Witkoff – von Trump persönlich mit dem Auftrag betraut, binnen eines Jahres den russisch-ukrainischen Krieg zu beenden – führt Gespräche mit Jurij Uschakow, Putins außenpolitischem Strategen. Und er tut das mit einem Enthusiasmus, der irgendwo zwischen unbeholfener Naivität und vorauseilendem Pragmatismus pendelt. Seine Ratschläge, wie man Trump zu loben habe, erinnern an eine Mischung aus Selbsthilfebuch und Marketinghandbuch. Nur dass es nicht um Kundenzufriedenheit, sondern um Krieg und Frieden geht.
Der eigentliche Clou des Leaks zeigt sich jedoch anderswo: Der Friedensplan, über den Washington heute spricht, stammt aus Moskau. Der Kreml liefert – „informell“, versteht sich – die Blaupause, und das Weiße Haus akzeptiert sie weitgehend. Mehr braucht es nicht, damit zentrale russische Forderungen plötzlich als diskussionswürdige Elemente eines „28-Punkte-Plans“ auftreten. Territorialgewinne? Einfluss auf Osteuropa? Alles verhandelbar, wenn man es nur freundlich genug serviert.
Für Putin ist das ein Glücksgriff. Während seine Truppen im Donbas seit Jahren auf der Stelle treten, schiebt die Gegenseite einen Plan, der die Souveränität von Staaten zwischen Tallinn und Bukarest in Frage stellt. Der Kreml könnte sich zurücklehnen, hätte er nicht so viele Sofas im Amtssitz.
Doch die wahre Pointe liegt im Timing des Leaks. Ausgerechnet jetzt, da die USA versuchen, die – man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen – fast vier Jahre dauernde Invasion zu beenden, wird das gesamte diplomatische Improvisationstheater offengelegt. Wer abgehört hat? Man munkelt viel, weiß wenig. Sicher ist nur: Das Außenministerium unter Marco Rubio dürfte sich ins Fäustchen lachen. Dort hat man bei der Absage des Budapester Gipfels bereits bewiesen, dass echte Diplomatie noch nicht völlig durch Berater mit WhatsApp-Kontakt zum Oval Office ersetzt wurde.
Und als ob das alles nicht schon genug Stoff für eine Polit-Sitcom wäre, berichtet The Insider, dass Russland bereit gewesen sein soll, China zu opfern – jedenfalls auf dem Papier –, wenn Washington dafür die Beziehungen wärmt. Trump habe man sogar eine „christliche Koalition gegen China“ vorgeschlagen. Klingt nach einer Idee, die irgendwo zwischen Verschwörungskongress und Gebetsfrühstück entstanden ist. Glaubwürdig? Vielleicht nicht. Charakteristisch? Leider ja.
Trumps Reaktion fiel wie erwartet knapp aus. Witkoff sei „nicht prorussisch“, nur „ein Verkäufer“, und überhaupt gehe alles weiter wie geplant. In der New Yorker Immobilienbranche nennt man das wahrscheinlich „Schadensbegrenzung“. In der internationalen Politik nennt man es: Augen zu und durch.
Der Krieg wird davon nicht schneller enden. Aber immerhin wissen wir jetzt, wie sich ein globales Machtgefüge anhört, wenn es in Echtzeit von einem Hobbydiplomaten am Telefon verhandelt wird.
Autor: Leon Pińczak, Analyst für Sicherheit und Ostangelegenheiten bei Polityka Insight