Rzeczpospolita: Wahlfälschung oder politisches Theater?
Seit drei Tagen treiben oppositionsnahe Medien einen vermeintlichen „Skandal“ rund um ein sechs Jahre altes Tonbandgespräch zwischen Premierminister Donald Tusk und Roman Giertych. Wie Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita schreibt, wäre es jedoch viel interessanter zu erfahren, wie nicht irgendein altes Gespräch, sondern ein tatsächlicher Austausch zwischen dem Premierminister und dem Anwalt über das Ergebnis der Präsidentschaftswahl ausgesehen haben könnte.
Auf der einen Seite habe der Premierminister bis jetzt erklärt, dass Karol Nawrocki die Wahl gewonnen habe und eine Anzweiflung des Ergebnisses die Glaubwürdigkeit des Staates untergrabe. Auf der anderen Seite stehe Anwalt Roman Giertych, der, wie wir lesen, kürzlich Tusks Bürgerplattform beigetreten ist. Giertych koordiniere nicht nur die Sammlung von Wahlprotesten, sondern habe selbst beim Obersten Gerichtshof die Annullierung der Wahl beantragt.
Sind das etwa zugewiesene Rollen im Spiel von „guter Polizist, böser Polizist“? Oder vielleicht ein taktisches Spiel auf zwei Klavieren, fragt der Autor. Giertych bediene hierbei die Emotionen der radikalen Wählerschaft der Regierungsparteien, die glaube, die Wahl sei von der Opposition gefälscht worden. Der Premierminister indes, als Staatsmann, spiele deutlich zurückhaltender. Die Frage laute: Hat überhaupt jemand die Kontrolle über dieses Schauspiel, lesen wir im Blatt.
Natürlich müsse jede Unregelmäßigkeit bei den Wahlen geklärt werden, heißt es weiter. Polen müssten darauf vertrauen können, dass ihre Stimmen ordnungsgemäß gezählt wurden. Nur wie könne man die Stimmen ganz normal besorgter Bürger von jenen Internetgruppen unterscheiden, die Verschwörungstheorien verbreiten, fragt Szułdrzyński. Oder noch schlimmer – von denen, die behaupten, die Wahl sei gefälscht worden, weil sie daraus politischen Nutzen ziehen wollen?
Und hier stoße man an die Grenze zwischen dem berechtigten Anspruch, jede Wahlanfechtung ernst zu nehmen, und der Aushöhlung des Vertrauens in den demokratischen Prozess, so der Autor. Ein Teil der Wählerschaft könnte beim Ruf nach einer Aufhebung der Wahl den Eindruck gewinnen, dass das Regierungslager einfach nicht bereit sei, die Niederlage von Rafał Trzaskowski zu akzeptieren. Dass der einzige Plan der Koalition derzeit darin bestehe, die demokratische Legitimation von Karol Nawrocki anzufechten.
Geht es nach dem Autor, würde dieses Vorgehen die von Donald Tusk geführte Koalition nur weiter von einer Siegchance im Jahr 2027 entfernen. Wenn die Reaktion auf eine Wahlniederlage nur darin bestehe, einen wochenlangen Prozess der Regierungsumbildung anzukündigen, so sende man dem Wählervolk das Signal, dass sich die Politik nun – als Antwort auf die Niederlage – mit sich selbst beschäftigt und nicht mit den Anliegen der Bürger. Weder Erzählungen über eine angebliche Wahlfälschung noch die Selbstbeschäftigung der Politiker werden die Polen überzeugen, bei den nächsten Wahlen erneut mit Begeisterung für die heutigen Koalitionsparteien zu stimmen, schreibt Szułdrzyński.
Sollte sich herausstellen, dass das Regierungsbündnis alles auf den Sieg von Trzaskowski gesetzt habe – dass es mit rechtsstaatlichen Reformgesetzen auf ihren Präsidenten gewartet habe, anstatt einen Kompromiss mit Andrzej Duda zu suchen; dass es lieber den Konflikt um die Ernennung neuer Botschafter mit Duda eingegangen sei, in der Hoffnung, Trzaskowskis Amtsantritt würde alle Probleme beseitigen – dann würde das bedeuten: es gebe keinen „Plan B“, von dem der Premierminister vor kurzem gesprochen habe. Dann bleibe nur noch das Spiel mit der Polarisierung – die gezielte Anheizung gesellschaftlicher und politischer Emotionen.
Der Autor jedoch ziehe es vor, den Worten von Donald Tusk über einen Plan B zu glauben. Er hoffe der Politiker werde seinen radikalsten Anhängern nicht erlauben, den Staat als Geisel ihrer Frustration nach der Wahlniederlage zu nehmen, heißt es abschließend in der Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: „Partnerschaft braucht Augenhöhe – auch im Gedenken”
In Berlin wurde ein provisorisches Denkmal für die polnischen Opfer der deutschen Besatzung enthüllt. Es sei ein erster Schritt auf einem langen Weg. Wichtig sei nun, dass Polens Politiker dieses Geschehen richtig einordnen, schreibt Estera Flieger für die Rzeczpospolita.
