Deutsche Redaktion

"Premierminister Tusk auf dem Kriegspfad"

25.07.2025 11:45
Auch die Vereidigung scheint zu zeigen: Premierminister Donald Tusk will das verlorene Vertrauen der Polen nicht mit einer „Politik der Liebe“, sondern durch eine Eskalation des Konflikts mit der Oppositionspartei PiS zurückgewinnen. Neuer Justizminister im Visier der nationalkonservativen Medien. Und: Interessante Roschaden im Vertrauensranking der Politiker. Mehr dazu in der Presseschau. 
Premier Donald Tusk (L), minister ds. nadzoru nad wdrażaniem polityki rządu Maciej Berek (2P) oraz minister rolnictwa i rozwoju wsi Stefan Krajewski (3P) podczas posiedzenia rządu w Kancelarii Prezesa Rady Ministrów w Warszawie, 25 bm. Rząd zajmie się m.in. przygotowanymi przez Ministerstwo Obrony Narodowej Strategią Bezpieczeństwa Narodowego Polsk
Premier Donald Tusk (L), minister ds. nadzoru nad wdrażaniem polityki rządu Maciej Berek (2P) oraz minister rolnictwa i rozwoju wsi Stefan Krajewski (3P) podczas posiedzenia rządu w Kancelarii Prezesa Rady Ministrów w Warszawie, 25 bm. Rząd zajmie się m.in. przygotowanymi przez Ministerstwo Obrony Narodowej Strategią Bezpieczeństwa Narodowego PolskFoto: PAP/Leszek Szymański

Rzeczpospolita: Donald Tusk auf dem Kriegspfad

Premierminister Donald Tusk will das verlorene Vertrauen der Polen nicht mit einer „Politik der Liebe“, sondern durch eine Eskalation des Konflikts mit der Oppositionspartei PiS zurückgewinnen, urteilt nach der Vereidigung des neuen Kabinetts der Publizist der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Artur Bartkiewicz.

Bei der Vorstellung des umgebildeten Kabinetts, beobachtet der Autor, habe Tusk die Ernennungen der „harten Männer“ Marcin Kierwiński und Waldemar Żurek demonstrativ hervorgehoben und das neue Superministerium von Andrzej Domański erst an zweiter Stelle erwähnt. Tusk habe sein Team als „Kommandotrupp“ bezeichnet, immer wieder militärische Anspielungen gewählt und sogar die Eroberung Mexikos durch Hernán Cortés beschworen: „Die Schiffe sind verbrannt, wir haben sie am Strand zurückgelassen“, habe der Premier betont.

Auch bei der gestrigen Vereidigung im Präsidentenpalast sei Tusk offensiv geblieben: Er habe zuerst dem scheidenden Justizminister Adam Bodnar für dessen Einsatz zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit gedankt und Präsident Andrzej Duda direkt brüskiert, als er hervorhob, dass diese Leistung besonders im Präsidentenpalast hervorgehoben werden müsse. Die klare Botschaft: Staatspräsident Duda habe im Kontext der Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit einiges hinter den Ohren. Tusk habe zudem die “Zartheit” Bodnars in dessen Vorgehen gelobt. Die Tatsache, dass Bodnar trotzdem gehen müsse, lasse schlussfolgern, dass sein Nachfolger Żurek sich nicht durch diese Qualität auszeichnen werde.  Das Ministerium werde sich unter Żurek vielmehr zu einem „Resort der Abrechnungen“ entwickeln, unterstützt von Kierwiński, der schon die ehemaligen Chefs der Zentralen Antikorruptionsbehörde CBA und PiS-Veteranen Mariusz Kamiński und Maciej Wąsik aus dem Präsidentenpalast abgeführt habe.

Ob Tusk damit die Wahlniederlage von Rafał Trzaskowski richtig analysiere, bleibe zweifelhaft. Die riskante These laute, junge Wähler hätten sich von der Bürgerkoalition abgewandt, weil es ihnen an politischen „Spectaculi“ gefehlt habe. Sollte die Regierung zwei Jahre nach der Abwahl der PiS erneut zum Feldzug blasen, könnten die Umfragen zeigen, dass das Verbrennen der Schiffe voreilig gewesen sei. „Dann würden die Koalitionspartner eilig Rettungsboote bauen“, warnt Bartkiewicz in der Rzeczpospolita.

