Deutsche Redaktion

"Verpasste Chance auf eine Partei der Aufsteiger"

12.08.2025 11:46
Tusk hat mehr von einem „Jungen aus dem Wohnblock“ gehabt, der körperliche Arbeit kenne, als Jarosław Kaczyński. Doch die Bürgerkoalition zahlt heute den Preis für die Fehler der Dritten Republik und ihrer Eliten, schreibt Rzeczpospolita. Außerdem: Verhaften oder Ausübung von Ämtern verbieten - wie sollte man mit kompromittierten Politikern umgehen? 4-Tage-Woche mit 13 Stunden Arbeit pro Tag - größere Flexibilität oder Rückkehr ins Mittelalter? Und: Bildungsministerin Nowacka sorgt einmal mehr für Kontroversen. Mehr zu diesen Themen in der Presseschau.
Ministerprsident Donald Tusk (P) und der Prsident der Zakłady Chemiczne Nitro-Chem S.A. Arkadiusz Miszuk (C) und Regierungssprecher Adam Szłapka (L) bei einem Besuch der Zakłady Chemiczne Nitro-Chem S.A. in Bydgoszcz. PAPTytus Żmijewski
Ministerpräsident Donald Tusk (P) und der Präsident der Zakłady Chemiczne Nitro-Chem S.A. Arkadiusz Miszuk (C) und Regierungssprecher Adam Szłapka (L) bei einem Besuch der Zakłady Chemiczne "Nitro-Chem" S.A. in Bydgoszcz. PAP/Tytus Żmijewski PAP/Tytus Żmijewski

RZECZPOSPOLITA: Verpasste Chance auf eine Partei der Aufsteiger

Die Bürgerplattform hätte eine Partei für Aufsteiger werden können – das sind schließlich auch ihre Wurzeln. Über den im Gesetzentwurf von Karol Nawrocki verwendeten Begriff „traditionelle Form des CPK“ in Bezug auf den Großflughafen mag man schmunzeln, doch Premierminister Donald Tusk hat die Chance verpasst, mit diesem Thema zu punkten, schreibt die heutige Rzeczpospolita.

Mit ihrer Stimme für die PiS und Karol Nawrocki, so das Blatt, hätten die Polen die vergangenen 36 Jahre abreagiert. Der neue Präsident, der Steuererleichterungen für Wohlhabende anbiete, wirke dennoch volksnäher als jeder Politiker der Bürgerplattform. Würde Tusk die Rede des neuen Präsidenten vor dem Sejm halten – dass es kein Polen A und B gebe – würde ihm dennoch die Glaubwürdigkeit fehlen. Dabei habe Tusk mehr von einem „Jungen aus dem Wohnblock“ gehabt, der körperliche Arbeit kenne, als Jarosław Kaczyński. Doch die Bürgerkoalition zahle heute den Preis für die Fehler der Dritten Republik und ihrer Eliten, lesen wir.

Zwar gebe es Bereiche, in denen die PiS nur vorgebe, eine Volkspartei zu sein – etwa in der Wohnungspolitik, wo Banken und Bauträger bevorzugt worden seien – doch habe die Bürgerplattform je eine Volkspartei sein wollen? Sie habe vielmehr eine Partei der Ambitionen sein können, wie sie es einst gewesen sei. Daran habe Tusk noch vor Kurzem erinnert, als er ankündigte, sich um die Olympischen Sommerspiele in Polen zu bewerben, und dabei auf das große Infrastrukturprojekt Euro 2012 verwies.

Vielleicht liege der entscheidende Punkt heute darin, dass die PiS Ambitionierten eine politische Heimat bietet – und die Bürgerplattform diesen Moment verpasst hat, so Rzeczpospolita.

SUPER EXPRESS: Politologe fordert politische Säuberung statt Prozesse

Seit seinem Amtsantritt im verganenen Monat hat Justizminister und Generalstaatsanwalt Waldemar Żurek keine konkreten Namen genannt, wer zur Rechenschaft gezogen werden soll, und keine detaillierten Vorwürfe gegen einzelne Politiker erhoben. Wer muss also mit Prozessen und möglichen Strafen rechnen? – fragt Super Express.

Laut dem Politologen, Prof. Kazimierz Kik tragen die Führungskräfte die Verantwortung für Unregelmäßigkeiten. „Wenn jemand zur Rechenschaft gezogen werden soll, dann diejenigen, die eine Mentalität geschaffen haben, die zu Skandalen führte – kurz: die Anführer. Sie haben über die Personalauswahl entschieden, ein System geschaffen, das Missstände ermöglichte, und sie hätten schädliche Personen aus dem Amt entfernen müssen“, sagt Kik.

