Deutsche Redaktion

"Staatspräsident und Premier in den USA: Wahlkampf, Sicherheit und das Spiel ums große Geld"

12.03.2024 12:36
Bei der Organisation des Besuchs der polnischen Staatsmänner im Weißen Haus habe die Regierung Bidens eine wichtige Bedingung gestellt. Und: Sind die Staaten der NATO-Ostflanke auch 25 Jahre nach ihrem Beitritt zum Bündnis Mitglieder zweiter Kategorie? Die Einzelheiten in der Presseschau.
Ze wspólną wizytą do Waszyngtonu udają się prezydent Andrzej Duda i premier Donald Tusk. Przypadnie ona w 25. rocznicę wejścia Polski do sojuszu
Ze wspólną wizytą do Waszyngtonu udają się prezydent Andrzej Duda i premier Donald Tusk. Przypadnie ona w 25. rocznicę wejścia Polski do sojuszuShutterstock.com/Pandora Papers

Dziennik Gazeta Prawna: Duda und Tusk in den USA: Wahlkampf, Sicherheit und das Spiel ums große Geld

Der für heute geplante Besuch des polnischen Premierministers und des polnischen Staatspräsidenten im Weißen Haus werde ohne große Ansagen oder Kriegswarnungen durch US-Präsident Joe Biden ablaufen, schreibt die Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna. Wie die Gesprächspartner des Blatts überzeugen, wolle der Demokrat - neben den Feierlichkeiten zu Polens 25-jähriger Mitgliedschaft in der NATO und Diskussionen zu Sicherheitsfragen – die neue Regierung von Donald Tusk diskret auffordern, keine radikalen Änderungen an den Plänen zum Bau des geplanten Kernkraftwerks vorzunehmen. Bidens Regierung sehe sich in diesem Bereich bereits mit einer Reihe von ungünstigen Entscheidungen konfrontiert. Ende Januar hätten die Tschechen beschlossen, auch mit Koreanern und Franzosen über ihr Atomprogramm zu sprechen.

Für das in Polen und Bulgarien immer noch im Spiel gebliebene US-Unternehmen Westinghouse seien die Chancen somit vertan. Sollte das milliardenschwere Projekt auch in Polen europäisiert werden, würde dies Bidens Präsidentschaftswahlkampf sicherlich schaden, schreibt das Blatt. Die Republikaner würden dann Bidens Probleme ausnutzen. Polen gelte als Investitionsmotor in Mitteleuropa, fährt das Blatt fort. Dies sei einer der Gründe, warum Präsident Duda das neueste Westinghouse-Kernkraftwerk in Georgia besuchen werde. Eines der polnischen Kraftwerke soll mit der gleichen Technologie gebaut werden.

Andrzej Duda soll sich auch mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, treffen. Vom Republikaner aus Louisiana hänge es ab, die Abstimmung über ein Hilfspaket für die Ukraine in Höhe von 61 Milliarden Dollar durchzuführen. Dieser Schritt werde derzeit von Donald Trump blockiert, der sich im Wahlkampf keine positiven Nachrichten für Biden wünsche. Polens Außenminister, Radosław Sikorski, habe deshalb die polnische konservative Rechte dazu aufgerufen, ihre Kontakte zu den Republikanern zu nutzen. Nach inoffiziellen Informationen der Tageszeitung führe Warschau seit mindestens einigen Wochen auf diplomatischem Wege Gespräche mit Trumps Umfeld.

Bei der Organisation des Besuchs der polnischen Staatsmänner habe die Regierung Bidens jedoch eine Bedingung gestellt, heißt es abschließend. Es dürfe kein Treffen zwischen Andrzej Duda und dem republikanischen Kandidaten Donald Trump geben. Dieser habe sich nämlich vor einigen Tagen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten  getroffen. Wie Viktor Orbán nach dem Treffen erklärte, werde Trump keinen Cent für den Krieg zwischen der Ukraine und Russland ausgeben, sollte er wieder an die Macht kommen. So plane Trump, den Krieg zu beenden, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna. 

Onet.pl: Amerikaner haben Polen ein Ultimatum gestellt

Trotz angespannter Beziehungen statten Andrzej Duda und Donald Tusk den Vereinigten Staaten einen gemeinsamen Besuch ab. Der Grund sei ein Ultimatum, das die Amerikaner Polen gestellt hätten, schreibt Onet.pl.

Die Amerikaner, so das Portal, wollen von beiden Polen volle Garantien dafür, dass innenpolitische Streitigkeiten die Politik der polnischen Regierung in den Bereichen Sicherheit und Energieverträge nicht gefährden.

Wie Onet schreibt, sei der gemeinsame Besuch des Staatspräsidenten und des Premierministers in den USA somit eine Initiative der amerikanischen Seite. Beide Politiker hätten trotz ihrer gegenseitigen Abneigung zustimmen müssen. Aus diesem Grund sei Vortag ihres Besuchs auch der Nationale Sicherheitsrat einberufen worden, um Polens Verbündeten die Einigkeit in Angelegenheiten von zentraler nationaler Bedeutung zu signalisieren. Hier müsse es jetzt trotz der äußerst angespannten Beziehungen zwischen dem Präsidenten und der Regierung eine enge Zusammenarbeit geben.

