RZECZPOSPOLITA: Deutsche Großprojekte ohne Konsultation
Die Haltung der polnischen Regierung habe Berlin sowohl bei den vorherigen als auch vor den aktuellen Konsultationen negativ überrascht, schreibt Jerzy Haszczyński in der konservativ-liberalen Rzeczpospolita. In Deutschland, so der Autor, habe man eigentlich erwartet, dass nach acht Jahren PiS-Herrschaft die Zusammenarbeit mit Tusk endlich einfach sein werde.
Doch die Geschichte laste weiterhin auf den Beziehungen, sowohl die ältere als auch die jüngere, die mit dem jahrelangen Pumpen deutscher Milliarden nach Russland verbunden sei. Deutschland meine, dieser große Krieg sei nicht der richtige Zeitpunkt, um die Vergangenheit aufzuarbeiten. Man sei weder zu einer ernsthaften Wiedergutmachung für die Verbrechen des Dritten Reiches bereit noch zur Reflexion über die eigenen großen Experimente, die man gerne gegen den Willen der Nachbarn und EU-Partner durchführe – oder in der milderen Version: ohne Konsultation mit ihnen.
In diesem Jahrhundert seien solche Großprojekte die beiden Nord Stream Pipelines gewesen, die Berlin hartnäckig als „rein wirtschaftliches Projekt“ bezeichnet habe, sowie die Einladung einer riesigen Zahl von Immigranten ohne Konsultation selbst mit Frankreich. Für diese deutschen Projekte hätten andere Staaten bezahlt und würden es noch lange tun müssen. Die Erwartung, dass die anderen dies vergessen würden, sei nicht nur naiv, sondern auch gefährlich. Die Deutschen selbst bräuchten Schutz vor den nächsten Großprojekten, die ohne Abstimmung mit anderen und gegen deren Willen umgesetzt würden – „insbesondere wenn die AfD an die Macht kommen sollte“, so Jerzy Haszyński in der Rzeczpospolita.
GAZETA WYBORCZA: Zeit für Schweden und Finnland statt Berlin?
Auch Bartosz Wieliński von der linksliberalen Gazeta Wyborcza hat geringe Erwartungen an die heute beginnenden deutsch-polnischen Konsultationen. Die beiderseitigen Beziehungen seien nicht in einer Krise, vieles funktioniere. Aber sie würden seit einigen Jahren vor sich hin driften. Die Frage sei allerdings, ob das tatsächlich so schlecht sei und ob Polen die Beziehungen zu Berlin in der heutigen Situation tatsächlich als besonders und privilegiert behandeln müsse. Vor 20 Jahren, erinnert Wieliński, habe ein polnischer Diplomat im deutschen Auswärtigen Amt bemängelt, Deutschland könnte seinen Nachbarn ernster nehmen. Ein deutscher Diplomat habe erwidert: „Lieber Herr, wir haben neun Nachbarn. Wir können nicht nur Polen bevorzugen.“ Der Pole habe ihn kühl zurechtgewiesen: „Ich verstehe, wie bedeutend die deutsch-luxemburgischen Beziehungen sind.“
Die polnisch-deutsche Versöhnung, lesen wir, sei zwar ein wichtiger Teil des Fundaments, auf dem die Dritte Republik stehe. Für polnische Demokraten habe die Versöhnung – dank der Messe in Kreisau, bei der Premierminister Tadeusz Mazowiecki und Kanzler Helmut Kohl sich bei der Weitergabe des Friedenszeichens in die Arme gefallen seien – eine mystische Dimension angenommen. Für polnische Nationalisten sei es hingegen eine kitschige Geste gewesen, ein Versuch Deutschlands, sich aus der Verantwortung für die Verbrechen des Dritten Reiches herauszuwinden.
Wegen übermäßiger polnischer Emotionen– sowohl Hoffnungen als auch Phobien, überzogener Erwartungen und Frustrationen – seien die beiderseitigen Beziehungen jedoch zu einem „überdüngten Feld“ geworden. Wer ein wenig landwirtschaftliche Kenntnisse habe, wisse, dass Überdüngung für Pflanzen gefährlicher sei als Düngermangel. Übersättigter Boden töte Pflanzen. Auf solcher Erde wolle nichts wachsen.
