Deutsche Redaktion

„Polen rückt nach rechts"

20.05.2025 13:30
Donald Tusk habe den globalen Rechtsruck unterschätzt. Stattdessen habe er auf politisches Marketing vertraut, das seinen Kandidaten passend zurechtschneiden sollte. Das könnte sich als fataler Fehler erweisen. Das politische Duopol in Polen sei vorbei – nur ganz anders, als viele gehofft hätten. Und: Was hat das Gespräch zwischen Donald Trump und Wladimir Putin gebracht? Mehr dazu in der Presseschau.
Nicht Karol Nawrocki, nicht Rafał Trzaskowski  die eigentlichen Sieger der ersten Runde sind Vertreter der radikalen Rechten: Sławomir Mentzen und Grzegorz Braun. Ihr Ergebnis habe das der AfD bei den letzten Wahlen in Deutschland bertroffen.
Nicht Karol Nawrocki, nicht Rafał Trzaskowski – die eigentlichen Sieger der ersten Runde sind Vertreter der radikalen Rechten: Sławomir Mentzen und Grzegorz Braun. Ihr Ergebnis habe das der AfD bei den letzten Wahlen in Deutschland übertroffen. Foto: PAP/Leszek Szymański

Rzeczpospolita: Polen rückt nach rechts

In den vergangenen Wochen haben führende Medien das politische Ende des konservativen Präsidentschaftskandidaten Karol Nawrocki prophezeit, schreibt Tomasz Pietryga für die liberal-konservative Rzeczpospolita. Gegenüber dem vermeintlichen „Fehlgriff“ von PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński habe man im Rafał Trzaskowski einen liberalen Kandidaten mit stabiler Unterstützung anderer Koalitionspartner gesehen. Die Perspektive schien klar: In der Stichwahl sollte Trzaskowski deutlich vorn liegen. Untermauert wurde das durch zahlreiche Analysen von Politologen und Experten, lesen wir.

Doch was ist mit Trzaskowskis Unterstützung in der ersten Wahlrunde passiert? wie der Autor des Artikels feststellt, würden Medien und Experten oft in ihren eigenen Meinungsblasen leben. Sie würden nur die ihnen vertraute Realität analysieren. Ein Blick darüber hinaus sei unbequem – vor allem, wenn man einen Kandidaten wie Nawrocki schlichtweg nicht möge. Doch wäre der Ausgang nur durch Skandale bestimmt, so würde Nawrocki im Rennen um das höchste Staatsamt nicht so weit vorne liegen, heißt es.

Die Realität habe sich als viel komplizierter erwiesen, fährt der Autor fort. Nicht nur, dass Trzaskowskis Botschaften Nawrockis Wählerschaft nicht erreicht hätten – diese sei nämlich gegenüber Vorwürfen gegen ihren Kandidaten längst immun. Viele würden darin politische Manöver des Gegners für den Zweck des Wahlkampfs sehen.

Ein Blick in die USA zeige: Auch Donald Trump wurde trotz zahlreicher Anklagen nicht politisch ausgeschaltet. Ihm wurde Irrationalität oder Beeinflussung aus Russland unterstellt – und dennoch sei er stark geblieben. Nawrockis Erfolg sei somit nicht das Resultat einer gelungenen Kampagne, lesen wir weiter. Diese sei nämlich eher ungeschickt gewesen. Vielmehr habe er von einem Rechtsruck profitiert, der sich in Europa und den USA längst bemerkbar mache. Kurz gesagt: Die polnische Gesellschaft bewege sich deutlich nach rechts, urteilt Pietryga.

