebe einen starken Aufschwung. Vieles deute auch darauf hin, dass das Land erst am Anfang einer Aufwärtswelle stehe.

Wie kam es dazu, fragt sich der Autor. Als sich der politische Kurs der Welt in den letzten zehn Jahren verschoben habe, hätten die polnischen Eliten so getan, als gäbe es das Ausland nicht. Und es war viel los. Vor zehn Jahren begannen der amerikanische Reset unter Obama mit Moskau und die wirtschaftliche Wende nach Fernost zu scheitern. Putins Russland habe sich auch für die Konfrontation mit dem Westen entschieden. China indes begann unter Xi Jinping seine wirtschaftliche und politische Expansion in Richtung Afrika und Europa. Nach der Pandemie habe auch das Ende der Globalisierung begonnen.

Westliche Volkswirtschaften hätten damals begonnen, sich von der großen Fabrik der Welt abzukoppeln. Es schien, heißt es weiter im Blatt, als hätte der unvermeidliche Prozess der Globalisierung, der die Dritte Republik in die Rolle der europäischen Randzone gedrängt hatte, seine Richtung um 180 Grad geändert.

In der polnischen Außenpolitik zu dieser Zeit indes, fährt der Autor fort, habe auch auf EU-Ebene Unentschlossenheit und Tatenlosigkeit geherrscht. Das Land sei, genau wie heute, in zwei zerstrittene politische Lager gespalten gewesen.

Geht es nach dem Autor, sei Polen damals ein durchschnittlich leistungsfähiger Staat gewesen, einer der ärmsten in der EU, mit einer Armee in permanenter Unordnung. Er habe auch kaum andere Ambitionen gehabt, als in Ruhe einfach so weiter zu existieren. Solange sich die beiden politischen Lager noch ein Jahrzehnt lang gegenseitig bekämpfen können, ohne irgendwelche Konsequenzen zu tragen.

In der Zwischenzeit wurde die Dritte Republik Polen trotz ihrer Schwäche durch die globalen Turbulenzen vorangebracht, heißt es weiter im Blatt. Mitteleuropa sei zu einem Gewinner des sog. Nearshoring geworden. Einer Strategie der Verkürzung der Lieferketten durch westliche Unternehmen. Nach Ansicht einiger ausländischer Experten habe Polen davon am meisten profitiert. Es sei auch Polen, lesen wir weiter, das immer neue Rekorde bei ausländischen Direktinvestitionen verzeichne. Potenziell könnte das Land auch beim Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg gewinnen. Mehr als 14.000 Unternehmen aus der Ukraine hätten sich ebenfalls in Polen niedergelassen. Gleichzeitig beschleunige der Prozess der Selbstzerstörung Russlands mit jedem Monat. Wenn der Kreml den Krieg nicht schnell beende, würde dieser irgendwann unumkehrbar sein. 

Aber das Glück der Republik gehe noch weiter. Geht es nach dem Autor, werde die tragische demografische Situation, begleitet von wirtschaftlichem Wachstum, eine Bereitschaft zur Aufnahme von Migranten erzwingen. Die Trägheit der Dritten Republik hätte dazu geführt, dass in den letzten zehn Jahren nicht einmal die einfachsten Grundsätze einer Migrationspolitik geschaffen worden seien. Krajewski nach, könnten sich jetzt aber in den nächsten Jahren mehrere Millionen Ausländer aus der ganzen Welt in Polen niederlassen. 

Egal, was in der Welt Schlimmes passiere oder welche Dummheiten die Machthaber begehen würden, lesen wir anschließend, die Rechnung von Verlusten und Gewinnen gehe immer zu Gunsten der Polen aus. Für den Autor sei dieses Glück einfach unbegreiflich. Man könne nur hoffen, dass wenn das Glück darauf bestehe, ein Land zu begünstigen, selbst polnische Politiker nicht in der Lage sein werden, dies zu ändern, lautet Krajewskis Fazit in Dziennik.


Autor: Piotr Siemiński