Wieliński plädiert daher für eine strategische Neuausrichtung. Man müsse den deutsch-polnischen Beziehungen Raum lassen, um sich zu erholen und warten, bis sie sich selbst normalisieren. Und sich damit abfinden, dass das vor sich hin driften die neue Normalität ist. Man könne die Worte des deutschen Diplomaten paraphrasieren und sagen, dass unser Land auch viele Nachbarn hat und wir nicht darauf bestehen müssen, Deutschland zu bevorzugen: „Auf der anderen Seite der Ostsee gibt es Staaten, mit denen wir keine tragische Geschichte des 20. Jahrhunderts teilen, gegenüber denen wir keine Komplexe haben und die nicht auf uns herabschauen.“ Schweden und Finnland bereiteten sich – wie Polen – intensiv auf die Abwehr eines möglichen russischen Angriffs vor. In der Russland-Frage herrsche dort – anders als in Deutschland – voller politischer Konsens. Der kürzlich angekündigte Kauf schwedischer U-Boote und die Teilnahme polnischer Artilleristen an Übungen in Finnland seien ein Signal, dass dieses Feld gute Erträge bringen werde, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza.
GAZETA.PL: Sikorski warnt vor „wirtschaftlichem Reset“ zwischen USA und Russland
In einem Interview mit TVN24, das auf dem liberalen Portal Gazeta.pl dokumentiert wird, äußert sich Außenminister Radosław Sikorski besorgt über die laufenden Verhandlungen zwischen Washington und Moskau. Unter Bezugnahme auf einen Artikel im „Wall Street Journal“ meint Sikorski, bereits die Zusammensetzung der amerikanischen und russischen Delegationen habe darauf hingedeutet, dass „ein wirtschaftlicher Reset im Gange“ sei – ein großes amerikanisch-russisches Abkommen auf Kosten der Ukraine.
Zwar wisse man noch nicht, ob die amerikanische Diplomatie einen Frieden „so schnell wie möglich und um jeden Preis“ anstrebe, doch Sikorski fügt hinzu, er glaube, „da ist etwas dran. Dort sind seriöse Leute involviert.“ Falls dies zutreffe, könne die Regierung von Donald Tusk, „die kategorisch für das Völkerrecht eintritt, für die Garantien, die die Ukraine von den Vereinigten Staaten hat, und für die weitere Unterstützung der Ukraine“, für die USA unbequem werden. Für Europa sei das „keine gute Nachricht“.
Zur Frage, ob die Amerikaner sich bereits damit abgefunden hätten, den gesamten Donbass – auch den nicht besetzten, stark befestigten Teil – an Russland abzutreten, antwortet Sikorski: „Nein, nein. Polen wird sich nicht am Schachern mit ukrainischen Gebieten beteiligen. Wir werden solche Dinge rezensieren, aber nicht absegnen.“ Das Problem sei aus Polens Sicht die Fähigkeit des Aggressors zu weiterer Aggression, nicht die Fähigkeit des Opfers, sich zu verteidigen.
Sikorski äußert in dem Kontext auch Erwartungen an Präsident Karol Nawrocki. Die Opposition habe stets betont, gute Beziehungen zu Viktor Orbán und dem Weißen Haus zu haben. „Hier würde ich eine positive Rolle von Präsident Nawrocki erwarten, denn er fährt zu Orbán, der auf einen Gipfel hofft, auf dem all dies angeblich besiegelt werden soll“, so der Außenminister laut Gazeta.pl.
DO RZECZY: Umfrage zeigt Vertrauensverlust in Trump-Administration
Das konservative Wochenmagazin Do Rzeczy präsentiert eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts SW Research zur Frage, wie der 28-Punkte-Friedensplan der US-Administration das Vertrauen der Polen in die Trump-Regierung beeinflusst hat.
Die größte Gruppe – 36,5 Prozent der Befragten – gebe an, ihr Vertrauen in die Trump-Administration sei nach Bekanntwerden des Plans gesunken. 35,7 Prozent erklärten, ihr Vertrauen habe sich nicht verändert. 14,6 Prozent der Teilnehmer hätten angegeben, nichts von dem Friedensplan gehört zu haben. Lediglich 13,2 Prozent der Befragten gaben an, ihr Vertrauen sei gestiegen.
Interessant seien die demografischen Unterschiede: Der Vertrauensverlust betreffe häufiger Männer (41 Prozent) als Frauen (32 Prozent). Der Anteil derjenigen, die der Trump-Administration weniger als zuvor vertrauten, steige mit dem Alter: Bei den unter 24-Jährigen seien es 23 Prozent, bei den über 50-Jährigen bereits 47 Prozent. Besonders ausgeprägt sei der Vertrauensverlust bei Befragten mit Berufsausbildung (48 Prozent) sowie bei Bewohnern von Städten mit 200.000 bis 500.000 Einwohnern (52 Prozent), so das Magazin Do Rzeczy.
Autor: Adam de Nisau