Um seine These zu untermauern, erinnert er, dass rechte Kandidaten in der ersten Wahlrunde zusammen 24 Prozent erhalten haben. Trotz weltanschaulicher Unterschiede würden sie ein gemeinsames, konservatives Fundament haben: Sorgen um Sicherheit, Krieg in der Ukraine, Migration und nationale Souveränität gegenüber der EU. Daraus entstehe das Bild eines identitätsstarken Kandidaten, der nationale Akzente setzt und Brüssel kritisch gegenüberstehe. Über 50 Prozent der Wählerschaft hätten in der ersten Runde für solche Werte gestimmt, lesen wir im Blatt. Geht es nach dem Autor, stehe Trzaskowski damit nun vor einem Dilemma. Das Koalitionslager könne ihm nur rund 10 Prozent verschaffen. Eine viel zu dünne Basis für die Stichwahl, heißt es. Sein Versuch, deshalb gleichzeitig liberal und patriotisch aufzutreten, wirke unglaubwürdig – besonders nach seinen früheren klaren, linken, weltanschaulichen Positionen. Seine patriotische Neuausrichtung käme zudem bei linken Wählern schlecht an.

Noch sei jedoch nichts entschieden. Zwei Wochen Wahlkampf können viel verändern, fährt Pietryga fort. Es würden sich allerdings Stimmen mehren, dass Trzaskowski eine strategische Fehlentscheidung von Premierminister Donald Tusk gewesen sei. Radosław Sikorski – Trzaskowskis innerparteilicher Konkurrent – hätte Pietryga nach konservative Wähler natürlicher ansprechen können, ohne sich verkleiden zu müssen.

Tusk habe somit den globalen Rechtsruck unterschätzt, lesen wir am Schluss im Blatt. Stattdessen habe er auf politisches Marketing vertraut, das seinen Kandidaten passend zurechtschneiden sollte. Das könnte sich als fataler Fehler erweisen – nicht nur für Trzaskowski, sondern für die gesamte Regierungskoalition, lautet Tomasz Pietrygas Fazit in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Das Ende der polnischen Politik, wie wir sie kannten

Es sollte ein weiterer „Endkampf“ zwischen der Bürgerkoalition (KO) und der PiS werden. Doch es hat sich gezeigt: Das politische Duopol in Polen sei vorbei – nur ganz anders, als viele gehofft hätten, schreibt die links-liberale Gazeta Wyborcza. Nicht Karol Nawrocki, nicht Rafał Trzaskowski – die eigentlichen Sieger der ersten Runde seien Vertreter der radikalen Rechten: Sławomir Mentzen und Grzegorz Braun, der überraschend den vierten Platz belegt hat. Ihr Ergebnis habe das der AfD bei den letzten Wahlen in Deutschland übertroffen. Für Europa sei das zu dem Zeitpunkt ein Schock gewesen, lesen wir.

Der extrem rechte, populistische Diskurs sei zum neuen Mainstream geworden, heißt es. Ein Teil der Wählerschaft sei aufgetaucht, der radikale und einfache Antworten such. Solche, die weder die Bürgerkoalition noch die Recht und Gerechtigkeit liefern können. Für die Regierungskoalition, so das Blatt, sei die erste Runde ein Plebiszit über die Qualität des Lebens unter Premierminister Donald Tusk gewesen. Viele hätten mit einem solchen Urteil erst im zweiten Wahlgang gerechnet.

Trotz einer hölzernen Kampagne und moralisch fragwürdiger Vergangenheit habe der konservative Kandidat Karol Nawrocki besser abgeschnitten als erwartet. Er befinde sich nun in einer besseren Position für die Stichwahl. Denn ideologisch stehe er den über 21 Prozent der Stimmen für die rechtsradikalen Mentzen und Braun deutlich näher als der links-liberale Trzaskowski. Die zentrale Frage laute nun: Wie werde Donald Tusk reagieren? Als Anführer der Bürgerkoalition und Unterstützer Trzaskowskis stehe er unter starkem Druck, so das Blatt.

Sollten die Wahlergebnisse vom 18. Mai wirklich den gesellschaftlichen Stimmungsumschwung widerspiegeln – und nicht nur eine Laune der Wähler sein – so habe die Regierungskoalition ein ernstes Problem, schreibt GW. Rafał Trzaskowski könne in zwei Wochen kaum die Wahrnehmung von fast zwei Jahren Regierungszeit unter Tusk ändern. Die Ergebnisse hätten gezeigt: Die Euphorie über den Machtwechsel von PiS zur KO sei verflogen.