Vor 15 Jahren hatte der ehemalige KZ-Überlebende und Außenminister Władysław Bartoszewski dazu aufgerufen, der polnischen Opfer der deutschen Besatzung auch in Berlin zu gedenken. Die deutsche Seite habe damals ein einfaches Denkmal mit dem Verweis auf eine andere Erinnerungskultur verweigert, lesen wir. Stattdessen sollte ein „Deutsch-Polnisches Haus“ entstehen – wohl auch, um die Kontrolle über die historische Darstellung zu behalten, schreibt die Autorin.
Und ausschließlich in diesem Sinne sei die Feier am Montag ein Durchbruch: Endlich seien die beiden Vorhaben getrennt worden. Anders gesagt: Das Denkmal könne errichtet werden, bevor das Haus eröffnet werde, so das Blatt. In jeder anderen Hinsicht sei es jedoch schwer von einem Meilenstein zu sprechen. Das am Montag enthüllte Objekt sei ein einfacher Fels. Schon die Bezeichnung dieses Steins soll Spannungen zwischen Berlin und Warschau hervorrufen. Wie die Zeitung aus ihren Quellen erfahren habe, sollen die Gespräche mit dem Institut für polnische Angelegenheiten in Darmstadt, das das Projekt koordiniere, schwierig sein.
Anscheinend verstehen die Deutschen die Polen nicht. Die Frage laute, ob sie es überhaupt wollen. Die Kritik am „Stein für Polen“ lasse sich am einfachsten mit der Abneigung erklären, welche die ehemalige, rechtskonserative Regierungspartei PiS bei den Polen gegenüber Deutschland geweckt haben soll. Eine immer wiederkehrende Ausrede, meint Flieger. Dabei gehe es um Gleichberechtigung: Entweder werde das deutsch-polnische Verhältnis partnerschaftlich sein, oder gar nicht. Respekt, Eigenständigkeit und Ambitionen kennen keine Parteifarben. Es gebe nur ein Polen, das sich nicht länger als ärmere Schwester Deutschlands in Europa sehe. Zum Glück würden Polen anders über sich selbst denken, lesen wir. Die Deutschen aber hätten diesen Moment anscheinend verpasst. Nicht einmal alle polnischen Liberalen würden das verstehe, heißt es.
Das sei erst der Anfang eines Weges. Es wäre daher gut, wenn die Polens Politiker das entsprechend verständen. Entweder Polen respektieren sich selbst, oder niemand werde sie respektieren – egal, ob es um historische Streitigkeiten mit der Ukraine oder Deutschland gehe, schreibt Estera Flieger abschließend im Tagesblatt.
Wprost: Wie der Druck auf den Iran Russland und China schwächt
Seit einigen Tagen zerstört Israel systematisch das militärische Potenzial seines Erzfeinds Iran. Ziel sei es nicht nur, das Atomprogramm Teherans zu stoppen, sondern auch das Regime selbst zu stuerzen, schreibt Jakub Mielnik für das Wochenblatt Wprost. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu soll Berichten zufolge den obersten iranischen Führer, Ali Chamenei, nur deshalb noch nicht liquidiert haben, weil Donald Trump weiterhin an seine frühere Vereinbarung mit dem Iran glaube, lesen wir.
Nach zwei Tagen offener Kriegshandlungen zwischen Israel und dem Iran sende das Regime in Teheran indes verzweifelte Signale der Verhandlungsbereitschaft über ein Abkommen, das die Einstellung seines Atomwaffenprogramms garantieren soll. Das Weiße Haus reibe sich die Hände, heißt es. Es erwarte einen Erfolg. Gleichzeitig jedoch verlege das Pentagon eine große Flotte von Tankflugzeugen nach Europa. Dem Autor zufolge könnte sich die US-Luftwaffe damit möglicherweise an der Operation gegen den Iran beteiligen.
Ist die Position des von Israel wirksam angegriffenen Landes inzwischen so sehr geschwächt, dass man nun ernsthaft versuchen könnte, seit langem geschmiedete Pläne zum Sturz des Regimes in Teheran umzusetzen, fragt Mielnik. Ein möglicher Ölpreisschock, den ein solcher Schritt auslösen würde, könnte allerdings das strategische Kalkül der USA im Umgang mit Putin erschweren. Der russische Diktator würde nämlich von einer Preissteigerung auf dem Ölmarkt profitieren.
Andererseits sei es bereits zu spät, das Blatt noch zu wenden. Durch den israelischen Angriff würden die Ölpreise ohnehin bereits rasant steigen. Die Frage laute nun, werde Trump zu der Einschätzung gelangen, dass Netanjahu mit seinem Angriff auf Israels Erzfeind richtig handle – im Vertrauen darauf, dass weder Russland noch China Iran zur Seite springen werden, heißt es in Wprost.
Autor: Piotr Siemiński