Deutsche Redaktion

Zankapfel Wahltermin

29.05.2020 10:33
Politiker streiten über den neuen Termin der Präsidentschaftswahl. Es wird aber auch darüber diskutiert, wer für die nicht stattgefundene Wahl die Verantwortung tragen sollte.
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RZECZPOSPOLITA: Wann wird endlich gewählt?

Die Diskussion über den Wahltermin ruft in Polen weiterhin heftige politische Emotionen hervor. Die Tageszeitung Rzeczpospolita überlegt in diesem Zusammenhang wie sich die Parlamentsvorsitzende Elżbieta Witek verhalten werde. Es sei nämlich ihre Aufgabe, den neuen Wahltermin anzugeben. Man könne annehmen, dass sie sich für den von der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorgeschlagenen Junitermin entscheiden werde, meint das Blatt. Doch die Zeit sei knapp. Die Regierenden beschuldigten deshalb die Oppositionsseite, dass sie, genauso wie im Falle des Gesetzes zur Briefwahl, die Arbeit an dem jetzigen Gesetzesentwurf verlangsame. Tatsächlich habe die Opposition, die im Senat die Mehrheit besitze, die Arbeiten an dem Gesetz zur Präsidentschaftswahl auf Montag verschoben. Auch wenn die Senatoren ihre Arbeit dann am 3. Juni beenden würden und das Parlament hätte sofort über das Gesetz abgestimmt, blieben der Parlamentspräsidentin nur 25 Tage Zeit für die Vorbereitung des Wahlprozesses.

Ihren Plan, die Wahl am 28. Juni durchzuführen, erklärten die Regierenden mit zeitlichen Bedingungen. Anfang August gehe die Amtszeit des amtierenden Präsidenten zu Ende. Die PiS wolle daher die Wahl Ende Juni durchführen, damit es noch im Juli Zeit für eine eventuelle Stichwahl gäbe. Die Regierung wolle allem Anschein nach eine Unterbrechung in der Amtsausübung des Präsidenten vermeiden. Die Opposition sehe das wohl anders, schreibt Rzeczpospolita.

Parallel zum Streit um den Wahltermin diskutieren auch Rechtswissenschaftler, wer die Aufgaben des Staatsoberhaupts übernehmen sollte, käme es zu der Wahl schon nach Auslaufen der Kadenz von Andrzej Duda. Ein Teil der Experten meine, in einer solchen Situation sollte der Parlamentsvorsitzende vorübergehend in die Rolle des Präsidenten schlüpfen. Ein anderer Teil sehe diese Aufgabe für den Senatsvorsitzenden vor. Die Spannung sei verständlich, denn die Parlamentspräsidentin repräsentiere die Regierungspartei und der Senatsmarschall die Opposition. Die Frage in welchem Maß sich die Experten in ihren Diagnosen daher nach Rechtsregelungen und inwieweit nach eigenen politischen Ansichten richten würden, sei schwer zu beantworten, betont Rzeczpospolita.


SUPER EXPRESS: Bereit für die Übernahme

Auch die Tageszeitung Super Express befasst sich mit den Diskussionen der letzten Tage. Das Gesetz, das ermöglichen werde, den neuen Wahltermin festzulegen, sei im Senat stecken geblieben. Die oppositionellen Senatoren, darunter auch der Senatsvorsitzende Tomasz Grodzki möchten, dass das Gesetz erst im August, nachdem die Amtszeit von Andrzej Duda abgelaufen sei, in Kraft trete. Für die Regierenden sei die Intention der oppositionellen Politiker eindeutig und überschaubar: die Opposition versuche mit allen Mitteln den Präsidentenpalast zu übernehmen.

In einem Gespräch versichert übrigens der oppositionelle Senatsvorsitzende Tomasz Grodzki, dass er bereit wäre, die Aufgaben des Präsidenten in der Übergangsphase zu übernehmen, so Super Express.


DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Auf der Suche nach einem Sündenbock

Auf der einen Seite würden die Politiker versuchen den Termin der neuen Wahl festzulegen, auf der anderen werde auch über die Kosten der nicht stattgefundenen Wahl vom 10. Mai heftig diskutiert. Für die Opposition sei Vizepremier Jacek Sasin von der Regierungspartei PiS der Hauptverantwortliche für die Wahlpanne. Eben aus diesem Grund habe die Opposition einen Antrag auf Misstrauensvotum gestellt. Der Politiker konnte jedoch auf Unterstützung von Premierminister Mateusz Morawiecki rechnen und habe seinen Posten behalten, berichtet die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Während einer emotionalen Diskussion im Parlament zeigte Sasin zugleich diejenigen auf, die seiner Ansicht nach die Verantwortung für die misslungene Wahl tragen würden.

Den Antrag selbst habe Sasin als einen äußerst interessanten Text bezeichnet, der die Logik der Opposition erkläre. Dem Text sei, nach Auffassung von Sasin, zu entnehmen, dass man ihn abberufen wolle, weil er die Wahl verfassungskonform durchführen wollte.

Vizepremier Sasin habe auch entschlossen den Vorwurf abgelehnt, dass die Wahl nicht durchgeführt wurde, weil sie von der Regierungsseite schlecht vorbereitet worden war. Jacek Sasin zitierte bei der gestrigen Diskussion eine Aussage des Anführers der größten Oppositionspartei PO der noch Anfang Mai meinte, es sei ein großer Sieg der damaligen Kandidatin der PO, aber auch der oppositionellen Senatoren und lokalen Politiker gewesen, dass sie die Wahl vermeiden und den Plan von Jarosław Kaczyński ruinieren konnten. Nun seien weniger als drei Wochen vergangen, und schon habe die Opposition diese Aussage vergessen, was nach Ansicht von Jacek Sasin symptomatisch sei, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna.


Jakub Kukla