Zur Frage, wie Politiker für Fehlverhalten oder Unterlassungen bestraft werden sollten, erklärt er: „Ich bin gegen Gerichtsverfahren und Gefängnisstrafen. Stattdessen sollte eine Liste jener erstellt werden, die versagt haben, denn sie werden es wieder tun. Solchen Personen sollte man verbieten, öffentliche Ämter zu bekleiden – man sollte sie einfach aus dem System entfernen.“ Verantwortlich sei vor allem der negative Mechanismus der Auswahl der politischen Klasse, der stets im Kopf des Parteiführers beginne – mit entsprechenden Folgen für die Qualität des Staates.

Zu seinen eigenen Zielen sagte Minister Żurek im Gespräch mit Super Express: „Wir wollen das Vertrauen in die Justiz wiederherstellen – durch gesetzliche Maßnahmen und praktische Änderungen in der Arbeit der Gerichte. Er konzentriere sich auf das, was Bürger direkt spüren: schnellere Verfahren, faire Prozesse, mehr Transparenz, zitiert Super Express den neuen Justizminister.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Flexibilität oder Rückkehr ins Mittelalter?

Während die polnische Linke eine Verkürzung der Arbeitszeit fordert, geht Griechenland einen anderen Weg: Als erstes EU-Land erlaubt es im Rahmen einer Vier-Tage-Woche Arbeitstage von bis zu 13 Stunden, berichtet Dziennik/Gazeta Prawna. Das Gesetz soll im September in Kraft treten und ist eine Reaktion auf den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Hunderttausende gut ausgebildete junge Griechen hätten das Land aus wirtschaftlicher Unsicherheit und Perspektivlosigkeit verlassen.

Die Regierung in Athen betont, der 13-Stunden-Tag bedeute keine Verlängerung der Wochenarbeitszeit, sondern biete lediglich mehr Flexibilität. Man erhoffe sich dadurch höhere Produktivität, ohne die formale Arbeitswoche auszudehnen. Die Gewerkschaften warnen jedoch vor einer Rückkehr ins Mittelalter.

In Polen, erinnert das Blatt, gelte eine 8-Stunden-Arbeitszeit an fünf Tagen pro Woche. Das Arbeitsgesetz erlaube jedoch Arbeitstage von bis zu 13 Stunden, sofern den Beschäftigten täglich mindestens 11 Stunden Ruhezeit bleiben. Die gesetzliche Obergrenze für Überstunden liegt bei 150 Stunden pro Jahr, kann aber durch Tarif- oder Arbeitsverträge erhöht werden, solange die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden nicht übersteigt, so Dziennik/Gazeta Prawna.

DO RZECZY: Streit um Schulreformen

Die Pläne von Bildungsministerin Barbara Nowacka sorgen seit Langem für Kontroversen, stellt die Wochenzeitschrift Do Rzeczy fest. Eine ihrer jüngsten Ideen ist die verpflichtende Einführung von Schulräten mit Lehrern, Schülern und Eltern. Diese Gremien sollen unter anderem die Arbeit der Pädagogen bewerten, an der Schulordnung mitwirken und die Qualität der Schule beurteilen. Schulleiter reagieren ablehnend. „Eltern und Schüler verfügen oft nicht über die nötigen Kenntnisse, um Lehrer fachgerecht zu bewerten“, kritisierte Krzysztof Baszczyński vom Polnischen Lehrerverband den Vorschlag.

Auch Izabela Leśniewska, Vorsitzende des Verbandes der Führungskräfte im Bildungswesen, sieht die Pläne skeptisch: „Man will uns damit mit Gewalt glücklich machen. Wo bleibt die Autonomie von Eltern, Schülern und Lehrern? Als ich Schulleiterin wurde, gab es die Möglichkeit, solche Räte zu bilden – es gab aber keine Interessierten. Ich fürchte, heute wäre es ähnlich.“

Weitere Vorschläge des Bildungsministeriums stoßen ebenfalls auf Widerstand – etwa die Einführung eines Ombudsmanns für Schülerrechte, Änderungen bei der Erfassung unentschuldigter Fehlzeiten und ein neuer Katalog von Schülerrechten und -pflichten. Lehrer befürchten, dass ein Ombudsmann nicht unabhängig agieren könne, wenn er dem Schulleiter unterstellt sei und Kollegen aus dem Lehrerkollegium bewerten müsse. Kritiker sehen für diese Funktion nur auf nationaler und regionaler Ebene eine Daseinsberechtigung. Elternverbände hingegen begrüßen die Idee eines Schulombudsmanns, so Do Rzeczy.

Autor: Jakub Kukla

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Karol Nawrocki – neuer Präsident, alte Konflikte. Wird er die polnische Rechte verändern?

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„Rzeczpospolita“: Nawrockis Steuerpläne kosten bis zu 125 Milliarden Złoty

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