Do Rzeczy: Erstes Problem von Żurek. “Interessenkonflikt”

In den Pressekommentaren zur Regierungsumbildung wird dem neuen Justizminister Waldemar Żurek besonders viel Platz gewidmet. Während sich die Liberalen von ihm eine härtere Linie bei der Abrechnung mit der PiS erhoffen, warnen die nationalkonservativen Medien vor einer Zuspitzung des Konflikts um die Rechtsstaatlichkeit unter Żurek. Und suchen nach Anlässen, um dessen Glaubwürdigkeit zu untergraben. 

Kaum vereidigt, stehe Waldemar Żurek bereits vor seinem „ersten Problem“ – einem möglichen Interessenkonflikt, meldet etwa die nationalkonservative Wochenzeitschrift Do Rzeczy auf ihrem Internetportal.

Wie das Blatt erinnert, habe Żurek für das Amt des Justizministers und Generalstaatsanwalts auf seinen Richterstatus verzichten müssen; damit seien Immunität, lebenslange Bezüge und ein sicherer Rückweg an die Richterbank vorerst dahin. Schwerer wiege jedoch, dass er in zwei laufenden Klagen gegen den Staat – vertreten durch den Justizminister – selbst als Kläger auftrete. Beide Verfahren lägen beim Warschauer Bezirksgericht, so Do Rzeczy unter Berufung auf Wirtualna Polska. 

In der ersten Klage verlange Żurek 150 000 Złoty Schadenersatz für angebliche Schikanen im Zusammenhang mit seinem Einsatz für die richterliche Unabhängigkeit unter der Regierung PiS. Das Verfahren sei am 4. Juni auf gemeinsamen Antrag der Parteien ausgesetzt worden, um eine gütliche Einigung zu prüfen. Die zweite Klage, in der es laut Żurek um knapp eine Million Złoty gehe, warte noch auf die Zuteilung eines Berichterstatters. Neben dem Staatsschatz seien darin – unter anderem – der Justizminister, der Generalstaatsanwalt, der Erste Präsident des Obersten Gerichts und der Chef des Zentralen Antikorruptionsbüros genannt. 

Auf die Frage von Wirtualna Polska, ob er angesichts seiner neuen Funktion weiter gegen den Staat vorgehen wolle – was einen Prozess „Żurek kontra Żurek“ bedeuten würde –, habe der Minister geantwortet: „Die Sache muss schnell gelöst werden. Es wird eine gute Lösung geben, im Einklang mit Recht und Ethik“, so Do Rzeczy.

Super Express: Wem vertrauen die Polen am meisten?

Indes genießt der scheidende Präsident Andrzej Duda weiterhin das größte Vertrauen der Polen. Das meldet die Boulevardzeitung Super Express unter Berufung auf eine Juli-Erhebung des Instituts CBOS. 

Laut Umfrage vertrauen 53 Prozent der Befragten Duda – drei Punkte mehr als im Juni. Überraschend auf Rang zwei habe sich der gewählte Präsident Karol Nawrocki vorgeschoben; ihm sprechen 48 Prozent Vertrauen aus (+2 Punkte) und er verdränge damit den bisherigen Vize, Konfederacja-Politiker Sławomir Mentzen, dessen Wert auf 45 Prozent sank (-2).

Spiegelbildlich führe PiS-Chef Jarosław Kaczyński mit 53 Prozent die Liste der Misstrauenswerte an, obgleich seine Ablehnung um drei Punkte gefallen sei. Ihm folge Grzegorz Braun, dessen Negativwert binnen eines Monats um sechs Punkte auf 52 Prozent gestiegen sei. Platz drei teilten sich Premier Donald Tusk und der KO-Abgeordnete Roman Giertych mit je 51 Prozent – ein Hinweis auf die anhaltende Polarisierung der polnischen Politik.

Zu den größten Gewinnern zählten Vizepremier und Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz, der sein Vertrauenskonto um fünf Punkte auf 42 Prozent ausgebaut habe, sowie Außenminister Radosław Sikorski (+4 auf 44 Prozent). Der deutlichste Einbruch sei dagegen bei Sejmmarschall Szymon Hołownia zu verzeichnen (-4 auf 37 Prozent). Auffällig sei zudem, dass Ex-Premier Mateusz Morawiecki und Amtsinhaber Tusk identische 36 Prozent Vertrauen verzeichneten, Tusk jedoch mit 51 Prozent einen höheren Misstrauenswert aufweise als Morawiecki (48 Prozent), so Super Express.

Die CBOS-Erhebung wurde vom 3. bis 13. Juli 2025 unter 970 erwachsenen Polinnen und Polen im Mischmodus-Verfahren (CAPI, CATI, CAWI) durchgeführt. 

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