Obwohl Andrzej Duda und Donald Tusk gemeinsam an der Seite von Joe Biden stehen werden, sei ihr Verhältnis mehr als schlecht, heißt es weiter. Den Quellen von Onet zufolge hegen beide Politiker eine klare Abneigung gegeneinander. Hinter den Kulissen herrsche kalter Krieg.

Der Präsident soll es dem Premierminister vor allem übel nehmen, dass dieser vor kurzem zwei verbündete Politiker in seinem Palast verhaftet hatte. Andrzej Duda sei der Meinung, dass es sich um eine geheime Operation im Auftrag des Regierungschefs gehandelt habe. Streitpunkt zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister seien auch die Ernennung von Botschaftern und des polnischen Kommissars bei der Europäischen Kommission, so Onet.

Rzeczpospolita: Osteuropa wartet immer noch auf eine echte NATO-Reifeprüfung

Er habe die unangenehme Aufgabe, die Jubiläumsstimmung anlässlich des 25. Jahrestages des Beitritts Polens zur NATO zu stören, schreibt Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita. Klar, so der Autor, die NATO sei das stärkste Militärbündnis in der Weltgeschichte. Vor kurzem habe es sich um Finnland und Schweden erweitert. Die Ostsee sei damit fast zu ihrem Binnengewässer geworden. Doch, so Haszczyński, der Fluch der sowjetischen Herrschaft laste trotzdem immer noch auf mittel- und osteuropäischen Mitgliedern der NATO. Und das obwohl die Sowjetunion seit mehr als 32 Jahren tot ist. 

Die östlichen Staaten des Bündnisses, lesen wir, seien weiterhin Mitglieder zweiter Klasse. Ihre westlichen Nachbarn würden sie weiterhin so behandeln, als seien sie noch nicht ganz erwachsen. Als könne man ihnen nicht alles anvertrauen, was den wirklich Reifen zustehe. Dies werde in entscheidenden Momenten allzu deutlich, so Haszczyński. Osteuropa habe zur zweiten Kategorie gehört, als aufgrund der russischen Aggression im Osten das Problem der Einrichtung ständiger Stützpunkte auftauchte. Westliche NATO-Staaten hätten dem 2014 nicht zugestimmt, als Moskau die Krim annektierte und seine Aggression im Osten der Ukraine begann. Nach 15 Jahren Bündniszugehörigkeit, lesen wir, seien ehemalige Ostblockstaaten damals vielleicht noch nicht volljährig gewesen. Nach einem Vierteljahrhundert in der westlichen Politik seien sie es jetzt aber, betont Haszczyński.

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022, so der Autor, seien Tausende von alliierten Truppen des Bündnisses im Osten Europas erschienen. Aber befinden sie sich zu denselben Bedingungen hier, wie beispielsweise die Amerikaner in Deutschland, fragt der Autor. Die derzeitige US-Regierung behaupte, dass die Präsenz ihrer Truppen in Polen dauerhaft sei. Aber schon beim Programm der nuklearen Teilhabe für Verbündete wolle man z.B. Polen nicht einbeziehen. Wie der Autor anmerkt, sei die nukleare Abschreckung aber für Länder, die näher an Russland liegen, viel wichtiger als z. B. für Belgien oder Italien.

Es gebe auch immer noch keinen klaren Abschied von der Vereinbarung über die Beziehungen zwischen der NATO und Russland (von 1997). Demnach sollte es im östlichen Teil des Bündnisses keine ständigen Kampftruppen in nennenswertem Umfang geben. Solche Truppen würden sich dort auch heute noch nicht befinden. Und das, obwohl Moskau unter Putin seine Verpflichtungen längst gebrochen habe.

Ein weiteres Anzeichen dafür, dass u.a. Polen nicht als erwachsen genug betrachtet werde, sei die Wahl des neuen NATO-Generalsekretärs. Die Amerikaner, Briten, Deutschen und  Franzosen würden die Kandidatur des langjährigen niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte unterstützen. Kandidaturen aus Osteuropa würden sie nicht in Betracht ziehen.

Rutte sei ihre Wahl, obwohl dieser die Gefahr aus Russland nicht sofort erkennen wollte. Auch nachdem Moskau vor Jahren ein Flugzeug mit fast 200 niederländischen Passagieren über der Ukraine abschoss. Rutte habe auch mit Begeisterung an dem deutsch-russischen Nord Stream-Projekt teilgenommen.

Die Wahl eines neuen NATO-Generalsekretärs werde die politische Richtung für das Bündnis und seine Beziehungen zu Russland vorgeben, heißt es abschließend. Für den Westen sei es inakzeptabel, auf jemanden von der Ostflanke zu setzen. Dies würde einen künftigen Reset mit Moskau ausschließen und den künftigen Frieden in Europa gefährden, den der Westen mit Russland erst nach Putin aufbauen könnte. Eine Vision von Russland als ständigen Gegner wolle der Westen nicht akzeptieren, so das Fazit von Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita.

Autor: Piotr Siemiński