Tusk könne die Vergangenheit zwar nicht ändern, aber er könne versuchen, die Zukunft neu zu gestalten. Wenn Trzaskowski tatsächlich Präsident werden soll, so müsse Tusk in nur zwei Wochen ein kleines Wunder vollbringen: Er müsse die Wähler davon überzeugen, dass das Beste noch vor ihnen liege – und dass seine Regierung es möglich machen werde. Es wäre nicht das erste politische Wunder in Donald Tusks Karriere, heißt es am Schluss in GW.


Rzeczpospolita: Was hat das Gespräch zwischen Donald Trump und Wladimir Putin gebracht?

Aus dem gestrigen Telefonat, das weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt habe, sei wenig Konkretes hervorgegangen. Es gebe weiterhin keine Anzeichen dafür, dass ein Waffenstillstand näher gerückt sei – geschweige denn ein Ende des Kriegs in der Ukraine, schreibt indes Jerzy Haszczyński in der Rzeczpospolita.

Donald Trump habe nach dem Gespräch auf seiner Medienplattform „Truth Social" geschrieben, das Gespräch sei „ausgezeichnet verlaufen". Seiner Meinung nach würden Russen und Ukrainer bald verhandeln, sich einigen – und danach gemeinsam mit den USA einen intensiven Handel betreiben. Russland würde dadurch neue Arbeitsplätze und Wohlstand erlangen – und auch die Ukraine solle laut Trump davon stark profitieren, lesen wir.

Neu sei dabei die Andeutung gewesen, so der Autor, dass Moskau und Kiew nun offenbar ohne amerikanische Vermittlung direkt verhandeln sollen. Als mögliche Vermittler habe Trump, Papst Leo XIV genannt. Haszczyński nach könnte es aber genau so gut der türkischen Präsidenten Erdoğan sein.

Putin selbst habe das Gespräch auf unkonventionelle, fast schon geringschätzige Weise geführt. Er habe sich während des Telefonats in einer Musikschule in Sotschi aufgehalten – nicht im Kreml. Er habe sich nur dazu bereit erklärt, mit der Ukraine an einem Memorandum über ein künftiges Friedensabkommen zu arbeiten. Voraussetzung dafür sei jedoch die Lösung der sogenannten „ursprünglichen Ursachen des Konflikts“ – also Putins alte Forderungen: Keine NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine und eine „Neutralität“, die in Wahrheit eine Abhängigkeit von Moskau bedeuten würde. Unter solchen Bedingungen sei ein Abkommen kaum denkbar, lesen wir.

Putins Berater Juri Uschakow habe nach dem Gespräch versucht, ein Bild herzlicher Nähe zwischen beiden Staatschefs zu zeichnen, heißt es weiter. Das Gespräch habe demnach mit Glückwünschen Putins zur Geburt von Trumps elftem Enkel begonnen. Uschakow nach hätten die beiden Männer „herzlich und konstruktiv“ gesprochen – auch über den „Konflikt in der Ukraine“, wie er den Angriffskrieg Moskaus verharmlosend genannt haben soll.

Uschakow zufolge habe Trump in dem Gespräch auch das derzeit im US-Senat diskutierte Sanktionspaket gegen Russland erwähnt. In Europa gelte es als ein potenzielles Mittel, um Putin unter Druck zu setzen. Uschakow zufolge würde Trump allerdings diese Sanktionen nicht unterstützen.

Ob das stimmt, bleibe unklar. Trump selbst habe sich in seinem Social-Media-Beitrag nach dem Gespräch nicht zu Sanktionen geäußert. Ob er Druck ausgeübt oder mit Konsequenzen gedroht habe – auch das bleibe offen. Auffällig sei hingegen, dass Trump in einem Ton wie Putins Berater geantwortet habe. Er habe sich vom „wunderbaren Ton und Geist“ des Gesprächs mit einem Mann begeistert gezeigt, der für Kriegsverbrechen verantwortlich ist. Das verheiße nichts Gutes, schreibt am Schluss seines Kommentars Jerzy Haszczyński im Tagesblatt.

Autor: Piotr Siemiński

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